20 Jahre nach dem Fall der Mauer, den ganz Deutschland feiert, geht es gerade in Berlin Kreuzberg darum, wieder eine zu errichten. Über der Tür des legendären SO36 hängt seit einiger Zeit eine kleine Fahne mit einer kämpferischen Botschaft: „SO36 bleibt!“ Denn nach ganzen 30 Jahren im Kiez ist die Zukunft des berühmten Clubs gefährdet: Es ist offenbar zu laut da drin. Abhilfe böte eine Schallschutzmauer, deren Kosten von 80 000 Euro aber für das SO36 nicht tragbar sind. Hier ist aktive Mithilfe gefragt!
Dem kleinen, von außen tagsüber fast unscheinbar wirkenden Club hängt eine über hundertjährige Geschichte an. 1861 als Biergarten eröffnet, wurde daraus zunächst eines der allerersten Berliner Lichtspielhäuser. Anfang der 70er nutzte eine Gruppe Aktionskünstler den Raum als Atelier. Zehn Jahre später wurde das SO36 zur Konzerthalle und zu einem Dreh- und Angelpunkt für den musikalischen Untergrund mit seinen provozierenden Ausdrucksformen. Bands wie die Einstürzenden Neubauten oder die Tödliche Doris fanden hier den kreativen Raum für ihre Art von Kunst.
Der erste Auftritt der Dead Kennedys allerdings war es, der das SO36 zu der Punkrock-Konzerthalle Berlins machte.
1983 wurde dem jäh ein Ende gesetzt. Der letzte Pächter musste Konkurs anmelden, als die Bauaufsicht den Saal schloss.
Erst nach dem Umbau 1990 eröffnete das SO36 unter der Trägerschaft des Sub Opus 36 e.V. so, wie wir es auch heute kennen. Zwar gab es hin und wieder wirtschaftliche Krisen, aber mit viel Unterstützung (1996 z.B. spielten Die Ärzte ganze drei mal hintereinander dort, um danach die gesamten Einnahmen dem Club zu spenden) und einem immer abwechslungsreicheren Programm, wie z.B. den berühmten Queer-Parties, dem Nacht-Flohmarkt, Kiez-Bingo und natürlich jeder Menge Konzerten, hat sich das traditionsreiche „Esso“ bis dato gehalten.
Leider ist die Zukunft des Clubs heute allerdings immens bedroht. Warum?
Ein ganz gewöhnlicher Nachbarschaftskonflikt um Ruhestörung hat sich für das SO36 zu einer existenzbedrohenden Krise ausgeweitet.
„Wir haben alles in unserer Macht stehende versucht, zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen, da ein gutes Nachbarschaftsklima immer wichtig für uns war. Der gegenseitige Respekt ist ein Grundbaustein der Vielfältigkeit, die Kreuzberg auszeichnet. Es war uns jedoch diesmal nicht möglich, den Konflikt unbürokratisch zu lösen. Die neuste Entwicklung ist eine offizielle Anordnung vom Wirtschafts- und Ordnungsamt des Bezirks.“
Und das heißt: Auflagen zur Lärmreduzierung. Sicherlich bedeutet dies noch nicht das Ende des berühmten Clubs, aber Konzerte in „Zimmerlautstärke“ sind für das SO36 auf die Dauer nicht denkbar und daher kann man dort die Auflagen so nicht erfüllen. Die einzige Möglichkeit, das Bestehen des SO36 langfristig zu sichern, ist also die Errichtung einer Schallschutzmauer neben dem Gebäude. Das klingt zwar simpel, aber die damit verbundenen Kosten von 80 000 Euro kann der Club alleine nicht tragen. Ohne Unterstützung bedeutet das also das Ende des SO36.
„Seit 30 Jahren spiegelt sich im SO36 das wieder, wofür Kreuzberg geliebt und gehasst wird. Seit 1979 arbeiten wir im und mit dem Kiez für bezahlbare Kultur. 30 Jahre SO36, das heißt 30 Jahre kollektive, linke und schwullesbische Untergrundkultur in Zusammenarbeit mit unzähligen sozialen und politischen Projekten.
Das SO36 ist einer der wenigen Ausbildungsbetriebe im Kiez mit derzeit 6 Auszubildenden! Insgesamt sind es weit über 50 Menschen, die durch das SO36 in ihrem Kiez Arbeit haben, die vom und mit dem SO36 leben. Wir sind alt, jung, schwul, lesbisch oder andersrum, wir sind Punks und StudentInnen, JobberInnen und Festangestellte, Über- und Unterqualifizierte. Viele von uns haben einen sogenannten Migrationshintergrund, haben Wurzeln in Anatolien oder dem Maghreb, im Breisgau oder Cottbus.
Wir reden nicht nur davon – wir sind die kulturelle Vielfalt im Kiez! Wir sind keine neue Alternative zu Media-Spree und Umstrukturierung, wir sind schon lange hier und durch und mit uns ist Kreuzberg erst zu dem geworden, was es heute so außergewöhnlich und weit über die Grenzen Berlins hinaus bekannt macht.“
30 Jahre lang war es kein Problem, das SO36 so zu betreiben, wie es jetzt – noch – ist.
Eine Schließung bedeutet nicht einfach nur: ein Laden mehr, der dem großen Clubsterben zum Opfer gefallen ist. Eine Schließung des SO36 bedeutet einen großen Verlust Geschichte und Kultur für Berlin, einen großen Verlust kultureller, sozialer und wirtschaftlicher Bereicherung. Immerhin ist das SO36 einer der wenigen Ausbildungsbetriebe mit derzeit sechs Auszubildenden. Insgesamt sind es 50 Menschen, deren Existenz gerade zusammen mit der des Clubs bedroht ist.
Wenn es möglich ist, Millionen in das Großprojekt O2-World zu stecken und Lärm-Sonderverordnungen zu erlassen, muss es auch möglich sein, die dringend notwendige Schallschutzmauer für das SO36 zu finanzieren.
„Deshalb fordern wir von Bezirk und Stadt:
Gebt uns Geld für eine Schallschutzmauer, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können.
Es ist nicht an der Zeit, dem SO36 Steine in den Weg zu legen, sondern Bedingungen zu schaffen, damit es weiter geht. Wir brauchen weder Lippenbekenntnisse noch Auflagen, sondern konkrete Unterstützung! Es geht um die Entscheidung für oder gegen unsere Kultur.Wir sind laut und wollen es auch bleiben, nicht gegen, sondern mit unseren Nachbarn.
Wir werden nicht kampflos aufgeben.“
Helft mit und unterstützt das SO36!
Wer will, kann gerne online spenden oder Geld auf folgendes Konto überweisen:
SO36
Berliner Volksbank
KtoNr.: 209 057 30 23
BLZ: 100 900 00
Was du noch tun kannst, erfährst du auf der Homepage des SO36 nach einem Klick auf das Banner!
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