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Im Gespräch mit Ira Atari

Als wir uns letztes Jahr zum Interview mit Ira Atari trafen, war sie gerade erst bei Audiolith gelandet. Nun, ein Jahr später, hat sich einiges geändert. Ihr erstes Album als Solo-Künstlerin steht an und da taten sich uns natürlich einige Fragen auf! So trafen wir uns mit ihr in Hamburg zu einem Gespräch über das im März erscheinende Album „Shift“, die Live-Shows und die spannende Zukunft.

Schön, dass es dich mal wieder nach Hamburg verschlagen hat. Du bist unter anderem hier, um ein Video zu drehen. Wahrscheinlich für deine erste Single „Don’t wanna miss you“?

Ira: Genau. Für die zweite Single sogar auch schon. Heute drehen wir das Video für „Don’t Wanna Miss You“ und morgen für die zweite Single.

Kannst du da schon ein bisschen was drüber erzählen, oder ist das noch ganz unklar, was passieren wird?

Ira: Wir werden die Straßen Hamburgs plakatieren und bekleben. Wir werden auch ein bisschen sprayen! Es geht im Großen und Ganzen um Promo-Arbeit. Lasst euch überraschen!

Und wer wird die Videos drehen?

Ira: Henna Peschel – ein Freund von Lars. Er hat z.B. für Tocotronic, Frank Black und Pixies schon Videos gemacht – ich denke, das wird gut werden.

Wenn ihr auch bereits ein zweites Video dreht, wann kommt denn die zweite Single?

Ira: Die zweite Single kommt am 08. April – „Back To Zero“ heißt der Song. Die Songs und Texte auf meinem neuen Album „Shift“ sind sehr persönlich und aus meinem Leben gegriffen. Mir ging es nicht wirklich gut in der Zeit, in der ich die Songs für das Album geschrieben habe. Die erste Single, „Don’t Wanna Miss You“, ist ein sehr tragisches Stück und „Back To Zero“ ist die Fortsetzung dessen. Bei „Don’t Wanna Miss You“ geht es um das Gefühl, noch nicht los lassen zu können oder zu wollen und „Back To Zero“ ist im Gegensatz dazu ein viel optimistischeres Lied. Man muss manchmal alles zurück auf Null setzen, damit man neu anfangen kann. Das ist nicht nur auf Liebesbeziehungen zu beziehen, sondern kann ebenso gut in Freundschaften passieren.

Also darf man beide Singles quasi wie eine Geschichte lesen. Es wird wahrscheinlich auch eine Menge Remixe zu den Songs geben, oder?

Ira: Oh ja, das war ein Wahnsinn mit der „Don’t Wanna Miss You“-Single. Es sind ungelogen 30 Remixe eingegangen und wir wussten schon gar nicht mehr, wohin damit! Wir waren ein wenig verzweifelt, wie man das anstellen kann, weil es größtenteils wirklich gute Arbeiten sind. Wir konnten leider nicht alle Tracks auf die Single packen. Jetzt haben wir uns auf die Hälfte geeinigt, 16 oder 17 Stück werden drauf sein, was immer noch total viel ist, aber das lohnt sich, denn es sind gute Sachen dabei. Da es ein digital Release sein wird, haben wir exklusive Remixe auf die verschiedenen Online Stores verteilt. Den Fuck Art, Let’s Dance Remix wird es nur bei Musicload geben und den ULTRNX Remix nur bei Amazon. Bei iTunes wird eine Bonus Edition mit 16 Songs erscheinen. Eine B-Seite wird es auch noch dazu geben.

Im März ist es dann ja auch soweit, dass dein Album kommt.

Ira: Jaa, endlich!

Für das Album hast du mit JA!KOB von Frittenbude zusammengearbeitet. Wie lief das?

Ira: Die Zusammenarbeit war super. Jakob hat mich oft positiv überrascht, da er sehr vielseitig ist. Wir haben uns bestens verstanden. Als es dann gegen Ende hart auf hart kam und viel zu machen war, hat er super mitgezogen. Wenn ich ihm gesagt hab, dass wir noch einen Song brauchen, war der am nächsten Tag fertig und klang fantastisch. So soll es sein!

Eigentlich war der ursprüngliche Plan, mit mehreren Produzenten zu arbeiten, oder?

Ira: Das war der eigentliche Plan, ja. Aber mit Jakob hab ich das Album angefangen und schnell gemerkt, dass es gut funktionieren könnte, wenn wir einfach weitermachen. So sind jetzt fast alle Songs von ihm produziert worden. Außer „Tired“ – der Song ist von mir. Aber wir haben auch einige Songs zusammen geschrieben. Ich hab ihm teilweise Akkorde geschickt und er hat dann was draus gebastelt. Das lief hauptsächlich über das Internet. Als alle Songs so gut wie fertig waren, bin ich zu ihm nach Berlin gefahren und wir haben den letzten Schliff zusammen gemacht.

Stilistisch hat ja schon eine ziemliche Wandlung stattgefunden. Wenn man sich Songs wie „Space Rocket“ oder „My name is Ira“ anhört und das mit dem Album vergleicht, ist die Musik um einiges tiefgängiger. War das ein Plan, das so zu machen, oder ist es während des Prozesses entstanden?

Ira: Diese Seite war schon immer in mir drin und es war klar, dass das irgendwann raus muss. Ganz früher habe ich Downtempo- und Hip Hop-Sachen gemacht. Das Album ist jetzt zwar weit entfernt von dem Begriff ‚Downtempo‘, aber es ist auf jeden Fall tiefgängiger, wie du schon sagst. Die Songs sind reifer als alles, was ich davor gemacht hab.

Aber Songs wie „Don’t let me down“ oder „Time for yellow“ gehen in eine sehr basslastige Richtung. Auch das ist eine Seite, die man vor dir noch nicht kennt. ist das der Teil vom Album, der speziell im Hinblick auf Live-Shows entstanden ist?

Ira: Es stimmt, dass solche Songs live besser ankommen – zumindest auf den ersten Blick. Aber es gibt auch ruhigere Songs, die auf der Bühne wunderbar funktionieren. Aber so etwas braucht länger, bis es zum Publikum durchdringt. Die zwei Songs, die du genannt hast, gehen nach vorne und sind natürlich offensiver.

Ich vermute, dass liegt auch an JA!KOB, dass solche Songs dabei sind?

Ira: Man hört ihn schon raus, das stimmt und ich finde es gut, dass auch so etwas dabei ist. Das Album sollte ja auch vielschichtig sein!

Ein Song, der außerdem heraussticht, ist „Follow“, der sehr minimalistisch gehalten ist. Darf man erfahren, wer der Herr ist, der dich dort begleitet?

Ira: Der Herr bin ich!

Wie, ernsthaft?

Ira: Ja, tatsächlich! Das war so: Das war der erste Song, den ich in meinem neuen Studio aufgenommen hab und zu dem Zeitpunkt wollte ich ein bisschen experimentieren. Ich wollte nicht nur meine hohe Stimme benutzen, die man von mir kennt, sondern auch tieferen Gesang ausprobieren. Da es noch ungewohnt war im neuen Studio, war mir das ein bisschen unheimlich direkt laut los zu singen und ich habe erstmal leise und tief ausprobiert. So kam das.

Also ist die Gesangspur nicht nachträglich noch bearbeitet?!

Ira: Nein nein, das ist wirklich meine Stimme!

Wie krass ist das denn?

Ira: Das find ich lustig, dass du gedacht hast, das wäre ein Mann, haha! Aber der Song ist auch so gedacht, dass er Gegensätze widerspiegelt. Die tiefe Stimme sagt ‚Dont’t dare to follow me‘ und der hohe Gesang verharrt auf dem ‚Follow me‘. Das ist ein Song der Gegensätze.

Aber wirst du den Song denn auch live umsetzen? Das stelle ich mir grad ein wenig schwierig vor!

Ira: Vielleicht irgendwann mal, aber leider erstmal nicht. Man muss die Stimme auf die Tiefe einstellen. Und da ich bei meinen anderen Songs ja immer hoch singe, wäre das schwierig bei einem Konzert.

Es gibt einen Song auf dem Album mit dem Namen „No Deal“. Da ist mir sofort die Textzeile ‚A wild bird sat on a tree and sang a winter melody. Hey, little birdie, sing for me, I’ll give you fame and property‘ im Kopf hängen geblieben. Das ist ja schon eine ziemlich starke Aussage…

Ira: Als Kind habe ich zusammen mit meiner Mama „Es saß ein klein wild Vögelein“ gesungen. Das ist ein Minne-Lied aus Siebenbürgen aus dem Jahr 1560. Sie hat Klavier gespielt und ich habe dazu gesungen. Die Textzeile, die du gerade zitiert hast, ist eine Übersetzung dessen ins Englische.

Ich hätte das nun eigentlich als eine Kritik am Musikbusiness gelesen.

Ira: Das ist natürlich der Charakter, der ich diesen Zeilen gebe, klar. Die Schlüsselzeile in dem Lied ist ‚Ich bin ein klein wild Vögelein und niemand kann mich zwingen…‘ – Das ist es ja auch, was bereits hinter dem Song „My name is Ira“ steckt. Ich mache Musik, weil ich mich darüber freue und nicht, um damit reich zu werden oder irgendwem Genugtuung zu geben.

Aber du bist ja nun auch auf einem Label, das nur dadurch überlebt, dass es ‚fame und property‘ gibt…

Ira: Klar muss ein Label überleben, aber ich bin wirklich froh darüber, dass Audiolith bzw. Lars mich so sein lässt, wie ich bin. Bisher hat er mir nie reingeredet und mich alles so machen lassen, wie ich es mir vorstelle. Das zeichnet Lars aus und nur so kann ich das Beste aus mir rausholen. Er weiß es zu schätzen, dass man ihm die eigene Musik anvertraut – und das weiß ich wiederum zu schätzen. Deswegen fühle ich mich auf Audiolith auch so wohl und könnte es mir nicht vorstellen, auf einem anderen Label zu sein.

Wie ist es eigentlich für dich, jetzt wo Juri Gagarin Geschichte sind, die einzige Frau auf dem ganzen Label zu sein?

Ira: Das ist natürlich sehr schade, weil ich ein großer Fan von Flicke, Arni und Säge – also Juri Gagarin – war. Ich habe mich immer sehr gefreut, wenn Flicke auf Tour dabei war, weil es einfach angenehmer war. In der Electro-Szene oder in der Musik-Szene allgemein gibt es leider weniger Frauen als Männer. Warum das so ist, weiß ich nicht genau. Vielleicht, weil Frauen länger über das nachdenken was sie tun und dann vielleicht zu lange darüber nachdenken, ob sie es wirklich tun sollen oder ob sie gut genug sind, oder nicht. Das kenne ich auch von mir. Männer hingegen machen es einfach, ohne darüber nachzudenken, ob sie gut genug sind oder nicht, hihi… Natürlich darf man das nicht verallgemeinern. Es gibt auch sehr talentierte Männer! Ich wünsche mir in Zukunft aber natürlich mehr Frauen in der Musik-Szene und zwar nicht solche, die ein Produkt aus sich machen lassen, sondern solche, die ihr Ding machen. Ich versuche mit meiner Musik und meinen Texten ihnen Mut zu machen.

Carsten Brocker ist ja nun der neue Mann an deiner Seite auf der Bühne. Ein paar Mal seid ihr bereits zusammen aufgetreten. Was hat sich verändert, ist es ein anderes Bühnengefühl für dich?

Ira: Das auf jeden Fall. Carsten hat, genau wie ich, Klavier studiert und bringt zu den Auftritten spannende Instrumente wie beispielsweise einen Moog-Voyager mit. Wir beide passen sehr gut zusammen, kommunizieren viel auf der Bühne und es macht einfach viel Spaß. Wir kennen uns seit 12 Jahren und haben früher bereits zusammen in einer Band gespielt. Eigentlich haben wir damals schon geahnt, dass wir irgendwann später nochmal gemeinsam Musik machen werden – und so ist es jetzt auch gekommen.

Was war denn das für eine Band, die ihr damals zusammen hattet?

Ira: Wir haben das immer Psychedelic Trip-Hop genannt! Da kamen viele verschiedene Einflüsse zusammen. Carsten kommt so aus der Kraftwerk-Ecke und hat auch viel Tangerine Dream gehört. Dann hatten wir einen Indie-Gitarristen in der Band, der Bassist war eher so der Heavy Metal-Typ und der Schlagzeuger stand auf Stereo Total. Das war wirklich eine bunte Mischung. Es war 1996, als das stattfand und wir hatten auch einige Auftritte. Wir waren noch Schüler und hatten viel Zeit. Aber nach der Schule sind alle woanders hingezogen und so hat sich das im Sand verlaufen.

Gibt es davon denn irgendwo noch etwas zum Anhören?

Ira: Aufnahmen haben wir sicherlich, aber die gibt es nicht öffentlich. Ich kann das selbst auch gar nicht mehr anhören, ich war ja noch so jung und klinge ziemlich schrecklich! Aber trotzdem haben wir es irgendwie geschafft, fast alle Wettbewerbe zu gewinnen, an denen wir teilgenommen haben. Einmal kamen wir zu einem überregionalem Wettbewerb, der ganz Hessen betraf. Und wir haben damals ‚gegen‘ die Donots gespielt – die dann auch gewonnen haben. Wer weiß, wie das sonst alles aussehen würde jetzt!

Was natürlich auch noch brennend interessiert: Was passiert mit Ira Atari & Rampue? Ist das Projekt auf Eis gelegt?

Ira: So sieht es aus, ja. Ich brauchte jemanden an meiner Seite, der zu 100% für die Ira Atari-Geschichte da ist. Und Rampue ist immer viel unterwegs, entweder solo oder mit Plemo & Rampue oder 1 Foot In Da Rave. Und daher haben wir uns dazu entschlossen, getrennte Wege zu gehen. Ich mache mein Album und er arbeitet glaube ich auch an einem neuen Solo Album.

Wie sieht es aus mit Tourdaten, ist da schon was Größeres geplant?

Ira: Es wird etwas Tolles in Hamburg geben! Und zwar feiern wir am 16.03. im Uebel&Gefährlich eine Pre-Release-Party.

Pre-Release-Party! Was ein Wort.

Ira: Ja und das wird großartig! Es wird im Turmzimmer stattfinden. Aber die anderen Dates hab ich jetzt auch nicht im Kopf, das wird dann nach und nach bekannt gegeben.

Da freuen wir uns schon drauf! Dann erstmal vielen Dank!

Ira: Ja, vielen Dank!


Unser Interview mit Ira Atari aus 2010.
Unsere Pianosession mit Ira Atari.

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