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Ben Folds – Way To Normal

Was lässt man sich nicht alles einfallen, um einem frühzeitigen „leak“ eines noch nicht veröffentlichten Albums entgegenzuwirken? Mit Codes versehene Rezensionsexemplare, zugeschweißte CD-Spieler, sich selbst zerstörende Dateien. Und was macht der listige Ben Folds? Der nahm zusammen mit Drummer Sam Smith und Bassist Jared Reynold die Hälfte seines dritten Soloalbums „Way To Normal“ innerhalb eines Tages einfach komplett neu auf und sorgte dafür, dass die Mischversion auch bloß im Netz kursierte. Der Fake wusste durchaus schon zu begeistern, jetzt kommt das Original!

Nach einigen Turbulenzen in seinem Privatleben, besinnt sich Benjamin Folds wieder auf die Musik. Er tourte sich die Finger wund, vereinigte vor kurzem mal eben temporär seine im Jahr 2000 aufgelöste Band Ben Folds Five für einen exklusiven Auftritt in ihrer Heimatstadt Chapel Hill wieder und sucht nun den „Way To Normal“.

Doch der Weg zurück in die Normalität sieht düster aus. Er führt den Pianomann aus North Carolina zu Beginn des Albums in händeklatschendem Upbeat-Tempo nach „Hiroshima (B B B Benny Hits His Head)„. Der Song mit Live-Charakter arbeitet das Trauma eines schmerzhaften und blutigen Sturzes von der Bühne in Japan auf, der dem Opfer bei Konzerten einige Lacher bescheren dürfte. Gejammer und Wut prägen auch die meisten weiteren Songs. Seien es die böse Exfreundin,  die die Boxen seiner Stereoanlage zerstach („The Bitch Went Nuts„), dubiose Internet-Wunderdoktoren („Dr. Yang„), seinen entlaufenen „Errant Dog„, doofe Neureiche („The Frown„) oder spießiges Kleinstadtleben in „Effington„, Ben Folds nutzt jede Gelegenheit, seinem Ärger Luft zu machen.

In der Pressemitteilung zum Album verkündet Herr Folds: „It’s about me coming back to being myself.“ Das lässt tief blicken, doch hört man genau hin, ist hier unter all der Aggresion natürlich jede Menge Sarkas- und Zynismus versteckt.

Musikalisch klingt Ben Folds, wie man es von ihm gewohnt ist. Es gibt kraftvolle Pianogewitter, eingängige – fröhliche oder ärgerliche – Refrains, nur „Free Coffee“ ist mit störendem Elektrogefrickel überlagert. „Effington“ besticht durch seinen großartigen einleitenden Männerchor und eingängige Popmelodien, ebenso wie das Beine und Nacken packende „Brainwascht“ – von der Exfreundin natürlich. Am stärksten sind aber die beiden wunderschönen Balladen „Cologne“ und „Kylie From Connecticut“ und das minimalistische Duett „You Don’t Know Me“ mit der zauberhaften Regina Spektor.

Insgesamt ist der Trennungsschmerz auf „Way To Normal“ nur schwerlich zu überhören, handelt doch eine gute Hand voll Stücke von gescheiterten Beziehungen, Abschieden und dem Weg dorthin. Hier finden sich zwar auch einige prima Ideen, etwas mehr Inspiration hätte der Platte, die zusammen mit Produzent Dennis Herring (Modest Mouse, Elvis Costello) in der Countryhochburg Nashville aufgenommen wurde, auch nicht geschadet.

Das ist verzeihbar, denn Ben Folds kommt uns nach seinen vier Deutschlandkonzerten im Frühling Ende November schon wieder live beehren, wobei sein spezieller Charme und Humor erfahrungsgemäß um einiges besser zur Geltung kommt.

Die Tourdaten:

  • 22.11.2008 – Essen, Grugahalle
  • 26.11.2008 – Frankfurt, Mousonturm
  • 27.11.2008 – Berlin, Kesselhaus

VÖ: 30. September 2008

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