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Im Gespräch mit Enik

Seit seinem Debüt-Album „The Seasons in Between“ aus dem Jahr 2006 ist viel Zeit verstrichen. Nun ist Enik aber zurück und veröffentlichte mit „I Sold My Moon Boots To A Girl From Greece“ am heutigen Freitag sein neustes Werk, für das er fast komplett allein verantwortlich ist. Wir haben uns mit dem Münchener über das Album und seine Inspirationen unterhalten und mal nachgefragt, was er in den vergangenen Jahren alles gemacht hat.

Hallo Enik, seit deinem Debüt-Album ist ja viel Zeit vergangen, was hast Du in der Zwischenzeit gemacht?
Ich habe sehr viel für andere Künstler geschrieben, zum Beispiel für Die Fantastischen Vier und Thomas D, und ich habe einen Sohn bekommen, was auch so eine Geschichte ist, wodurch man dann nicht so zum Musik machen kommt. Es war eine sehr turbulente Zeit. Dazwischen habe ich auch noch mit Chris Gall zwei Alben und einen Ausflug in die Jazzwelt gemacht. Jetzt möchte ich gerne wieder im Fluss schreiben und auch veröffentlichen, so dass alle 1 1/2 Jahre ein Album rauskommt.

Das mit Chris Gall war ja schon sehr außergewöhnlich, es ist ja so gar nicht dein eigentlicher Stil, oder?
Das ist gerade das Geile daran! Ich hab ihn mal dazu gezwungen, dass er bei mir auf der Bühne zwei Tasten drückt und dann hat er irgendwann gesagt: „Okay, Du singst jetzt Jazz“ und das kann ich natürlich nicht. Gerade das ist das Interessante und ergibt einen schönen Kontrast in der deutschen Jazzwelt, die ja sonst sehr glatt ist, ich klinge da eher ein wenig abgewichster.

Wann haben deine Arbeiten zum neuen Album konkret begonnen?
Vor zwei Jahren habe ich mit der Findung angefangen. Ich bin jemand, der viel schreibt und nachfühlt ob das zum Beispiel in ein paar Wochen für mich noch relevant ist. Für dieses Album mussten, glaub ich, erst mal so 40 Songs in die Tonne gehen, bis ich den Stil für dieses Album gefunden hatte, auch den Ausdruck und den Charakter. Deswegen ist es schwierig zu sagen, wann ich mit dem Album begonnen habe. Dazu kommt, dass ich mich sehr ins Mischen reingearbeitet und zum ersten Mal alles alleine gemacht habe, deshalb hat es auch etwas länger gedauert.

Die Instrumente hast du auch alle selbst eingespielt?
Fast alle bis auf das Schlagzeug, das hat der Bertil Mark gemacht. Der Hans Tauschek hat das Cello eingespielt, mit dem hab ich schon oft zusammen gearbeitet. Für Kontrabass und Geige hatte ich auch Gastmusiker, ansonsten kommt aber alles von mir, ja.

Es gibt ja auf deinem Album ein Lied das heißt „The Place where my Songs come from„, woher kommen denn deine Lieder?
Es gibt einen Zustand zwischen Schlafen und Wachsein, wenn man so döst, da spüre ich am besten so eine Verbindung, zu den ganzen Dingen, zum Leben an sich. Wenn man esoterisch sagen möchte zum ganzen Universum und da ist irgendwo dieser Ort in einem selber und gleichzeitig auch draußen, wo diese Songs herkommen. Ich bin eigentlich ein relativ unverkopfter Mensch was die Songs angeht und fühle mich da immer so ran. Die besten Songs sind immer wo man sich nach einer Woche wundert, dass man das selbst gemacht hat, weil man sich nicht so richtig anwesend gefühlt hat. Da gibt es schon so einen Ort, der mich fasziniert, wo die herzukommen scheinen. Das klingt sehr mystisch, oder? Aber so fühlt sich das nun mal an.

Woher nimmst du deine Inspiration um Lieder zu schreiben? Wirst du auch von anderen Künstlern beeinflusst?
Das ist eine relativ langweilige Antwort, aber es ist einfach alles, was es gibt. Ich bin ein Mensch, der immer und ständig Ideen hat, und die auch greifen und umsetzen kann. Ich habe auch so ein kleines Büchlein, in das ich die ganzen Ideen aufschreibe. Für Videos, für Filme, für Lieder, für Dokus, für Bücher, für Theaterstücke. Wenn ich ab morgen keine Ideen mehr hätte, weil mir jemand auf die Rübe haut oder so, dann hätte ich trotzdem noch genügend Material um mein Leben lang kreativ zu sein.

Es gibt ja eine Coverversion von The Cures „Close To Me„, ist der Robert Smith ein Vorbild für dich?
Vorbild ist für mich jeder, den ich gut finde, also auch wenn ich mal das Radio anschalte und was weiß ich höre und das gar nicht kenne, aber toll finde. Oder auch die alten Legenden und die neuen Indie-Leute, die mich interessieren. Alles und jeder ist ein Vorbild, auch mein Sohn wenn er mir irgendwas vorsingt. Bei The Cure ist es so, was mir eh keiner glauben wird, dass ich nur zwei Lieder kenne. Ich kenne „Lullaby“ und ich kenne „Close To Me„. Bei „Close To Me“ war es so, dass mich das Video als ich so zehn Jahre alt war total fasziniert hat. Da lief das immer auf MTV, dieses Kleiderschrankvideo, wo die dann unter Wasser sind. Das hatte damals schon eine intensive Wirkung auf mich, da hab ich mir gedacht, dass ich das total gerne machen würde, habe aber auch gewusst, dass das nicht gehen kann, wenn ich mir diese Robert Smith-Mystik zu eigen mache, ich hab dann eher das emotionale komplett umgeworfen und es eher punkig, plump, pöbelnd, neurotisch eingesungen. Da habe ich mir gedacht, dass es vielleicht interessanter wird, wenn man es etwas wilder macht, auch vom Beat. Da hat auch Bertil dazu beigetragen, dass das jetzt so super krass lebendig wurde.

Es gibt auf deinem Album zwei Extreme, entweder die wilden spaßigen Nummern und die ruhigen, nachdenklichen Songs. Was ist dir davon persönlich am wichtigsten?
Das ist mir beides gleich wichtig, beides hat ja seine Relevanz, seine Momente und seine Wichtigkeit. Mit Kontrasten arbeiten und damit auf ein erfrischendes Resultat kommen. Verschiedene Stimmungen, die auch den Horizont erweitern.

In deiner Presseinfo steht, dass du dein ganzes Leben lang schon Sänger sein wolltest, dir aber niemand zuhören wollte, weil es so grauenhaft klang.
Das war auch so!
Was hast du denn dafür getan, dass es jetzt anders ist?
Das klingt jetzt sehr romantisch, aber was mir wahnsinnig geholfen hat, war drei Jahre in der Fußgängerzone zu spielen, das war von 2003 bis 2006. Das schult die Stimme, man wird da sehr schnell besser, wenn du 15 bis 100 Leute ohne Verstärker beschallst, kriegst du da auch den nötigen Druck rein. Wenn das Publikum das Gefühl hat, dass du da nicht drin bist oder du machst das nicht gut, dann gehen die gleich weiter. Außerdem habe ich mich ganz oft selber aufgenommen und mir angehört, was mir nicht gefällt und das ausgebessert. Bei Kunst geht es ja sehr oft um Intuitives arbeiten und im Anschluss Fehler, die vielleicht auch gar keine Fehler sind, auszubessern. Ich konnte wirklich nicht singen, meine ganze Familie hat mir abgeraten und sagte: „Um Gottes Willen, hör auf mit dem Quatsch und spiel lieber weiter Gitarre“, aber da war ich so stur, seit ich sechs Jahre alt war wollte ich Sänger werden. Chris Gall hat mich mit seinen zwei Alben auch sehr gefordert, jetzt passt es ganz gut mit der Stimme.

Ist deine Familie jetzt stolz auf dich, dass du es doch noch geschafft hast?
Natürlich! Meine Eltern waren eh immer cool, mit 13 habe ich meine Gitarre bekommen und ein halbes Jahr später wusste ich, dass ich Musiker werde und dass ich keinen Bock mehr auf Schule hatte. Dann bin ich von der Realschule auf die Hauptschule, hab da das letzte Jahr noch abgesessen und jeder meiner Eltern hat es ein einziges Mal probiert und gefragt, ob ich nicht doch lieber eine Ausbildung machen will, haben mir dann aber alle Freiräume gelassen.

Also hast du gar keine „normale“ Ausbildung gemacht?
Ich bin schon Autodidakt, habe aber mal ein zweijähriges Alibi-Jazz-Studium gemacht, das hat mich damals dummerweise nicht so interessiert. Ich hab ein paar Sachen mitgenommen, was den Jazz betrifft, aber im Prinzip war das mehr so eine Alibi-Geschichte. Das würde mich jetzt zum Beispiel mehr interessieren!

Erzähl mal ein bisschen was zum „Anti Anti Anti“ Video, das ist ja sehr abgefahren.
Ja, da gibt es auch lustige Geschichte zu! Die Leute, mit denen ich das gedreht habe sind einzigartig! Der Alte mit dem Lutscher und dem Hund ist früher mit Jimi Hendrix um die Häuser gezogen, den hab ich in München in einem Café kennengelernt. Und der hat mir ein Nacktfoto gezeigt, was Andy Warhol von ihm gemacht hat und er ist Kameramann und er hat immer die Milka-Kuh gefilmt. Ein toller, lieber Typ und der auch sofort mitgemacht hat, als ich ihn fragte. Der andere, der Brian Richardson, der Tattoowierte, das war der, mit dem ich in der Fußgängerzone gespielt habe – ein ganz ganz lieber, guter Freund von mir. Der Dritte ist der Hausmeister von dem Gelände, wo mein Studio ist, das ist der mit dem Knautschgesicht, der auch hinten auf der Platte ist.

Der Albumtitel ist ja auch schon außergewöhnlich…
Die Zeile ist aus dem Lied „Teardrops and Stars“ und die hat mir dann so gut gefallen, dass ich das Album einfach so genannt habe, zu erst sollte es „How to Trash Expensive Cars“ heißen, aber dann fand ich es nicht mehr passend. Der Satz macht sich so richtig lustig wichtig.

Wird man dich in Zukunft auch live sehen können?
Es gibt schon ein Datum im Atomic Café in München, zum Album-Release, am 27. Mai. Für den Rest sind wir gerade am Planen, aber da wird ganz sicher bald was kommen!

Dann sehen wir uns hoffentlich bald live! Vielen Dank für die Zeit und viel Erfolg mit dem Album!

 

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