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Mark Tribe & Reena Jana – New Media Art

Dass sich das Internet in rasanter Geschwindigkeit immer mehr zu einer Kommunikations – und Kunstplattform entwickelt, ist eindeutig. Auch Videospiele und elektronische Musik bedienen sich der gleichen Muster. Allerdings verliert man bei der Vielfalt schnell den Überblick. Das Buch „New Media Art“ wurde von Mark Tribe und Reena Jana erstellt, um genau diese Problematik aufzugreifen und die aktuell interessantesten Projekte vorzustellen.

„Nach einer gewissen Zeit sieht ein Computer aus wie das Gehirn seines Besitzers. Er ist dafür besser geeignet als alle anderen, traditionelleren Medien, z.B. Tagebücher, Notizbücher oder, auf einer abstrakteren Ebene, Gemälde und Romane.“

Das, was dieses Zitat aussagt, auf die Spitze getrieben, hat die Website mouchette.org. Seit 1996 existiert die Seite bereits und stellt sich als Lebenswerk eines heranwachsenden Mädchens dar. Die Inhalte sind teilweise trügerisch unschuldig, andererseits auch sexuell zweideutig oder grotesk. Bis heute weiß man nicht, aus wessen Händen diese Homepage wirklich stammt. Kann ein 13jähriges Mädchen tatsächlich so eine komplexe Website erstellen, oder ist dies nur ein Notruf von jemanden, der auf die übertrieben Intimität des Internets aufmerksam machen will?

In puncto Videogames findet man unter anderem eine witzige Story von einem Computerkünstler namens Cory Arcangel. Seine spontane Idee breitete sich wie Lauffeuer aus und sein Projekt hat sich inzwischen weltweit einen Namen gemacht. Dabei war die Grundidee so einfach: Er nahm sich den Spieleklassiker Super Mario Brothers von 1985 und ersetze den Programmchip der Kassette durch einen, den er eigens herstellte. Das „neue“ Spiel, das entstand, stellte nur noch die Wolken dar, die man In Game am Himmel sehen konnte, der Rest ist ausgelöscht. Das aus einer simplen Idee heraus entstandene Projekt wurde allerdings heftig umjubelt, so dass Cory mit Siebdrucken der Wolken, die er über seine Website verscherbelte, sogar Geld machen konnte. Verrückte, nerdige Welt.

Das Bild, das in diesem Beitrag mit eingefügt ist, ist die Startseite von mainstage.de, von Künstlerhänden zerhackstückelt. Das ist das Ergebnis der digitalen Maschine „Shredder 1.0“, ein Programm, das sich den Code, mit dem eine Website geschrieben ist, zunutze macht, um etwas komplett Neues daraus zu basteln. Das, was man in der Musik Remix nennt, auf das Internet angewandt, sozusagen.

Und wo wir schon beim Thema Musik sind – Auch Computer machen Musik. Seit erfolgreichen Electro-Bands wie Daft Punk, Justice oder Digitalism sollte das bekannt sein. Ein Genie aus Moskau allerdings nahm das mit dem Computer nochmal eine Spur ernster als andere Künstler. Alexei Shulgins „Band“ besteht aus einem antiquierten Computer mit Intel-386-DX-Prozessor (Daher rührt der Bandname „386 DX“) und ihm selbst. Er geht auf der Bühne mit seiner Tastatur um, wie andere mit E-Gitarren und komponiert live Midi-Stücke von bekannten Songs wie „Smells Like Teen Spirit“ von Nirvana. Besser könnte man Computer Art wohl gar nicht in die Kulturszene integrieren!

Insgesamt ist so eine Rezension natürlich Meilen zu kurz, um alle in dem Buch vorgestellten Projekte anzureißen. Doch ein Kauf lohnt sich definitiv. Denn spätestens jetzt sollte jedem klar werden, dass Werke, die aus Computertechnologien entstehen, in kultureller, politischer und ästhetischer Sicht auf internationaler Ebene mehr und mehr an Bedeutung gewinnen. Und „New Media Art“ ist wirklich eine schöne Zusammenstellung, um sich einen Überblick zu verschaffen.


VÖ: „New Media Art“ ist seit März 2006 bei Taschen erhältlich.

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