Das Hamburger Label dial rec, bekannt für minimalen Electro- und House-Sound, hat mit John Roberts seit einiger Zeit einen neuen, jungen Musiker in seinen Kreisen, welcher den guten Ruf des Labels erneut bestätigt. Gleichzeitig wird aber auch der typische Labelsound mit Roberts erweitert. Zusammen mit dem Duo Mod.Civil und g:last spielte John Roberts im Rahmen von „Electric Island“ ein Live-Set im Leipziger Conne Island.
Neben namenhaften Künstlern wie Lawrence/Sten, Turner, Pantha du Price oder Carsten Jost, die seit Anfangstagen den Sound von dial rec prägten (teilweise auch zu dessen Gründern gehören) darf man ihn ohne weiteres in dieser Linie einordnen. Trotz der Tatsache, dass erst eine EP vorliegt, darf man diese Meinung durchaus bekräftigen.
Im vergangenen Herbst erschien mit „Hesitate“ das erste Lebenzeichen des Berliner DJs in Form einer Vinyl EP auf dial rec. Übereinstimmen kann man dabei mit den Redakteuren von De:Bug, die der Veröffentlichung verspielten Sound und bisweilen sogar Jazz-Einflüsse attestierten. Was sich auf Platte trotz Beats vor allem in Lounge-Atmosphäre hüllt, wurde im Conne Island in puncto Tanzbarkeit stark nach oben geschraubt. So entwickelte sich der „slow motion dance“, wie Roberts seine Musik selbst ettiketiert, zu einem ausgelassenen, deutlich mehr auf House-Strukturen fokussiertes Live-Set, das den vollen Club genau zur richtigen Zeit erwischte.
Der introvertierte Musiker, der zuvor immer wieder zurückhaltend durch den Club schlich, lebte förmlich an den Schaltzentralen seiner Songs auf. Die Tanzfläche wurde mit Nebel voll gepumpt und immer wieder verwob Roberts den homogenen Sound seines Sets mit bekannten Klängen der ersten EP und auch sicherlich einigen Songs, die auf seiner zweiten EP erscheinen werden. Bereits angekündigt ist auf dial rec nämlich „Mirror„, die in den nächsten Wochen erscheinen soll.
Das Live-Duo Mod.Civil (Ortloff) aus Leipzig, das schon seit längerer Zeit den Sprung über die regionale Grenzen hinaus schaffte, steuerten mit ihrer Show so einiges zur guten Stimmung bei. Das Set, das sie vor Roberts hinlegten, konzentrierte sich deutlich mehr auf eingängige Beats, die sich weniger minimalistisch gaben. Sie heizten mit ihrem Tech-House das Publikum so gut auf, dass Roberts mit seinem Set der Weg perfekt bereitet wurde.
Nach der guten Stunde, die Roberts auflegte, wurde gegen Morgen mit g:last vom relativ jungen DJ-Kollektiv rausaufsmeer, der Deep-House-Sound immer wieder etwas aufgeweckter, temporeicher und nervöser – kurzum technoider. Die hypotischen Klänge der Nacht wurden hier ebenso immer wieder in spacig-psychedelische Klänge verwandelt. Die Selbstbezeichnung „verstrahlt“ traf dieses vielsprechende Set allemahl sehr gut. (Wer sich ein Eindruck davon verschaffen möchte, kann mehrere Veröffentlichungen auf der Label-Seite kostenlos erstehen!)
Als es gänzlich Tag geworden war, legte spontan noch Chris Helt, der an diesem Abend als DJ das Rahmenprogramm lieferte, gemeinsam mit John Roberts auf. Man begleitete so die letzten Tanzenden gegen sieben, acht Uhr in das grelle Sonnenlicht. Das wirkte nach diesem begeisternden „Electric Island“ ein wenig verstörend als man das relativ gut abgedunkelte Conne Island verließ. Als ich ging, saß ein erschöpfter John Roberts am Rand des Clubs und döste.
Der experimentelle Club-Sound dieses jungen Musikers ist nur zu empfehlen!