„Veckatimest“. Was der Titel für einen fachkundigen Voodoo-Zauberspruch sein könnte, bezeichnet in der Realität nichts anderes als eine unbewohnte Insel vom Cape Cod. Dieser verlassene Ort inspirierte Grizzly Bear derart, dass sie ihr zweites Album danach benannt haben. Drei Jahre sind seit dem Vorgänger „Yellow House“ ins Land gezogen und die Intensität, die in dem Album steckt, merkt man jeder Sekunde an.
Es ist so, dass die Musik einen fast gefangen nimmt durch ihre Tiefe. Kaum ein Song ist länger als 5 Minuten und trotzdem kommt es einem so vor, als ob die Band den Hörer mit jedem Lied auf eine Reise nimmt, die deutlich länger anhält. Die Kombination der Instrumente spielt dabei eine tragende Rolle. Es wird kein Wert gelegt auf unbedingte Harmonie oder sekundengenauen Einsatz. Es ist die Kunst, gewöhnliche Pop/Rock-Motive mit klassischem Klavier, indianischen Werkzeugen, orchestralen Parts und reduzierter Kammermusik zu kombinieren. Es entsteht Psychedelic Folk in seiner repräsentativsten Form. Die Musik wühlt auf und zieht zurück auf den Boden der Tatsachen – Es wirkt, als ob ein Ruhepol inmitten der Platte liegt, dem es immer wieder gelingt, den chaotischen Ausbrüchen ein Ende zu setzen.
Innerhalb von Grizzly Bear gibt es keinen festen Sänger. Alle vier Mitglieder kommen zum Zug und es ist keine Seltenheit, dass sich mehrere Stimmen gegenseitig hochschaukeln und bis hin zum leiernden Nachklang in Einheit schwingen. Aber auch Soloparts mit Backgroundstimmen und der feinsinnige Einsatz von Echo und verzerrten Mikrofonen tragen ihren Teil zum Gesamteindruck bei. Die Texte sind passenderweise eher assoziativ gehalten, gehen aber trotzdem an Herz und Kopf und wecken persönliche Querverweise.
„You wait on the answers that I’ll pretend to find.
Keeping up with the motions still occupies our time.
You could hope for some substance as long as you like.
Or just wait out the evening and always ask me why…“
Grizzly Bear sind zwar nicht so psychedelisch wie die Vorzeige-Individualisten vom Animal Collective, aber sie tauchen ins Jenseits ein und schütteln ebendieser Band dabei mit authentischer Zerstreutheit die Hände. „Veckatimest“ ist der Name dieses geheimnisumwitterten Trips. Und Grizzly Bear ist die einzige Band, die ich kenne, der diese Gratwanderung hin zum konfus Ekstatischen im gleichen Maß wie dem Tierkollektiv gelingen mag.
VÖ: „Veckatimest“ erschien am 22.05.2009 auf Warp.