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Im Gespräch mit Killed by 9V batteries

Die öterreichischen Killed by 9V batteries sorgen mit ihrem jüngst erschienen Tonträger „The Crux“ wieder für Furore. Ihre erfrischende Mixtur aus Noise, Indie und Rock ’n‘ Roll klingt knisternd in den Ohren. Ihre teils polemische Lyrik regt an, über die gesellschaftlichen Entwicklungen zu philosophieren. Wir sprachen mit Sänger und Gitarrist Wolfgang Möstl darüber, wie das Proben in den elterlichen Vier-Wänden den Songwriting-Prozess beeinflusst, über den fruchtbaren Nährboden der Alpenrepublik und natürlich Sonic Youth.

mainstage: Drei Jahre lagen zwischen der Veröffentlichung von „Escape Plans Make It Hard To Wait For Success“ und dem Erscheinen Eures Neulings „The Crux“. Eine lange Zeit in der Musik-Branche. Warum habt Ihr Euch diese Zeit genommen oder vielleicht sogar gebraucht?

Wolfgang Möstl: Wir haben seit unserem zweiten Album ein paar Sachen auf kleineren Labels veröffentlicht – größtenteils Impro-Lärm, aber darunter auch eine leider kaum beachtete Split mit der Band „Picture Eyes“ im Jahr 2009/10. Lustigerweise war die Produktion dieser 5 Songs nicht weniger aufwändig, als die der Stücke auf „Escape Plans“. Das hat also schon ‚mal einiges an Zeit gefressen. „The Crux“  war außerdem schon Ende 2010 komplett fertig, aber aus verschiedensten Gründen mussten wir die Veröffentlichung immer weiter nach hinten verschieben…Das war das ganze Jahr über zwar nervig, passt jetzt aber ganz gut.

Inwieweit haben sich die Entstehungsprozesse der beiden Alben unterschieden? Während Escape Plans klingt fast jeder Song so, als wolltet Ihr den Teufel an die Wand malen. Es folgte Ausbruch auf Ausbruch. Eine Platte voller Entgrenzungen und Ekstase. Bei „The Crux“ ist das anders. Ihr setzt verstärkt auf Ironie, seid auch instrumental ruhiger geworden. Stört es Euch, wenn ich Euch als besonnener bezeichnen würde?

Na ja, wir haben damals bei „escape plans“ schon ein bisschen mit dem Teenage Angst Klischee gespielt. Ein

Möstl (l.u.) und seine Mitmusikanten.

paar der Ausbrüche waren so übertrieben, dass man die  auch schon ironisch verstehen konnte. Aber natürlich waren wir auch jünger und angepisst, und die Songs sind innerhalb kürzester Zeit entstanden. Wir hatten zu der Zeit gerade keinen Proberaum und mussten wieder zurück zu den Eltern und konnten nur einmal in zwei Wochen oder so proben und haben dann halt wärend einer Probe 3 songs geschrieben. Da haben wir uns diesesmal für den Songwriting Prozess sehr viel mehr Zeit gelassen. Der neue Proberaum ist um die Ecke und auch gleichzeitig ein traumhaftes Studio, in dem wir die oben genannte Split aufgenommen haben – außerdem haben wir auh während den Proben die Demos für „The Crux“ aufgenommen.  Das Arbeiten and den Songs gestaltete sich so wesentlich einfacher und entspannter. Ein 3/4 Jahr haben wir dort regelmäßig geprobt und Songs geschrieben. Kurz bevor wir dann mit Patrick Pulsinger ins Studio gegangen sind, hatten wir gut 25 Songs fertig! Wir sind ja inzwischen, für das was wir machen, relativ gut eingespielt – deshalb waren die Grundgerüste der Songs immer recht schnell fertig, sodass wir uns auf die Details konzentrieren konnten – etwas das wir vorher nie gemacht haben, und was durch das eigene Studio wieder sehr begünstigt wurde.

Der Terminus „Besonnenheit“ trifft also durchaus zu. Es scheint auch, als würdet Ihr Euch nicht in den Vordergrund spielen wollen. Mit einem Album geht normaler- weise umfassende Promotion einher. Im Video zu „Worst of total anarchy“ seid aber nicht primär Ihr zusehen, sondern Schauspieler. Bedarf es bei Euch großer Überwindung, Euch nicht selber in Euren Videos großflächig abzubilden? Und warum funktioniert es gerade bei Euch, dass Ihr als Personen in den Hintergrund tretet, Eure Musik und Band aber trotzdem hervorragend repräsentiert?

Wir haben ja schon einige Videos gemacht, in denen man hauptsächlich uns herumturnen sieht und wollten diesesmal – mit  Ausnahme des Videos zu „impulse cotroll“ – etwas zurücktreten und den Filmemachern die volle Kontrolle überlassen. Ich habe ihnen auch gesagt, dass die Band nicht zwanghaft ins Drehbuch geschrieben werden muss, wobei ich dann doch bei zwei Videos mitspiele. Ich finde es spannend, wenn eine Band sich bei der Promotion nicht unbedingt in den Mittel- punkt stellt oder man überhaupt weiß, wer auf dem Album jetzt mitspielt oder wie die Typen überhaupt aussehen. Wenn man dann erst ‚mal darauf aufmerksam wird, wird man umso neugieriger. Mir als Konsument geht es auf jeden Fall so!

Wenn ich mich recht entsinne, hattet Ihr noch bei „Escape Plans“ vor, zu jedem Song ein Video zu drehen. Habt Ihr das bewusst gemacht, um jungen Künstlern eine Plattform zu bieten?

Ja klar! Nach unserem ersten, und auch bis dato aufwändigsten Musikvideo „extra extended expressions“, ein Stop- Motion Video von Andreas Winter, sind recht schnell einige junge Filmemacher auf uns aufmerksam geworden. Als es bei „escape plans“ dann darum ging, einen Regiseur für die erste Single auszusuchen, kam ich aufgrund der Fülle an jungen Talenten mit der Idee, 13 Videos zu machen und dadurch lernten wir dann noch mehr begabte Filmemacher kennen. Aus dem Plan ist dann natürlich nichts geworden obwohl wir es immerhin auf 7 Videos für ein Album gebracht haben. Für „the Crux“ gilt natürlich das Gleiche.

Ein ansprechendes Bestreben.  Trotzdem habt Ihr laut eines Interviews, das ich in einer deutschen Musikzeitschrift gelesen habe, eine Art Sinneswandel hinter Euch. Du meintest, Ihr wärt jetzt keine „Proberaum-Band“ mehr. Vielmehr würdet Ihr auf der Bühne jetzt nicht mehr versuchen perfekt zu spielen, sondern dem Konzert-Besucher etwas anzubieten, an das er sich noch lange erinnert. Killed by 9V batteries 2.0? Und wenn ja, auf was kann man sich bei Euren Konzerten fortan einstellen? Wie geht eine Probe mittlerweile bei Euch von statten?

Haha na ja, das war vielleicht etwas übertrieben ausgedrückt, aber wir haben ja live immer schon eher auf unsere Performance Wert gelegt, als auf unsere technischen Skills. In Wirklichkeit laufen unsere Konzerte jetzt sogar etwas harmloser über die Bühne, als vor ein paar Jahren, als wir noch unser komplettes Equipment in Einzelteile zerlegt haben. Dafür haben wir inzwischen viel zu wertvolles Zeug herumstehen. Natürlich ist uns wichtig, dass der Funke überspringt. Und wenn das Publikum dabei ist, kann so gut wie alles passieren.

Apropos Konzerte. Ihr spielt nur noch handverlesene Konzerte und so gut wie gar nicht mehr in Deutschland. Die letztere, längere Tour bei uns datiert vom Jahre 2009. Wann ist hierzulande wieder mit Euch zu rechnen?

Nach dem Ende unserer deutschen Booking Agentur, hatten wir erst einmal keine Möglichkeit, ‚mal schnell zu euch zu kommen und haben das Vorerst ‚mal aufgeschoben, bis wir wieder einen Booker finden. Inzwischen haben wir ein paar Touren in Slowenien, Tschechien, Italien und vergangenes Jahr sogar am Balkan gespielt, was wir auch schon wirklich länger vorhatten. Gerade wir, als in englisch singende Band, müssen diesen Vorteil gegenüber deutschsprachigen Bands ja fast ausnutzen. Es sind auch unvergessliche Eindrücke die wir zum Beispiel aus Serbien oder Mazedonien mitgenommen haben!

Warum gehen aus der österreichischen Musik-Szene momentan dermaßen vielversprechende Bands hervor? Fällt alternative Rock-Musik gerade dort auf fruchtbareren Boden, als vielleicht in Deutschland? Wie erlebt Ihr die Szene- speziell in Graz und Wien?

Schwierig. Ich versuche es ‚mal: Ich finde es gibt ja schon länger sehr intressante Bands in Österreich und werde dabei auch nicht müde zu betonen, wie wichtig mir die Band „bulbul“ ist. Nur waren viele dieser Band bis jetzt vielleicht eine Spur zu „weird“ für die große deutsche Szene und konnten einfach nur in diesem kleinen Umfeld hier gedeien. Bestimmt auch aufgrund des morbiden Humors der Österreicher,  funktionieren manche Sachen hier besser…Jedenfalls sind junge Bands deutlich hörbarer und mehr dem Pop zugewannt, haben aber trotzdem diesen leicht schrägen Humor, was die Musik für deutsche Ohren vielleicht speziell klingen lässt. Haha – das klingt furchtbar! Erklärung No.2: Die Bands in Österreich scheißen viel eher auf die Aussicht eines Major Erfolgs, da die Chance als österreichische Band irgendwo ernst genommen zu werden verschwindend gering ist und machen deshalb, was sie wollen.  Das bringt auch immer interessante Bands hervor! Durch „JaPanik“ ist die deutsche Presse natürlich erst einmal auf diese Szene aufmerksam geworden. Und es gibt gerade sehr viele gute Bands in Wien und Graz. Schon unglaublich, was sich in den vergangenen 5 Jahren getan hat!

Vorhin habe ich bereits angesprochen, dass Ihr in meinen Augen ein wenig besonnener geworden seid. Ihr werdet oft mit Sonic Youth verglichen. Auch ich bekenne mich schuldig. Inwieweit gefällt oder missfällt Euch dieser Vergleich. Und wie sehr ist er noch mit Eurem neuen Album kompatibel? Habt Ihr eventuell ganz andere Vorbilder?

Irgendwie habe ich „Sonic Youth“ nie als direkten musikalischer Einfluss gesehen. Natürlich war uns allen die Band immer schon sehr sehr wichtig – ich spiele zum Beispiel nur wegen SY Gitarre. Wir sehen uns eher von anderen Bands beinflusst und manche davon nennnen SY als Einfluss. So, wie angeblich alle Metal Bands versuchen wie Black Sabbath zu klingen und am Ende sind da nur „The Beatles“…Wir versuchen einfach aus diesem Sound irgendwie unser eigenes Ding zu machen, was uns auch ganz gut gelingt,  finde ich.

 

Wir gehen mittlerweile mit großen Schritten dem Jahresende entgegen. Wie sieht das Jahr 2012 aus Sicht von „Killed by 9V batteries“ aus? Gibt es bereits Pläne?

In unserer Bandgeschichte wurde eigendlich nie wirklich in die Zukunkft gedacht, aber wir werden auf jeden Fall ein neues Album aufnehmen! Diesesmal wieder etwas spontaner, in unserem eigenem Studio. Dann wird auch eine Platte meines Solo-Projekts „style me deaf“ rauskommen, und  außerdem spiele ich seit einem Jahr bei der Band „Sex Jams“ Gitarre. Auch hier wirds eine Platte geben. Und natürlich wollen alle 3 Bands viel viel live spielen! Hoffendlich auch wieder in Deutschland.

Darauf hoffen wir auch. Wolfgang, vielen Dank für dieses informative Gespräch.

Zur Rezension des Albums „The Crux“ gelangt Ihr hier.

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