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Im Gespräch mit The Floor Is Made Of Lava

Eine in vielen Belangen ungewöhnliche Geschichte: Eine Band gründet sich im Jahre 2006 in der skandinavischen Metropole Kopenhagen, lädt drei Songskizzen ins Internet hoch, heimst einen Plattenvertrag ein, nimmt ein Album auf und bestreitet ihr erstes Konzert vor 500 begeisterten Fans. Was wie ein wenig wie im Märchen klingt, ist jedoch mit harter Arbeit verbunden, denn der Weg auf den deutschen Musikolymp ist ein steiniger. Und trotzdem, The Floor Is Made Of Lava sind betstrebt, Ihn zu gehen. Wir trafen sie in vor ihrem Konzert in Hamburg.

Der Pfad zu ihnen ist allerdings mindestens so schweißtreibend für uns, wie für die vier Dänen zurück in die deutschen Gefilde. Lange Zeit wurden sie von den hiesigen Plattenfirmen ignoriert, nun dürfen sie immerhin ihr bereits zweites Album „Howl At The Moon“ auch in der Bundesrepublik auf den Markt bringen. Eine erste, chaotische Tour durch Deutschland floppte. In der dänischen Heimat eröffnete das Quartett für AC/DC und präsentierte sich als Stammgast auf zahlreichen dänischen Festivals. Jetzt kehren sie zurück. Eine Nummer kleiner, nämlich im Vorprogramm des Blues-Rock-Duos The Black Box Revelation. Wir kraxeln über schier endlos wirkende Wendeltreppen in die oberste Etage des hamburger Luftschutzbunkers in dem sich das „Uebel & Gefährlich“ befindet. Dort werden die Skandinavier heute spielen. Klopfen an die Tür – verschlossen. Wieder runter und zum zweiten Mal rauf. Das geht an die Kondition. Sänger Tobias Kippenberger und Gitarrist Lars Rock kommen uns indes tiefenentspannt entgegen. „Wäre es nicht besser, einen ruhigeren Ort für das Interview zu suchen? Wie wäre es draußen. Das Wetter ist doch herrlich.“, schlägt Tobias vor. Ins Erdgeschoss geht es diesmal glücklicherweise mit dem Fahrstuhl.

mainstage: Wie fühlt es sich für Euch an, ein Album, das in Dänemark längst erschienen ist, in Deutschland als brandneu zu veröffentlichen? „Howl At The Moon“ ist seit kurzem auch bei uns erhältlich.

Kippenberger: Stimmt, das Album ist schon etwas älter. Als wir das Album geschrieben und aufgenommen haben, waren wir allerdings sehr von einem eher klassischen Rock-Sound inspiriert. Und der schwirrt schon seit den 60er beharrlich durch die Luft. Sicher sind die Songs nicht mehr sonderlich neu für uns, aber doch zumindest für die Leute, für die wir sie heute Abend spielen. Ein neues Publikum nämlich, denn seit fünf oder sechs Jahren haben wir nicht mehr in Deutschland gespielt.

Ihr arbeitet aber bereits an neuem Material.

Rock: Ja, ab Juni werden wir wieder aufnehmen. Die Songs für das neue Album sind bereits geschrieben. Man kommt also schon ein bisschen durcheinander. Neues Album, altes Album…

Habt Ihr Euch mittlerweile Euer eigenes Studio eingereichtet, in dem Ihr dann auch aufnehmen werdet? Tobias meinte während unseres vorherigen Gesprächs, dass das eines Eurer Ziele sei.

Ja, das haben wir…

…na ja, ein wirkliches Studio ist es nicht…

…eher ein Proberaum.

Also: Es ist ein wirklich großer Raum, in den wir gezogen sind. Wir haben uns viel Technik angeschafft – Mikrophone und Pre-Amps – die eigentlich eher dafür gedacht war, unsere Konzerte mitzuschneiden. Im vergangenen Jahr haben wir versucht, in jeder Woche einen Live-Song über unsere Homepage zu veröffentlichen. In den meisten Fällen war das einer von „Howl At The Moon“…

…die „Summerdownloads“

Genau. Aus diesem Grund haben wir begonnen, besseres Equipment zu kaufen. Auch um zu sehen, ob wir diesen Weg für uns im Proberaum würden fortsetzen könnnen. Viele Künstler und Bands produzieren ihre Musik mittlerweile in ihren Wohnzimmern, in ihren Büros oder wo auch immer. Du brauchst heutzutage nicht mehr notwendigerweise ein „Abbey Road“ (berühmtes Studio in London/d.Red), um ein gutes Album zu machen. Vielleicht hast Du dort die bessere Atmosphäre und kannst Deine Songs dort zielführender fertigstellen. Allerdings nur, wenn Du Dir keine Gedanke über die hohe Miete zu machen brauchst.

Das klingt ganz nachdem, wie Ihr begonnen habt. Als die Plattenfirma anrief, hattet Ihr gerade einmal drei Songskizzen hochgeladen. Unabhängiges Arbeiten.

Ich denke, Tobias hat das schon ganz gut zur Sprache gebracht. Wir wollen neue Dinge ausprobieren, um zu sehen, ob sie für uns infrage kommen. Das war bei unserem ersten Album nicht möglich. Jetzt haben wir es sozusagen nachgeholt.

Du hast es eben schon angesprochen. Unabhängigkeit ist uns wichtig. Deswegen versuchen wir uns auch selber so gut es geht, um die geschäftlichen Aspekte zu kümmern und uns dort kundig zu machen. Wir wollen nicht, dass sich ausschließlich jemand anderes um diese Belange kümmert. Das wäre der erste Schritt. Der nächste, natürliche Schritt wäre, ein Studio zu entwerfen und umzusetzen, das genau unseren Bedürfnissen entspricht. Ich denke, Du kannst Deiner Musik am meisten Persönlichkeit verleihen, wenn alle Umstände genau passen. Und das ist schwierig, wenn Du in die Abbey Road Studios oder Medley Studios in Kopenhagen gehst, denn diese Studios sind dahingehend angelegt, dass Du schnell ein- und genauso schnell wieder auscheckst. Bands wie uns kann es schwerfallen, die sich in solchen Studios bietenden Möglichkeiten auszuloten und die Räume bestmöglich zu nutzen.

Ich versuche, das eben von Euch Gesagte zusammen zu fassen. Es ist wichtig, unabhängig und einzigartig zu sein. Außerdem sollte man ein gewissen Maß an Zeit investieren können…

…genau. Nicht zu vergessen, dass es uns sehr wichtig ist, stets neue Sachen auszuprobieren.

Unter solchen Experimenten könnte man die „Summerdownloads“ verbuchen. Wie könnt Ihr es Euch erlauben, Songs Eures aktuellen Albums – bei Seite gelassen, dass es sich um Live-Aufnahmen handelt – kostenlos zur Verfügung zu stellen. Zum Vergleich: Patrick Carney, Schlagzeuger von „The Black Keys“, hat Sean Parker wüst beschimpft, weil er sich von Ihm um seinen Tatiemen geprellt sah.

Dieses Thema von wegen: kaufe ich Musik und wenn ja, wo bekomme ich sie her? Downloade ich sie, streame ich sie. Will ich sie digital oder physisch haben? Sicher durchlebt die Musikindustrie gerade eine harte Phase, in der es schwer ist, mit der Musik Geld zu verdienen. Es gibt viele Ideen, wie es angeblich funktionieren könnte, die dann am Ende nicht funktionieren. Ich denke, es kann erfrischend sein, die Industrie ein wenig durchzuschütteln. Vielleicht ist die Situation mit einem Hund zu vergleichen, der lange geschlafen hat. Lange Zeit hat die Musik gutes Geld gebracht. Jetzt ist der Hund aufgewacht und die Masche zieht nicht mehr. Es ist also angebracht, Dinge auszuprobieren, die Du nicht unbedingt tun musst, die Dich aber weiterbringen. Man sollte die Situation mit einer Perspektive verbinden, die den Bands und Hörern gleichermaßen Gewinn bringt. Und so verhält es sich mit den „Summerdownloads“. Wir haben nach einem Weg gesucht, neue Musik zu verbreiten, was nun einmal Teil dieser neuen Welt im Internet ist. Manchmal ist es in Ordnung, Musik kostenlos anzubieten, denn wir haben keinesfalls einen Batzen Songs hochgeladen und gemeint „Hey! Hier ist ein Haufen Musik. Ladet ihn kostenlos runter!“. Wir haben das ganze mit einem Schema verbunden. Wir wollten mit der Auswahl der Songs auch eine Art Geschichte erzählen. Ich meine, seit den 1960ern und vielleicht schon vorher nehmen Leute ihre Konzerte auf und reichen sie an andere weiter. Eben das ist das coole am Bootleging, es ist leidenschaftlich. Nicht etwa ein lieblos hingeworfener Haufen Songs. Wir haben diese Songs gewissermaßen nur Menschen angeboten, die bereits etwas mit uns anfangen konnten. Du musstest Dich schon für uns interessieren, um das mitzubekommen. Es ist sich schon verdammt nach Bootleging angefühlt, wenn Fans unsere Konzerte aufzeichenen und untereinander tauschen. In dieser Situation muss die Musik für Dich schon einigen Wert habe.

Die „Summerdownloads“ waren nebenbei die erste sich mir bietende Gelegenheit, Eure neuen Songs zu hören, da „Howl At The Moon“ hierzulande nicht erhältlich war. Ein Einfall Eurerseits also, über den ich mich sehr gefreut habe. Wie wichtig ist es Euch, auf Tour sein? Wir haben bereits während unseres vorherigen Interviews darüber gesprochen. Damals wart Ihr sehr über die Organisation verärgert. Ich glaube, das war in 2007 oder 2008. Wie fühlt es sich für Euch an, jetzt wieder in Deutschland zu spielen. Diesmal als Support von The Black Box Revelation?

Wir wollten die vergangenen fünf Jahre immer schon einmal wieder nach Deutschland kommen, aber die Gelegenheit hat sich einfach nicht ergeben. Es ist toll wieder zurückzukommen und besonders mit einer Band wie The Black Box Revelation. Ich meine, wir könnten wieder unsere eigene Tour bestreiten, aber dann würden vielleicht drei Leute zu den Konzerten kommen.

Es ist eine Chance, durch sie auch hier ein bisschen bekannter zu werden. Vielleicht sehen einige unseren Namen in Verbindung mit diesen Veranstaltungen und hören sich unser Album an. Ich hoffe, dass die Leute offenherzig sind und freue mich auf die Konzerte. Du weißt natürlich vorher nie, wie die Sache verläuft. Es ist unsere erste Show. (lacht)

Wir hoffen sehr, im kommenden Jahr wieder hier aufzutreten, vielleicht auch schon nach diesem Sommer wieder auf Tour zu gehen. Das Album ist jetzt draußen und wir wollen uns mehr auf Europa, Deutschland, Schweden und Norwegene konzentrieren und nicht nur auf Dänemark.

Ihr seid also immer noch motiviert, es in Deutschland, England oder anderswo zu schaffen?

Klar! Wo immer wir erwünscht sind, tauchen wir auf. (lacht)

Meine letzte Frage ist eine pädagogische. Eigentlich sind es zwei Fragen. Was könnt Ihr The Black Box Revelation vermitteln und was könnt Ihr von ihnen lernen?

(grinst) Du hast gemeint, sie seien noch ziemlich jung, oder? Also eigentlich ist es an uns, den Jungs etwas beizubringen. Andererseits haben sie mittlerweile ihr drittes Album veröffentlicht, fast überall auf der Welt gespielt verschiedene Bands supportet…

…Du solltest uns diese Frage am Donnerstag stellen. Dann ist unsere Tour vorbei.

Vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß auf der Tour.

Hier gehts zur Album-Rezension: „Howl At The Moon“

Hier gehts zum Konzertbericht: The Black Box Revelation & The Floor Is Made Of Lava

Hier gehts zum ersten Interview mit Tobias: Im Gespräch mit The Floor Is Made Of Lava

 

 


 

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