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The Black Box Revelation & The Floor Is Made Of Lava | 30.04.12 | U&G, Hamburg

Ob man dem belgischen Garage-Rock-Duo The Black Box Revelation nun zugeneigt ist oder nicht, ihre bemerkenswerte Zielstrebigkeit verdient höchste Anerkennung. Im Jahre 2010 erschien ihr zweites Album „Silver Threats“, das auf Anhieb den Sprung auf Platz eins der heimischen Charts schaffte. Zumindest Schlagzeuger Dries van Dijck war damals gerade einmal volljährig. Seit vergangenem Oktober ist mit „My Perception“ bereits der dritte Langspieler der Band erhältlich. Und sowohl van Dijck, als auch insbesondere Sänger und Gitarrist Jan Paternoster sind nochmals reifer geworden. Davon konnten sich die Besucher am vergangenen Montag während des Konzerts der Belgier im Uebel & Gefährlich in Hamburg überzeugen.

Schon 2007, als die Jungspunde ihr Debüt „Set Your Head On Fire“ veröffentlichten, schien der Erfolg des Brüsseler Duos vergezeichnet. Nummer eins der Single-Charts mit „Gravity Blues“, Auftritte auf großen Festivals in ganz Europa, Supports für namenhafte Bands, wie etwa den Eagles Of Death Metal und eigene Tourneen. Gerade Hamburg, eine Stadt an der sich so manch aufstrebende Formation die Zähne ausbiss, erwies sich für die zwei, seit Kindestagen in Freundschaft verbundenen Musiker, als besonders gutes Pflaster. Nahezu einmal im Quartal machte der Tross in der Hansestadt halt, obgleich Jan Paternoster sich seinerzeit noch nicht im Konzert der Großen angekommen sah:“Bei uns gibt es Band, an die keiner heran kommt: dEUS!“ Es wirkte schlicht sympathisch, dass sich The Black Box Revelation, so erwachsen sie auch wirkten, nie so ganz ihrer jugendlichen Bescheidenheit und vor allem nicht ihrer allgegenwärtigen Euphorie entledigen konnten.

Im ehemaligen Luftschutzbunker am Heiligengeistfeld sieht das Ganze schon ein wenig anders aus. Fast fünf Jahre sind seit dem Debüt des Duos ins Land gezogen. Fünf Jahre, in denen die zwei Belgier unter anderem den Sprung über den großen Teich schafften. Ihr lärmender Blues gefällt auch in den USA. Die beiden sind nicht nur älter geworden, sondern auch ruhiger. Wo manche Band an den gerade errungen Erfolg anzuknüpfen versucht, in dem sie einfach das selbe Eisen immer und immer wieder schmiedet, haben sich van Dijck und Paternoster entschieden, auf Evolution anstatt Stagnation zu setzen. Nicht mehr jeder Song muss wie ein wildgewordenes Pferd nach vorne preschen, ungewiss, ob es wieder eingefangen werden kann. Vielmehr scheint Parternoster auch äußerlich darstellen zu wollen, wie er sein Songwriting fortan anzulegen gedenkt. Strukturiert und weise. Beim dichten Barte des Propheten.

Schätzungsweise 100 Szene-Kenner sind zu früher Stunde im Ballsaal des Uebel & Gefährlich erschienen, um sich anzusehen, was die immer noch blutjungen Belgier auf die Bühne zu bringen vermögen. Vorher jedoch kommt das Auditorium in den Genuss einer Rarität: The Floor Is Made Of Lava sind das erste Mal seit fünf Jahren wieder in deutschen Landen unterwegs. In ihrer dänischen Heimat längst mit sämtlichen Merieten versehen, gelang der Durchbruch in der benachbarten Bundesrepublik bis dato noch nicht. Immerhin ist der Zweitling des Kopenhagener Quartetts seit April auch in den hiesigen Plattenläden erhältlich. Wenig verwunderlich also, dass die Skandinavier ausschließlich Songs ihres aktuellen Albums „Howl At The Moon“ zu Gehör bringen. Genau wie The Black Box Revelation haben auch die vier Dänen eine nachhaltige Entwicklung durchschritten. Vom Fleck weg heimsten sie ebenfalls 2007 einen Plattenvertrag ein, gingen ins Studio, um im Eilverfahren ihr Debüt „All Juice No Fruit“ zu produzieren. In drei Wochen entstanden 11 hektisch zuckende Indie-Songs, die den Sprung über die Grenzen des dänischen Königreichs allerdings nicht so wirklich zu schaffen vermochten. Dem Zweitwerk indes gingen ausgedehnte Proben voraus, sodass während des Studioaufenthalts bereits klar war, welches Resultat die Aufnahmen würden hervor bringen sollen. Epischer ist das Album geworden und weitaus progressiver. Auch wenn Gitarrist Lars Rock dazu keine Stellung beziehen will:“Progressiver soll das Album sein? Also ich weiß nicht. Kein Kommentar.“ Episch ist der Auftritt des Quartetts indes allemal. Sänger Tobias Kippenberger verlangt seinem Organ alles ab, versetzt seinen Mikrophon-Ständer in Schwingungen, lässt ihn aber nie fallen. Gitarrist Lars Rock steht überwiegend breitbenig hinter seinen Effekt-Geräten oder vor Schlagzeuger Ace, mit dem Rücken zum Publikum. Bassist Simon Visti ist hingegen ein eher beharrlich arbeitender Ruhepol. Klar ist, dass dies kein denkwürdiger Auftritt für The Floor Is Made Of Lava ist. Zu groß ist die Diskrpanz zu den eigenen Konzerten der Band in ihrer dänischen Heimat. Bemüht sind die vier Musiker jedoch allemal. Respekt dafür.

Pünktlich um 21.00 Uhr betritt Jan Paternoster entschlossenen Schrittes das Podium des Clubs, nimmt seine Gitarre in Empfang, schlägt einen Akkord, der ob des Einsatzes des Tremlo-Hebels schier endlos dahinschwingt. Dries van Dijck ist hinter seinem überdimensioniert wirkenden Schlagzeug kaum auszumachen. Auch modisch beweisen die Belgier nunmehr Mut zur Veränderung. Paternoster trägt einen weit geschnittenen Pullover, der ein wenig an einen Poncho erinnert, wie ihn wohl auch so macher Indio tragen würde. Van Dijck präsentiert sich in einem knapp geschnittenen Tank-Top und gewehrt somit den Blick auf seine muskulösen Oberarme. Ein neuer Song und zwei Lieder vom aktuellen Album zum Auftakt: „My Girl“, „Shadowman“ und „Bitter“. Dann „Gravity Blues“. „Hamburg, are you ready to party?“, fragt Paternoster in die Runde. „Yeah!“, antworten drei Männer, die altersbedingt die Väter der zwei Musiker sein könnten. Musik verbindet Generationen.

Die Atmosphäre heizt sich zunehmend auf. Vereinzelt wird zum Pogo angesetzt, aber vordergründig begeistert Paternoster, der während seiner Soli selbstbewusst an den Bühnenrand vortritt und dem Publikum dabei so nahe kommt, dass dieses Angst haben muss, mit dem Gitarren-Hals eine saftige Kopfnuss verpasst zu bekommen. Trommler van Dijck schmeißt unterdessen seine lockige Mähne hin und her. Dass ihm dabei der ein oder andere Trommel-Stock ausrutscht, schlägt nicht weiter ins Kontor. Es sind die großen Gesten, die im Gedächtnis bleiben. Und der dichte Klang. Denn der poltert, kratzt und vibriert, als ob sechs Instrumentalisten auf der Bühne stünden. Hinzu kommt Paternosters schnoddriger Gesang. The Black Box Revelation machen nicht nur auf dicke Hose, sie haben auch eine. Auch rein qualitativ hat das Duo einen großen Schritt nach vorne getan. Der schlacksige Paternoster lässt seine langen Finger blitzschnell und dennoch präzise über das Griffbrett seiner Gitarre gleiten. Van Dijck trommelt wie ein Uhrwerk, ohne dabei mit unnötigen Fills auf sich aufmerksam zu machen. Perfektes Zusammenspiel.

Nach einem ausufernden „Set Your Head On Fire“, bei dem Paternoster seine Gitarre herrlich mit seinem Bottleneck malträtiert, ist dann abrupt Schluss. Auch den Überraschungsmoment beherrschen die Brüsseler mittlerweile vorzüglich. Eine aus drei weiteren Songs bestehende Zugabe gibt es, an deren Ende das rumpeldende „High On A Wire“ steht. Das Mischpult quittiert während dessen seinen Dienst, sodass die Giatarre zwischenzeitlich nur noch aus den Verstärkern zu hören ist. Sei es drum: Die Band stört das wenig und den tanzenden Mob schon gleich gar nicht. The Black Box Revelation werden wieder kommen, so viel dürfte sicher sein. Ob Paternosters Bart dann noch länger ist? Vielleicht. Ob van Dijck dann noch mehr Haut zeigt? Möglich. Wieder ein Stück reifer werden die zwei Freunde dann sein und vor allem diesen Umstand gilt es mit Spannung zu erwarten.

The Floor Is Made Of Lava: 1. Sailors, Cowboys and Indians 2. Ain’t Half Bad 3. Harder Than You Think 4. Howl At The Moon 5. House Of Cards 6. Leave Me Now (Leave Me Tomorrow) 7. All Outta Love

The Black Box Revelation: 1. My Girl 2. Shadowman 3. Bitter 4. Gravity Blues 5. Skin 6. I Don’t Want It 7. Never Alone/Always Together 8. My Perception 9. Shiver 10. Sealed With Thorns 11. 2 Young Boys 12. Love Licks 13. I Think I Like You 14. Do I Know You 15. Set Your Head On Fire — 16. Madhouse 17. Crazy White Men 18. High On A Wire

 

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