Startseite » The Tallest Man on Earth | 14.08.2016 | Parkbühne GeyserHaus, Leipzig

Banner The Tallest Man on Earth

The Tallest Man on Earth | 14.08.2016 | Parkbühne GeyserHaus, Leipzig

Bei The Tallest Man on Earth kommt es nicht auf die Größe an – aber auf die Gitarre. Zu jedem Song lässt sich Kristian Matsson, der selbsternannte größte Mann der Welt, an diesem Abend eine andere Gitarre auf die Bühne des Leipziger GeyserHauses reichen. Und so verzaubert Matsson, der eigentlich recht klein ist, mit ihnen, vielen traurigen Liedern und ein bisschen Humor seine Zuhörer.

Doch zuerst betritt der Schwede Markus Svensson als The Tarantula Waltz die Bühne. Auch hier steht die Gitarre im Mittelpunkt, denn er spielt heute ohne Band. Der ruhige Singer/Songwriter-Folk ist harmonisch und erinnert an den Herbst, während die letzten Sonnenstrahlen des Tages auf die Bühne des GeyserHauses scheinen. Svensson preist die Musiker-Freundschaft zu Matsson, die es ihm ermöglicht, an diesem Abend in Leipzig zu spielen.

The Tarantula Waltz live | Foto: Felix BrodowskiUnd das Publikum preist seine Musik auf eine Weise, die sich durch den ganzen Abend ziehen wird: mitandächtiger Stille. Eine Leistung, die nicht jede Vorband – und schon gar kein einzelner Musiker – vollbringt, die Svensson aber schon mit seinen ersten Akkorden einkehren lässt Spätestens mit dem zweiten Song, „Scandinavian Minds“, zieht Svensson die Zuhörer endgültig in seinen Bann. Die gezupften Gitarrenmelodien klingen dunkel, aber warm und wenn der Sänger ruhig von Herzschmerz, seinem Sohn und Schweden im Dezember singt, bereitet The Tarantula Waltz das Publikum gut auf den Rest des Abends vor.

Zuerst erschrickt man nach der heimeligen Ruhe des Supports fast, als Kristian Matsson wild auf die Bühne gesprungen kommt. Mit seinem ersten Song, dem Joan Baez-Cover “East Virginia”, kann man aber direkt wieder zu träumen beginnen. „I’ll play a bunch of sad songs, but we’ll try to have fun with them”, so beschreibt The Tallest Man on Earth, was das Motto des Abends sein wird: Viel Ruhe, viele Gitarren, skandinavische Melancholie in Reinform.

Der Auftritt in Leipzig ist in diesem Sommer das einzige Deutschlandkonzert des 33-jährigen Schweden. Ausverkauft ist die kleine Parkbühne GeyserHaus trotzdem nicht – vielleicht auch, weil The Tallest Man on Earth erst im Februar auf großer Europatour war und auch Konzerte in Deutschland gegeben hat. Zuletzt erschien 2015 sein viertes Album „Dark Bird is Home“ (VÖ: 08.05.2015 via Dead Oceans).

An diesem Abend bespielt Matsson mal alleine die Bühne, mal wird er von einer vierköpfigen Band begleitet. Allein auf der Bühne stehend, gibt er sich dann gerne kleinen Rockstar-Allüren hin: Fotos sind ungern gesehen, dafür darf sich das Publikum um sein Plektrum balgen oder staunen, wenn er sich direkt vor ihre Füße in die erste Reihe legt.

The Tallest Man on Earth live | Foto: Felix Brodowski

Wenn ihn bei rund der Hälfte aller Lieder seine Band unterstützt, bleibt der Sound ruhig, wird aber dichter. Es klingt noch mehr nach gemütlichem Folk, wenn die Sänger und Multiinstrumentalisten mit Piano, Geige und Chorgesang Matssons Gitarrenspiel verstärken.

Doch auch mit Band bleibt es ein Abend für das Herz, nicht für das Tanzbein. Vereinzelt springen Zuhörer bei Lieblingsliedern auf, aber scheinbar findet es die Mehrheit viel schöner, in der Dämmerung zu schunkeln und leise mitzusummen. Selbst bei „Timothy“ („The only happy song we’re playing tonight!“) wird eher gelächelt und mit den Füßen gewippt, als getanzt, obwohl das Lied in der Liveversion mit Band das Publikum geradezu dazu auffordert, sich zu bewegen.

Zum Ende des Konzertes lässt sich das Publikum doch aus der stillen Verzauberung reißen. Als der Hit „King of Spain“ anklingt, wird gejubelt und als zum Finale „Dark Bird is Home“, der Titeltrack des aktuellen Albums, erklingt, und nicht nur die ganze Band, sondern auch der Support noch einmal die Bühne betritt, kommt auch das Publikum auf die Beine. The Tarantula Waltz und The Tallest Man on Earth springen mit ihren Gitarren umher und zeigen, wie es geht, mit traurigen Liedern doch ganz viel Spaß zu haben.

Es bleibt ein wohliges Gefühl, als wäre man von den Songs in eine dicke, gemütliche Wolldecke eingewickelt worden. Kurz wünscht man sich, über der schönen Parkbühne einige Sterne zu sehen. Aber die Wolken passen am Ende doch besser zur Melancholie vom größten Mann auf Erden.


Fotos: Felix Brodowski. Weitere Bilder findet ihr in der Bildergalerie.

Wir freuen uns über deinen Kommentar: