Es hängt doch eigentlich allen aus den Ohren heraus. Jung, deutsch und auf dem Weg nach oben? Das war ein Thema, das in den 90er Jahren akut war. Und viele, die mit handgemachter Musik versuchen, dort anzuknüpfen, versinken im Einheitsbrei. Doch mit 206 und ihrem Album „Republik Der Heiserkeit“ ist es anders. So authentisch und so ehrlich aggressiv hat schon lange keine deutschsprachige Rockband mehr geklungen.
206, das sind die in Leipziger Musiker Leif Ziemann, Florian Funke, sowie Leadsänger Timm Voelker. Besonders letzterer hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Wer sich Interviews mit der Band anschaut, fühlt sich von der abweisenden Einstellung unweigerlich an die Bands der Hamburger Schule erinnert. Doch haben 206 viel mehr im Sinn, als vergangenen Zeiten nachzueifern. Ihre Musik legt es viel mehr darauf an, den Zweifel ihrer Generation in schockierend reale Musik und Texte zu verpacken.
Sicherlich, rein musikalisch ist dies keine Revolution. Man kennt das Procedere: Elektrische Gitarre, Bass und Schlagzeug. So entstehen teilweise aggressiv rasende und anderseits wieder betäubend ruhige Songs. In den stillen Momenten schwingt allerdings stets eine Unruhe mit. Man merkt, dass der nächste Ausbruch nie weit entfernt ist. Doch was die Musik von 206 wirklich ausmacht, ist der Gesang und die Texte von Timm Voelker. Er ist gerade Mitte zwanzig und hat eine Stimme wie von jahrelangem Alkohol-und Zigarettenmissbrauch geschult. In Songs wie „Hallo Hoelle“ und „Keine Sonne Keine Cola“ hält er sich noch zurück. Doch am meisten wirkt der Gesang dann, wenn er aggressiv aus der Kehle bricht. Die Texte handeln vom bittersten Weltschmerz, einer Anti-Alles-Haltung und tischen dem Hörer eine Negativität auf, die ihresgleichen sucht. Timm Voelker ist die Stimme einer perspektivlosen Jugend. Niemandem würde man es wohl mehr glauben, als ihm, wenn er singt: ‚Was bleibt mir anderes übrig, als mit meiner Armut anzugeben!‘
Alles in allem haben 206 mit „Republik Der Heiserkeit“ ein fantastisches Album abgeliefert, das die hohen Erwartungen erfüllt hat. Was ihre erste EP bereits angedeutet hat, gipfelt hier in einem explosiven Gemisch, das seinesgleichen sucht. 206 beweisen einmal mehr, wie nah Genie und Wahnsinn beieinander liegen müssen. Doch wer sich auf diese skurille Fahrt durch die Gefühlswelten einlässt, der wird es sicher nicht bereuen.
VÖ: „Republik der Heiserkeit“ erschien am 25.02.2011 auf ZickZack.