Kevin Hamann war in den letzten beiden Jahren den meisten wohl eher als eine Hälfte des Duos Bratze geläufig. Aber auch sein anderes Projekt lebt weiter: Clickclickdecker. Passend zum Release des neuen Albums trafen wir uns mit ihm und dem Produzenten Tobias Bade (The Sea) in den Studios der Station 17. Ein Gespräch über die neue Platte und allem, was damit zusammenhängt.
Wie war es für dich, sich wieder dem Projekt Clickclickdecker zuzuwenden?
Kevin: Herrlich war das! Aber es war ja schon so, dass Bratze und Clickclickdecker immer relativ parallel liefen. Während wir das Album aufgenommen haben, hab ich ab und an noch Konzerte mit Bratze gespielt. Aber trotzdem war es gut, im Studio dann wieder was anderes zu machen.
Wie kam es zu dem Albumtitel „Den Umständen Entsprechend“?
Kevin: Man hat ja immer so einige Albumtitel und dieser hat mir dann am besten gefallen. Aber die Initialzündung war in einer Videothek, glaub ich.
Tobias: Du hast es mir so erzählt, dass du beim Fitness warst und dich die Empfangsdame in der Videothek dann gefragt hat, wie es dir geht.
Kevin: Achja, genau. Darauf hab ich dann geantwortet: „Den Umständen Entsprechend“. Was man ja eigentlich öfter mal sagt, ist ja nichts Außergewöhnliches. Aber während der Zeit war ich grad auf der Suche nach einem Titel und als ich das dann sagte, schoss es mir plötzlich durch den Kopf: „Oh! Das ist ja ganz gut!“ Es ist eben eine Redewendung, die man halt benutzt, genau so war es bei „Nichts Für Ungut“ ja auch. Und sowas dann anders zu verwenden, mag ich gerne.
Und der Arbeitstitel „In Umarmung Mit Dem Tölpel“ kam nie in Frage, letztendlich wirklich Albumtitel zu werden?
Kevin: Nein, Albumtitel nicht, aber in etwas abgeänderter Form ist es ja nun ein Songtitel geworden. Nun heißt es ja „In Dialog Mit Dem Tölpel“.
Das Albumcover wurde von Human Empire designed. Hast du denen gesagt, wie das aussehen soll, oder hast du Jan Kruse einfach machen lassen?
Kevin: Ich hatte da schon Einfluss drauf. Jan hat ein paar Vorschläge gemacht, unter anderem ein paar Würfel, die er fotografiert hatte. Und an dem Wochenende, als diese Vorschläge kamen, war ich im Wildpark Schwarze Berge hier in Hamburg unterwegs. Und da hab ich einem älteren Ehepaar einige Fotos abgekauft, die sie von Tieren vor 20 oder 25 Jahren in dem Wildpark geschossen, auf Pappe geklebt und eingeschweißt haben. Die wollten sie dann als Postkarten verkaufen, aber nie hat die jemand gekauft. Die waren auch schon total alt, vergilbt und verdreckt. Und ich hab denen die dann abgekauft, weil ich das sehr schön fand, die waren auch unscharf geschossen und sowas. Und sobald ich zuhause war, hab ich die Fotos eingescannt und Jan rübergeschickt und ihm gesagt, dass die Dinger unbedingt auf die Würfel müssen! Die Würfel, die er fotografiert hatte, waren eben noch blanko. Und dann fand es die Idee auch gut und so kam das dann. Okay, bevor das Foto fürs Albumcover dann stand, hatte man natürlich noch eine Menge Bastelarbeit zu erledigen, das alles auszuschneiden, zu falten und aufzukleben. Aber danach haben wir es dann fotografiert. Also, mehrfach. Ich glaube es waren insgesamt so ungefähr 26561 Fotos! Und daraus hat Jan dann eins ausgesucht und gesagt: „Hier, das isses! – Und dann hab ich gesagt: „Aber Jan, guck doch nochmal, wie das mit der Nummer 16585 ist!“ Aber da war dann der Schatten schlecht, wie das so ist. So haben wir dann doch das andere genommen.
Könntest du die Thematik des Albums zusammen fassen?
Kevin: Nee, das geht nicht.
Soll jeder mit sich selbst ausmachen?
Kevin: Das wäre gut. Sicherlich gibt es da einen roten Faden, der sich durch das Album zieht und durch alles, was ich mache, aber eine festgelegte Grundthematik gibt es eigentlich nicht.
Das Album kursiert ja nun illegalerweise auch schon eine Weile im Netz. Was meinst du, warum die Leute sich das runterladen, ist das nur aus Interesse und die kaufen sich das danach trotzdem noch, oder ist mit den Download das Thema CD-Kauf dann erledigt?
Kevin: Naja, wenn man sich etwas runterlädt, geschieht das allgemein aus Interesse.
Aber diese zwei Download-Typen lassen sich ja schon festmachen.
Kevin: Ja, aber in beiden Fällen geschieht da aus Interesse. Was die dann danach machen, ob sie sich das noch kaufen oder ob sich das irgendwie auf Verkaufszahlen auswirkt, da möchte ich nicht drüber nachdenken. Was ich aber denke, ist, dass es Unterschiede gibt zwischen den Leuten, die das hochstellen. Da gibt es einmal diejenigen, die das hochladen, weil sie das Album gut finden und anderen Leuten näher bringen wollen. Das ist dann eher so Ritterschlag- und Robin Hood mäßig. Aber dann gibt es aber auch die anderen, die aus Prinzip einfach alles hochstellen, was sie im Netz so finden. Das ähnelt dann einer Briefmarkensammlung. Die Leute dann haben dann ihre Blogs und sammeln das, von wegen „Ich hab schon wieder so und so viele neue Alben gefunden und das kannst du hier runterladen, von Rapidshare.“ Das ist ja auch noch das Schlimme, das die das nichtmal auf ihren eigenen Servern machen. Das checken die meisten Leute überhaupt nicht, dass so ein großes Unternehmen wie Rapidshare viel Geld damit macht.
Versuchst du da gegenan zu gehen?
Kevin: Uns ist es bei diesem Release aufgefallen, dass das Album erstaunlich früh im Internet unterwegs war, das war bereits am 4. Januar, 26 Tage vor Release, so früh war das noch nie. Aber im Endeffekt kann man nicht so viel dagegen machen, das ist ein Kampf gegen Windmühlen. Zu dem Thema hab ich aber auch schon in meinen Blog eine ganze Menge gesagt, das kann man da sonst auch noch nachlesen (hier).
Die erste Single „Es fängt an wie es aufgehört hat“ hast du von Sascha Blohm präsentieren lassen (Siehe hier). Wie kam es dazu?
Kevin: Das war so, dass ich im Verlauf des letzten Jahres gesehen hab, dass da so ein Typ ist, der immer wieder Videos hochlädt, wo er Lieder von mir nachspielt. Und ich fand das sehr beeindruckend, dass er so kreativ war beim Raushören der Akkorde. Weil ich selbst kann Leuten, die mich nach Tabs oder Akkorden fragen, immer keine Antwort geben, weil ich selbst ohne Akkorde spiele, ich weiß nicht, wie die Griffe heißen, die ich da mache, das tut mir auch immer leid. Und ich fand das dann total cool, dass sich da jemand solche Mühe macht und sich auf eine gewisse Art und Weise ja auch bloßstellt, indem er sich dabei filmt und das dann online stellt. Es hat mich berührt, was er da macht. Und dann kam es dazu, dass ich ihn anschrieb und fragte, ob er nicht Lust hätte, die erste Single vom neuen Album auch in diesem Format zu präsentieren. Ich fand das auch interessant, sowas mal als Vertriebsweg zu wählen, denn ein normales Video zur Single kann man sonst immer drehen. Und dann hab ich Sascha eben den Text rübergeschickt und das Lied als Akustikversion als mp3 gesendet. Und da ich ihm die Akkorde nicht geben konnte, hat er erneut alles fantastisch rausgehört. er fand die Idee auch ganz toll und zwei Wochen später hat er mir das dann bereits geschickt.
Bei Youtube bin ich auch noch auf den Song „Aus dieser Betrachtung“ gestoßen (Siehe hier). Der ist ja nun gar nicht auf dem Album, wo kommt der denn her?
Kevin: Das war ein weiteres Lebenszeichen! Zuerst gab es den Song „HätteHätteHätte“, den hatten Tobi und ich hier eines Nachts schnell mal – Och naja, was erzähl ich, das war natürlich richtig anstrengend, den aufzunehmen, wie man mir sicher glauben kann! Und dieser Song war dann eben das erste Lebenszeichen für das Album und danach kam dann noch „Aus dieser Betrachtung“, einfach, um präsent zu sein. Ich find das übrigens schön, dass du dich so gut vorbereitet hast, dass du den Namen sogar weißt, ich selbst musste grad mal überlegen, was das denn überhaupt noch war. Da haben wir dann aber auch noch ein ganz schönes Video zu gemacht, mit Giraffen aus dem Hagenbeker Tierpark!
Aber wenn man jetzt „HätteHätteHätte“ oder „Aus dieser Betrachtung“ als erstes Lebenszeichen von dem Album mitbekommt… Hat man da nicht einen ganz falschen Eindruck von dem, was das Album jetzt letztendlich geworden ist?
Kevin: Genau das wollten wir damit bezwecken, dass das so ein bisschen irreführend ist. Als wir „HätteHätteHätte“ online gestellte haben, gab es auch direkte Kommentare à la „Was ist denn bitte mit euch los?!“ – Da konnte man dann gut drüber lachen, weil das genau das war, was man bezwecken wollte. Irritieren macht ja auch Spaß!
„Den Umständen Entsprechend“ ist das erste Album, was du mit echter Band anstatt dem Computer aufgenommen hast. Wie kam es zu der Entscheidung?
Kevin: Ich war mit der Vorproduktion einfach unzufrieden, man spürte keine Weiterentwicklung. Und so kam es dann irgendwie, dass ich das mit Tobias zusammen machen konnte, da in uns beiden anscheinend die Frage schlummerte, ob man das nicht zusammen machen will. Irgendwann haben wir das dann auch ausgesprochen, uns erstmal in den Armen gelegen und dann ging das ja auch los.
Und ist jetzt jedes Instrument, dass man auf der Platte hört, von euch aufgenommen?
Kevin: Also, Gitarre hab ich ja schon immer selbst gespielt und ein Großteil der Instrumente ist nun akustisch, ja. Aber klar, synthetische Augenblicke sind noch immer dabei.
Tobias: Es gibt ja auch noch elektronische Beats auf der Platte, die natürlich vom Computer kommen. Aber alles, was sich akustisch darstellen ließ, haben wir dann umgesetzt. Es war uns auch wichtig, einfach einen Schritt weiter zu gehen, sich zu entwickeln.
Kevin: Es ging uns nie darum, ein „Band Rock Album“ zu machen, der Stil sollte ja erhalten werden. Und daher ist es ein Hybrid aus beidem geworden. Was ich vorher synthetisch versuchte, ging jetzt eben so. Hier in diesem Raum haben wir das übrigens auch aufgenommen (Atrium im Station 17), hier wurde der Großteil des Schlagzeugs eingespielt. Aber es ist ja eigentlich nichts Weltbewegendes, dass Musiker ein Schlagzeug aufnehmen, davon mal abgesehen.
Die Frage ist ja auch, ob man das als Hörer letztendlich den Unterscheid überhaupt merkt.
Kevin: Das ist wohl auch der Fall, richtig. Bei den letzten Platten war es auch schon so, dass mich manche Leute fragten, wie ich es denn schaffe, das Schlagzeug überhaupt in meinem Schlafzimmer aufzunehmen. Es ist ja auch nicht so, dass wir das Album dadurch nun entfremdet hätten, es ist einfach ein neues Gewand.
Beim Buch „Saturday Night“ hast du einen Text mitgeschrieben. Wie kam es dazu?
Kevin: Der Herausgeber Jörn Morisse hat mich gefragt, ob ich Lust habe, eine Geschichte zu dem Thema zu schreiben und dann hab ich das gemacht. Jörn Morisse und ich kennen uns halt und der findet meine Musik und die Texte gut und hat mich dann gefragt, ob ich nicht auch mal Lust auf sowas hätte. Und da war ich ihm sehr dankbar, weil ich grad von einer Tour zurück kam und sowieso viel Ballast im Kopf hatte. Also, ich will nicht sagen, dass ich mich damit jetzt therapiert hab oder so, aber es war ganz gut. Heute Abend muss ich das im Grünen Jäger ja auch noch vorlesen, oh Gott.
Ist es das erste Mal, dass du sowas machst?
Kevin: Ist das erste Mal, dass ich was lese, ja. Und hoffentlich auch das letzte Mal! Vorlesen ist glaub ich nicht so mein Ding, Singen ist was anderes.
Tobias: Hey, Rocko Schamoni und Heinz Strunk können doch auch nicht lesen…
Kevin: Achja, stimmt. Na, wenn die das nicht können, dann kann ich das auch nicht!
Das ist doch mal ein gutes Schlusswort!