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OASIS: SUPERSONIC – Filmreview

Die Doku beginnt mit einem Hubschrauberflug über ein Feld. Auf dem Feld warten Hunderttausende von Menschen auf ein Konzert, in dem Hubschrauber sitzt die Band, auf die sich warten. Oasis. Die Band zweier Brüder.

Als Noel gefragt wird, was der Unterschied zwischen ihm und seinen Bruder ist, sagt er, er sei wie eine Katze – er will unabhängig sein und so, Liam dagegen ist wie ein Hund, dem jemand ein Stöckchen wirft,  er will immer nur spielen, spielen, spielen. Es sagt das ohne viel Emotion, es ist eben so.

Noel und Liam werden als zweiter und dritter Sohn von Peggie und Tom Gallagher geboren und wachsen in einem Arbeiterviertel bei Manchester auf. Der Vater ist gewalttätig, er schlägt die Mutter und er schlägt Noel.  In dieser Zeit beginnt Noel Gitarre zu spielen. Noel zog sich immer mehr zurück, erinnert sich die Mutter, ein Einzelgänger, er war stundenlang  allein in seinem Zimmer mit einem Stift und einem Zettel. Noel:“ Jede Kindheit macht dich zu dem, was du bist. Man sollte nicht zu intensiv darüber nachdenken, sonst drehst du durch.“

Mark Coyle (später Sound Engineer und Producer von Oasis) über Noel: „Noel zeigt keine Gefühle, hat er nie getan. Nur wenn du ihn hinter Glas mit einen Mikrofon stellst, dann kann er seinen ganzen Gefühlen freien Lauf lassen. Plötzlich kannst du Noel sehen. Du siehst einen kleinen Jungen, etwas sehr Unschuldiges und Reines. Das sind meine Lieblingsmomente. Es ist, als ob sich eine Tür öffnet und ein bisschen Licht kommt herein und dann schließt sich die Tür wieder – und er nennt dich einen Blödmann.“

Der jüngste der Brüder, Liam, wird aus welchem Grund auch immer, vom Vater nicht angerührt. Doch er leidet mit. Der Hass auf den Vater brodelt in ihm, das wird später noch einmal deutlich, als die Brüder längst berühmt sind und sie unerwartet auf ihren Vater treffen. Noel beruhigt den kleinen Bruder,  hält ihn zurück und kann gerade noch das Schlimmste verhindern.

Liam ist der Erste, der Sänger ihn einer Band wird. Noel ist da schon einige Jahre als Roadie unterwegs, hat Spaß dabei, nimmt den Job aber nicht besonders ernst.  Als Musiker auf die Bühne hat er es bisher nicht geschafft, niemand wollte ihn.  Liam will den großen Bruder in seiner Band haben. Er weiß, wie die Songs klingen, die Noel in dem gemeinsamen Kinderzimmer schreibt. Als sie mal wieder zusammen im Proberaum stehen, sagt Liam zu Noel:“Los, spiel der Band mal einen deiner Songs vor.“ Noel spielt, die Band ist begeistert und er ist dabei. Oasis ist geboren.

Der Durchbruch kommt durch einen Zufall. Eine Mädchenband, mit der sie sich den Proberaum teilen, hat einen Gig in Glasgow im King Tut’s Wah Wah Hut , sie nimmt Oasis mit und setzt durch, dass sie vier Songs spielen dürfen. Der Ex-Freund eines der Mädchen kommt vorbei, nicht weil er nett ist, sondern weil er das Mädchen nervös machen will. Es ist Alan McGee von Creation Records. Nach zwei Songs der unangekündigten, fremden Band, ist klar, dass er Oasis unter Vertrag nehmen will. Ein Jahr später, am 30.08.1994, erscheint das Debütalbum „Definitely Maybe“ bei Creation Records. Zwei Jahre später fliegen Oasis in einem Hubschrauber zum Konzert ein und spielen an zwei Abenden in Knebworth vor einer viertel Million Menschen.

Die Dokumentation erzählt die Geschichte der Anfangsjahre der Band. Regie führt Mat Whitecross, Gewinner des Silbernen Bären für Beste Regie in „Road to Guantanomo“. Er ist bekennender Fan von Oasis und gewinnt Noel und Liam Gallagher als Co-Produzenten. So ist klar, dass die Geschichte aus Sicht der Band erzählt wird, man spürt deutlich das Schwelgen in den guten, wilden Zeiten. Gezeigt werden seltene Archivaufnahmen, legendäre erste Club-Auftritte, sie lassen frühere Bandmitglieder zu Wort kommen und es wirkt manchmal fast wie eine Entschuldigung für alles, was da schief gelaufen ist. Drogenexzesse ziehen sich wie ein roter Faden durch die ersten Jahre, genauso wie das sinnlose Zerstören von Hotelzimmern, Studios und Transportmitteln. Eine Fährüberfahrt endet mit einer Prügelei, einem zerstörten Casino und letztlich in Handschellen. Als die Band das Desaster telefonisch dem Labelchef beichtet, sagt der nur: “Brilliant“.

Wenn es kein Filmmaterial gibt, wird die Geschichte erzählt und gekonnt animiert, teilweise eingerahmt von Kodakfilmstreifen, ein schöner Hinweis darauf, dass das alles passierte, als die Welt noch nicht digital war. Und vielleicht deshalb die Musikszene anders funktionierte.

In den knapp zwei Stunden sind nahezu alle großen Hits der Band zu hören, von „Wonderwall“ bis „Don´t Look Back in Anger“,  ob vor großem Arena-Publikum oder ganz privat im Studio. Geradezu faszinierend eine Szene in den Rockfield Studios, in der Liam, nachdem er das Lied von Noel nur einmal gehört hat, hinter einer Studioglaswand mit Kopfhörern steht und einfach so, mit seiner typisch vorgebeugten Haltung, den Text vom Blatt ablesend, in nur einem Durchgang „Supernova“ einsingt. Und es klingt atemberaubend gut.

OASIS: SUPERSONIC - Dokumentation
 
Regie: Mat Whitecross
VÖ: 11. November 2016 als DVD, Blu-ray und VoD
Verleih: Ascot Elite Home Entertainment
Laufzeit: 113 min (DVD)/ 117 min (Blue-ray)
Ton: Deutsch/Englisch
Untertitel: Deutsch
Alterfreigabe: 12

Trailer:

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