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Miyagi Tourtagebuch Teil I: Halle – Brandenburg

miyagiWie bereits berichtet, freuen wir uns sehr darüber, Euch die Tour von Miyagi präsentieren zu dürfen. Noch besser finden wir allerdings, dass sich die Jungs bereit erklärt haben, für uns und natürlich Euch ein kleines Tourtagebuch zu schreiben und uns alle somit an ihrem Touralltag teilhaben zu lassen. Im ersten Bericht schreibt Bassist Axel Schinkel über die Erlebnisse in Halle und Brandenburg!

I. Halle

Liebe Mainstage-Leser,

hier kommt nun der erste Teil unseres Tourtagebuches. Es ist der 23. Oktober 2009. Unsere Tour oder besser gesagt unsere kleine vorweihnachtliche Deutschlandreise beginnt. Da wir aber gerne unseren Selbstgeltungsdrang ein wenig zurückstellen, möchten wir zunächst auf die wirklich wichtigen Ereignisse, die dieses heutige Datum in sich birgt, aufmerksam machen.
Heute ist der 69. Geburtstag von Fußballlegende Pelé, der eigentlich Edson Arantes do Nascimento heißt, der 50. Geburtstag von Entertainer Weird Al Yankovic, der eigentlich Alfred Matthew Yankovic heißt, der 45. Geburtstag von Metallica-Bassist Robert Trujillo, der eigentlich Robert Agustín Miguel Santiago Samuel Trujillo Veracruz heißt, der 40. Geburtstag von Pornodarstellerin Dolly Buster, die eigentlich Nora Baumberger heißt, der 30. Geburtstag von Rapper Prinz Pi, der eigentlich Friedrich Kautz heißt, und zu guter letzt – jedoch nicht ganz so feierlich – der 9. Todestag vom Wrestler Yokozuna, der eigentlich Rodney Agatupu Anoa’i hieß.
Aber nun zu uns. Zu der Kapelle Miyagi, die beim Finanzamt den Namen Schinkel, Prescher, Matysick, Macke und Bowinkelmann GbR trägt. Am heutigen Tag beginnt unsere Tour in Halle an der Saale. Halle wurde das erste Mal im Jahre 806 im Chronicon Moissiacence schriftlich mit dem Namen Halla erwähnt. Soviel also vorerst zu der Frage Wer heißt eigentlich wie?
In Halle angekommen steht jedenfalls Halle (Saale) auf dem Ortseingangsschild. Glaubt es mir. Wenn ihr das nachgooglen wollt, findet ihr ohnehin nur freizügige Bikini-Bilder von Halle Berry – und die hat nichts damit zutun, auch wenn sie mit Vornamen genauso heißt wie die „Diva in grau“, wie Halle vor der Wende und auch heute noch liebevoll im lokalen Veranstaltungsmagazin genannt wird. Vernachlässigt aber stolz. Im Krieg unzerstört und trotzdem kaputt. Vom Image einer ausgelaugten Chemiearbeiterstadt ist jedoch vor Ort nichts zu sehen.
Um die gesichtslosen Plattenbauten führt uns das Navigationsgerät wohlwollend herum und leitet uns direkt zum zwischen Altstadt und Saale gelegenen Objekt 5. Dort angekommen, stellen wir wieder einmal fest, dass wir nicht die einzige Band sind, die sich mit dem Namen Miyagi schmückt. So befindet sich auf den heutigen Tickets nicht etwa ein Bandfoto von uns, sondern ein Bild von einer Amateur-Karaoke-Band gleichen Namens aus Long Beach Kalifornien. Egal, diese Verwechslung sollte nicht die einzige an diesem Wochenende bleiben. Die Zuschauer in Halle wissen jedenfalls, wen sie da vor sich haben, und auch wenn wir keine Karaoke-Band sind, geben sie mächtig Gas und singen textsicher mit. Unter ihnen ist auch Andrew Stockdale von Wolfmother. Nee Moment, es ist unser Booker Fabian. Im Großen und Ganzen ist es ein gelungener Tourauftakt. So kann es weitergehen…

Eurer Axel von Miyagi
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II. Brandenburg

…und so geht es auch weiter. Am nächsten Tag stellen wir fest, dass Brandenburg nicht nur ein Bundesland ist, sondern auch eine Stadt an der Havel und der Geburtsort von Loriot und Mehmed Ali Pascha, die beide auch nicht so heißen, wie sie sich nennen, beziehungsweise nannten. Letzteren müsst ihr unbedingt nachgoogeln! Ein unglaubliche Lebensgeschichte, die es in sich hat…
miyagi-brandenburg1Da wir gut fünf Stunden zu früh in Brandenburg sind, verbringen wir einige Zeit in einem Café namens Herzschlag in der Altstadt: elegant eingerichtet, mit Tittenbildern an den Wänden, an der Bar kann man hauseigene Stringtangas kaufen, die Toilette nennt man hier Pipi-Lounge und eine Wendeltreppe führt uns hinauf in den Raucherbereich, wo wir es uns auf den schwarzen Ledergarnituren gemütlich machen. Stefan schläft vor seiner heißen Schokolade ein, wir anderen vier kniffeln bei Kaffee und Croissants und lesen in der lokalen Tageszeitung, dass nicht nur wir heute im Haus der Offiziere auftreten. In der Märkischen Allgemeinen heißt es: Wolfmother feiern ihre neue CD „Cosmic Egg“ mit einer Record-Release-Party in Brandenburg. […] Am heutigen Sonnabend live in Brandenburg/Havel.
Uns ist klar, dass es sich heute Abend um eine von Radio Fritz veranstaltete Record-Release-Party handelt, aber uns ist auch klar, dass Wolfmother dort nicht auftreten werden. Wir hoffen nur, dass die Zuschauer das auch wissen oder zumindest wohlwollend auf uns reagieren, wenn sie eigentlich die Band um den australischen Lockenkopf Andrew Stockdale erwarten.
Um 16 Uhr können wir endlich in der Pension einchecken. Alle haben plötzlich das Bedürfnis, sich in den geschmackvoll eingerichteten Zimmern, wie es zumindest in der Pensionsbeschreibung heißt, schlafen zu legen. Ich nicht. Und so mache ich mich auf, um die nähere Umgebung zu besichtigen. Gegenüber vom Haus der Offiziere befindet sich das Campus-Gelände, das ich schnell wieder verlasse, nachdem ich einigen Personen mit Kurzhaarfrisuren und Lonsdale-Jacken begegne.
Mich in der Sicherheit der Hauptstraße wiegend, komme ich an einem Restaurant vorbei, dessen an der Außenwand angebrachte Tafel mit der Speisekarte, die für mich größte Quote an Rechtschreibfehlern aufweist, die ich je zu Gesicht bekam. Also, schnell Handy aus der Tasche und Erinnerungsfoto schießen, denke ich mir, doch in dem Augenblick, als ich dieses Vorhaben in die Tat umsetzen will, kommt der Besitzer des Restaurants aus der Tür: »Ich zeige Sie bei der Polizei an! Sie dürfen hier keine Fotos machen! Vernichten Sie unverzüglich die Fotos! Ich zeige Sie an! Ich rufe die Polizei!« brüllt er mir entgegen. Erschrocken durch sein Auftreten verwackelt das Foto und wird ohnehin unbrauchbar. Ich antworte ihm: »Ja, machen sie das. Tschüss.« Er schreit mir noch irgendwas hinterher, was ich aber nicht mehr verstehe. Ich mache mich auf den Weg zum Haus der Offiziere. Kurz darauf erscheint auch der Rest der Band.
Der Mischer erzählt uns, dass wir um viertel eins auftreten sollen. Wir törichten Westler verstehen natürlich kein Wort und müssen uns dann auch noch anhören, dass wir schließlich seit zwanzig Jahren im Osten zu Gast wären und wir uns damit abfinden müssen, dass es viertel eins heißt und nicht viertel nach zwölf. Alles klar. Wir geben keine Widerworte und gehen pünktlich um viertel eins auf die Bühne. Wir beginnen das Konzert mit den Worten: »Wie ihr seht, sind wir nicht Wolfmother.«
Dem Publikum gefällt es trotzdem und so dürfen wir nach Konzert, Zugabe, Merch-Verkauf und Bühnenabbau noch ein Interview mit einer Praktikantin der lokalen Presse machen. Sie erzählt uns, dass sie eigentlich nur Techno und House hört, es ihr aber trotzdem gefallen hat und sie noch nie eine derartige Performance gesehen hat, bei der der Sänger auf zwei Schlagzeuge steigt, um aus dieser Position auf die Becken zu schlagen. Sie ist überwältigt. Wir sind erfreut.
Nach ein paar Stunden auf den beiden Dancefloors, in denen wir kein einziges Lied von Wolfmother hören, verlassen wir das Haus der Offiziere und begeben uns in die Pension, wo die geschmackvollen Zimmer und eine Salamander-Dokumentation auf N-TV auf uns warten. So kann es weitergehen. Nächstes Wochenende wartet die Geburtsstadt von Profi-Boxer Sebastian Sylvester auf uns. Bis dahin.

Eurer Axel von Miyagi

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Die weiteren Termine der Miyagi Tour gibt es hier.

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