Auf gings von Hannover nach Berlin. Aber was tut man nicht alles, um solch ein feines Package zu erleben. Außer meinen Favoriten Finn, Minus The Bear und Sometree spielten an diesem Abend auch noch Feverdream aus Holland und Archie Bronson Outfit aus England, so dass die Zeit sehr knapp verplant schien. Als wir um 19 Uhr am Magnet ankamen, sah es aber wider Erwarten noch lange nicht nach Beginn, geschweige denn Einlass, aus. Um 20.45h begannen dann Feverdream den Abend, und trotz des undankbaren Openerslots fanden sich schon recht viele Zuschauer im feinen Konzertraum des Magnetclubs ein, um dem Postrock-angehauchten Sound des holländischen Trios zu lauschen. Das machte seine Sache auch sehr gut, nur gingen mir die Songs teilweise zu sehr im bemühten Gefrickel unter, man hätte doch das eine oder andere Mal eine Hookline spendieren können. Auch eine zweite Gitarre stünde dem Sound sehr gut. So verlief das Konzert ziemlich eintönig und ruhig, das Publikum war aber insgesamt zufrieden.
Danach kamen bereits Minus The Bear, auf die ich mich im Vorfeld besonders gefreut hatte. Ihr extrem groovender Mix aus Indierock mit Keyboardakzenten wurde live nicht nur perfekt umgesetzt, sondern gleichzeitig auch noch mehr Druck gemacht. Besonders hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang die Spielweise von Gitarrist David, der die Songmelodien mit unglaublich anzuschauendem Tapping wirklich 1:1 umsetzte. Die Songauswahl ließ keine Wünsche offen, so wurde in den gut 45 Minuten ein Großteil des Debütalbums sowie der neuen EP gespielt, was Teile des Publikums auch mit frenetischem Beifall zu feiern wussten. Leider kam keine wirkliche Stimmung, sprich Bewegung, in der Menge auf, was mich bei diesem Sound wirklich etwas wunderte. Die Band wirkte vielleicht aus diesem Grund auch etwas verunsichert und beschränkte sich zwischen den Songs auf ein Minimum an Ansagen und Kontakten, was auch der einzige Schwachpunkt blieb. Ein toller Auftritt, der kurz darauf von Finn, diesmal drüben im Clubraum, hervorragend ergänzt wurde. Zum Duo geschrumpft, entfalteten die Hamburger wieder ihre ganzen Stärken mit atmosphärischen Synthieflächen, sanften Gitarren und einer tollen Lightshow. Auch neue Songs wurden gespielt, die mich nach dem grandiosen Debüt gespannt auf die Fortsetzung warten lassen.
Nach einer halben Stunde wurden die Zuschauer dann wieder in die reale Welt gelassen, wo kurz darauf der eigentliche Headliner Sometree begann. Trotz des etwas verkürzten Sets konnten sie das Publikum vom ersten Moment an überzeugen und ich freue mich wirklich, dass diese so sympathische Band endlich die Aufmerksamtkeit bekommt, die sie verdient. Songs wie Tramor, Monolith, Reckoning Luck, Pulse und Jade gaben einen Querschnitt ihres gesamten Schaffens wieder und ließen auch kaum Wünsche offen. Leider ließ die fortgeschrittene Zeit keine Zugabe zu, so war nach einer knappen Stunde auch schon wieder Schluss, und ich war wie der Großteil des Publikums wieder mal völlig gebannt von ihrer einzigartigen Fähigkeit, den Zuschauer komplett im Wechselbad von leisen Passagen und plötzlichen Ausbrüchen gefangen zu nehmen.
Nach einer Umbauphase legte dann die letzte Band Archie Bronson Outfit los, die mir vor diesem Konzert gar nichts sagte und die ich auch nur noch ganz kurz mitbekommen hatte, bevor wir uns auf den langen Heimweg machten. Soweit mich mein Erinnerungsvermögen nicht trügt, bekamen die Leute etwas dreckigen Punkrock mit Retroelementen geboten, also genau der Sound der Stunde, der ihnen auch zu viel Presse in den einschlägigen Zeitschriften verhalf, wie mir berichtet wurde.
Insgesamt war es also ein sehr schöner Abend im Rahmen der ersten Popkomm in Berlin, der die lange Fahrt allemal rechtfertigte. Auch wenn mir fünf Bands an einem Abend oft zu viel sind, machte es die Mischung zwischen den unterschiedlichen, aber doch ergänzenden Stilen nie langweilig.
<a href="https://mainstage.de/mainstage/php/global/v4_index?page=interview&id=164">Interview mit Minus The Bear</a>