Bereits zum zehnten Mal fand das Melt! Festival vom 15. – 17. Juli in Ferropolis in der Nähe von Dessau statt. Insgesamt 16.000 Besucher feierten ausgelassen und vor allem sehr friedlich zur Melt!-üblichen und wieder einmal feinsten Mischung aus Indie und Elektro. Auch wir waren, wenn auch teilweise durch menschenfeindliche und krankheitserregende Bakterien eingeschränkt, dort. Was es dort zu sehen und erleben gab, haben wir in einem Rückblick für euch zusammengefasst.
Der erste Eindruck:
Dass der erste Eindruck nicht zwangsläufig bestätigt werden muss, zeigte das Melt! bzw. dessen Publikum: Nach der Ankunft am Donnerstagabend wurde der nüchterne und womöglich für die sichere Hin- und Rückfahrt via Automobil zuständige Festivalbesucher von einer exzessiv trinkenden, grölenden und stolpernden Menschenmasse begrüßt. Etwas, das man obgleich der Größe des diesjährigen Publikums nicht erwartet hatte. Doch der seufzende Blick in Richtung der kommenden Festivaltage, der von diesem Moment an von einem Bild geprägt war, das bis zum Umfallen saufende , sich prügelnde und nicht wirklich auf die Musik konzentrierte Wesen zeigte, durfte sich wieder zu einem Lächeln entwickeln. Letztlich erwies sich das Publikum als ein wirklich außerordentlich friedlich feierndes. Sehr schön, das!
Das Gelände:
Was soll man dazu noch sagen? Es ist und bleibt sicherlich auch etwas, womit die PR-Menschen des Festivals jedes Jahr auf ein Neues prahlen: Aber völlig zurecht, ist es doch wahrlich nicht vergleichbar mit anderen hiesigen Festivals. Dabei ist es völlig egal, ob man den Unterschied zwischen einem Eimerkettenschwenkbagger und einem Schaufelradbagger kennt, beeindruckend ist das hier dargebotene Szenario allemal: Riesige Maschinen, die früher als elementare Bestandteile des Braunkohlebergbaus dienten, schick herausgeputzt und durch ausgefallene Dekoration und Bestrahlung nicht mehr allzu industriell wirkend. Und das ist noch nicht einmal alles. Insbesondere für die anwesenden Damen als sehr vorteilhaft zeigen sich die, aufgepasst, in einem echten Gebäude untergebrachten echten Toiletten! Mit Wasserspülung, Klopapier und sogar einer Klobürste. Für die Steigerung des Wohlbefindens sorgten weiterhin ein in einem großen Zelt untergebrachtes Festivalrestaurant und weitere “Fressbuden”, die auch jedem vegetarisch lebenden Menschen etwas boten. Gut, wie man findet.
Die Bands:
Dass es nicht möglich war, sich auch nur annähernd alles anzusehen, was einem auf musikalischer Ebene geboten wurde, lag vor allem daran, dass die Künstler fast durchgehend parallel auf bis zu sechs Bühnen spielten. Das war selbst bei eiligem Hin- und Hergerenne nicht möglich. Schade für all jene, die sich selbst den geneigten Hörern sowohl der Indie- als auch der Elektromusik zuschreiben.
Die Eröffnung des Programms der Hauptbühne übernahm Herr Schulz mitsamt der gesamten Band. Man ist geneigt, es gekonnt routiniert zu nennen, wie hier Entertainment und Livemusik miteinander kombiniert wurden. So gab es neben netten Sprüchen vor allem Stücke der letzten beiden Alben, während die Hits eher ausblieben. Es folgte der Auftritt der gesamten I’m From Barcelona-Bande, der sich zumindest für die, für die es das erste Vergnügen mit dieser sympathischen Runde war, als ein erstes Highlight entpuppte: Ein Sänger, der mit Freude auf die Crowdsurfing-Reise ging; bunte Konfettimengen, die in unregelmäßigen Zeitabständen gen Publikum flogen und vieles mehr. Wem da das Dauergrinsen ausblieb, dem möchte man prinzipiell eher ungern begegnen. Ein schönes, buntes Fest war das! Große Emotionen gab es auf gewohnt extragute Weise von ClickClickDecker und dessen Band, die einen zum Betreten eines großen und multimedial aufgemachten Coca Cola-Zeltes zwang, das man ob der riesigen Massen an Werbung gerne gemieden hätte. Tja. Mit einigen technischen Problemen hatten The Notwist zu kämpfen, was ihren Auftritt jedoch keineswegs schlechter machte. Lediglich das Publikum wollte leider, leider nicht so ganz anspringen und verhielt sich dementsprechend unangemessen und viel zu laut und gesprächig für derart intensive Musik. Schade. Nach einem steil nach vorne strebenden Set von The Thermals wurde zumindest unser Abend von großartiger und intelligenter Hip Hop-Musik aus den Mikros und Turntables der Dendemänner und Dizzee Rascals.
Leider ist es dem hier Schreibenden am Samstag aufgrund von einer ganz abartigen Erkältung und Migräne nicht möglich gewesen, alle spielenden Bands wahrzunehmen.
Und was war NICHT so toll?
Etwas, das man diesem eigentlich so fantastischen Festival leider wirklich rot anstreichen muss, ist die Art, wie es mit Werbung umgeht. An jeder Ecke des Festivals ergab sich anscheinend eine Möglichkeit, Werbung in irgendeiner Art und Weise anzubringen. Spätestens nach einem Tag ging einem das tierisch auf die Nerven. Leider ist dies wohl die einzige Möglichkeit, ein derartig qualitativ hochwertiges Lineup zu dem wirklich akzeptablen Ticketpreis zu ermöglichen.