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dynamite deluxe – tnt

Oh, was ist das denn, Hip Hop auf mainstage? Deutscher Hip Hop ist doch eh tot denkt man sich im Allgemeinen, eine Seltenheit, dass da mal etwas Spannendes herauskommt. Doch ein neues Dynamite Deluxe Album? Die eventuelle Rettung des eben noch für tot erklärten Musikgenres?

Doch warum das? Rein Albenmäßig steht auf der Habenseite vor dem hier zu besprechenden TNT ja nur das 2000er Deluxe Soundsystem, das seines Zeichens aber zugegebenermaßen als Meilenstein bezeichnet werden kann. Songs wie Grüne Brille oder Ladies & Gentlemen dürften selbst mit Hip Hop nur wenig vorbelasteten bekannt sein, und seit nunmehr 7 Jahren warten vielleicht nicht wenige Hip Hop Sympathisanten der ersten oder vielleicht zweiten Generation auf was Neues von Samy Deluxe, Tropf & DJ Dynamite.

Doch gehen wir weiter, was ist in den Jahren dazwischen passiert? Samy Deluxe hat das ein oder andere Soloalbum veröffentlicht, über deren Qualität lässt sich streiten, im Grundtenor könnte man sie aber leicht als immer flauer werdend beschreiben. Die Fantas machen ja eh immer irgendwie ihr Ding, Deichkind und mittlerweile wohl auch Fettes Brot sind ins Elektrolager gewechselt, Blumentopf haben ihren Zenit schon längst überschritten, Dendemann weiß live zwar zu überzeugen, spielt aber zurecht meistens vermehrt noch EinsZwo Titel. Und der gute Jan Delay macht erst auf Reggae und letztens äußerst erfolgreich in Funk.

Aggro Berlin und alles was danach kam sei nur noch als weiterer Tiefpunkt erwähnt, mit Abfeiern des Pseudoghettos und Lyrics, die gelangweilt zwischen Vulgärem und Gewaltverherrlichung pendeln, scheint deutscher Hip Hop wirklich mehr als tot.

Und nun also die Rettung? Ähh…nein. Ganz ehrlich das, was sich gleich beim Intro aufbaut, man dann über die ersten 5 Songs nicht so recht glauben mag, dann irgendwie akzeptiert, und einen schließlich sogar einen Song skippen lässt ist folgendes: Enttäuschung. Nicht unbedingt auf ganzer Linie, aber doch Enttäuschung. Die Enttäuschung, dass hier weder alte Qualität noch – und das wäre vielleicht das entscheidende gewesen – Mut zur Innovation zu finden ist.

Die Beats kann man größtenteils als angepasst bezeichnen, meinereiner stört sich da vor allem an der Plumpheit mit der sie meistens daherkommen, da fühlt man sich doch gleich eher an Gangsterrapper erinnert als an Ladies&Gentlemen, hier sei ein Anhören der Single Dynamit empfohlen – viel interessanter wird es nicht. Ebenfalls zu den absoluten Schlußlichtern zu zählen: Ab und zu (bin ich im Club) – sowas doch bitte bitte nicht. Newcomer des Jahres fängt interessant an, um dann – ebenso wie Der Thron ist meiner – lediglich leidliche Selbstbeweihräucherung abzuliefern. Das Sam wieder da ist, immer da war, als erster da war, und wahrscheinlich auch der letzte sein wird, der da ist, wissen wir ja schließlich alle.

Doch zum Glück findet sich auch das ein oder andere Glanzlicht, so etwa Alles bleibt Anders mit Jan Delay (auch das einzige Feature auf der Platte), oder der fast schon als melancholisch zu bezeichnende Letzte Song. Zwei Songs zum mögen, zwei Songs zum nicht-mögen, und der Rest? Dümpelt auf mittlerem Niveau so vor sich hin, natürlich merkt man Herrn Sorge seine zusätzlichen Lenzen auf dem Buckel an, stumpfen Cannabis Rap gibt es nun nicht mehr zu hören – jedoch bleiben auch die sozialkritischen Ansätze, mit denen er zumindest teilweise auf seiner ersten Soloplatte überzeugen konnte, eher im Hintergrund.

So bleibt letztlich nur die Erkenntnis, dass Dynamite Deluxe mit TNT hier ein Album abliefern, das zumindest einem Großteil der momentanen Szene immer noch locker den Rang abläuft, die versprochene Sprengkraft allerdings deutlich vermissen lässt.

VÖ: 25.Januar 2008

4 comments

  1. Johannes says:

    Hm. Ihr redet da für meine Begriffe etwas zu pauschalisiert und „von außen“ eine Musikkultur klein, die zwar auch meiner Meinung nach im Moment schwer unter Vollidioten zu leiden hat, aber noch lange nicht tot ist.
    Was TNT angeht, das hab ich noch nicht gehört, deswegen will ich mir keine Meinung erlauben. Ich stelle an das Album allerdings keine Ansprüche wie „Sozialkritik“, das können andere Bands besser und war noch nie das Markenzeichen oder die Qualität von Dynamite Deluxe.

  2. Christian says:

    Naja, wenn du zurückdenkst an Stücke wie Weck mich auf oder Bürger von Konsolien (auf der searching for the jan soul rebels), dann kann man schon sagen, das zumindest bei Sam durchaus Ansätze in diese Richtung vorhanden waren. Und – wie der Kollege auf Plattentests.de so schön fesstellt – hängt das so alles etwas „unadressiert im luftleeren Raum“.

    Das meine Betrachtung hier mehr oder weniger „von außen“ kommt siehst du allerdings richtig, denn auch wenn große Teile meiner Musiksozialisation definitiv mit Hip Hop vollzogen wurden bleibt mir in den letzten Jahren auch nur der Überblick über die „größeren“ Namen. Der Herbeigerufene Tod der Szene meint hier auch mehr die scheinbar nicht vorhandene Fähigkeit zur Weiterentwicklung, aber wie man am Punk sieht, macht das ja auch nichts..

  3. Johannes says:

    Jetzt gehts schon los mit Widersprüchen – oben bescheibst du Samy’s Solowerk als „flauer werdend“, jetzt zitierst du ausgerechnet Solotracks als Beispiel für soziale Themen ;-)
    Wie schon gesagt, ich hatte noch nicht die Ehre das Album zu hören (wen muss man bestechen um das jetzt schon zu können?), daher will ich noch gar nicht drüber spekulieren ob ich deine Meinung am Ende nicht doch teile, was die Qualität angeht. Bedenken muss man natürlich auch, dass Dynamite Deluxe Tracks meistens wahrscheinlich in den meisten Fällen einfach nur das Ziel haben, partytauglich zu sein und live einen Höllenspaß zu machen – zumindest kann man Dynamite und Tropf auf deren Webseite öfters davon erzählen hören und sehen, wie wichtig und elementar die Live-Gigs für sie sind. Und Partymusik musste sich ja noch nie durch Inhalte qualifizieren – ob man sie dann nüchtern im Wohnzimmer noch überragend findet, sei dahingestellt ;-)

    Wie auch immer, ich werd sicher selbst was dazu schreiben, wenn ich die Möglichkeit hatte reinzuhören. Immerhin sind die Jungs wohl wichig genug ich zum „über Hip Hop schreiben“ zu bringen ;-)

  4. Christian says:

    Ich beschreibe Sams Solowerk im Laufe der Zeit als flauer werdend! Mag sein, dass DD auch in Betracht auf den Erstling mehr für Partytauglichkeit steht, nichtsdestotrotz sind ja mit „Alles bleibt anders“ und tw. „Letzter Song Ansätze“ in die Richtung da. Ebenso erwarte ich eigentlich auch von jeder Band, eine Art der Weiterentwicklung oder zumindest ein Maß an Konsequenz. Und nahezu ein ganzes Album für „Partymusik“ draufgehen zu lassen wäre zumindest für mich ein klarer Fall von Selbstüberschätzung. Schließlich kaufe ich mir eine CD ja nicht fürs nüchtern im Wohnzimmer hören – fürs Auflegen reicht auch die Single.
    Promos bekommt man über das Label (EMI).

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