Back to the roots! Als Nachfolger des viel diskutierten „Garden Ruin“ (2006) folgt jetzt das fünfte Album der Jungs von Calexico „Carried to Dust“. Orientierungslosigkeit wurde der Band zuletzt vorgeworfen, die Neuentwicklung zu klarer arrangierten, fast poppigen Songs stiftete unter den Fans eher Verwirrung als Wohlwollen. Nun kehren sie im wahrsten Sinne des Wortes zurück: vertraute exentrische Klänge, irgendetwas zwischen Folk, Country, Jazz und dem typischem mexikanischem Mariachi. Die Trompeten sind zurück! Scheint als haben Calexico ihre Qualitäten wiedererkannt.
„Carried to Dust“ ist die Erzählung einer Reise. Ein Hollywoodautor macht während eines Drehbuchstreiks einen Road-Trip und findet in einer alten Landkarte, die er in einem Laden im staubigen Süden Kaliforniens kaufte, eine eingezeichnete Route, die ihn an die verschiedensten Orte der Welt mit vielen verschiedenen Menschen und Geschichten führt. Von diesen Begegnungen erzählt Carried to Dust. Natürlich gehören auch die Begegnungen dazu, die Calexico auf ihren zahlreichen Touren durch die Weltgeschichte begeleiteten. Auch entstand so der Name des neuen Album. Durch den Staub davongetragen werden.
Calexico schreiben keine Popsongs. Ihre Texte sind sozialkritisch und beschäftigen sich mit Themen wie der amerikanischen Gesellschaftsstruktion in Zeiten der Regierung unter George W. Bush. Wichtige geografische und politische Punkte, die das Schaffen von Calexico bestimmen, sind die Wüste und vor allem das Grenzland zwischen den Vereinigten Staaten und Mexiko (Calexico ist der Name eines Ortes und eine Verbindung der Worte Kalifornien und Mexiko). Auf Carried to Dust richtet sich der Blick allerdings weniger auf die USA als vielmehr auf die Missstände in der globalisierten Welt. „Victor Jara’s Hands“ zum Beispiel macht den 1973 von der Junta ermordeten chilenischen Musiker zum Thema und überrascht mit einem Hang zum Latin.
Auch sonst darf man sich auf vieles Freuen. So wurden für gar nicht mal wenige Lieder Gastsänger mit ins Boot geholt. Pieta Brown (als Duettpartnerin im einzigen Liebeslied des Albums („Slowness„)), Sam Beam (Iron and Wine), Douglas McCombs (Eleventh Dream Day) und die spanischen Sängerin Amparo Sanchez und ihr Mitstreiter Jairo Zavala untermauern die musikalische Vielfältigkeit der Band, die bis zu Akkordeon und Glockenspiel führt.
Mit flüsternder Stimme, gezupfter Gitarre und Jazzelementen gefällt das atmosphärische „Hole In Your Head“ und das großartige Wüstenrock-Instrumental „Trigger Revisited“. Insgesamt fünfzehn Songs zeigt die Platte auf, auch hörenswert sind Songs wie „Two Silver Trees„, „News about William“ oder oben genanntes „Victor Jara’s Hands„. Wieder im heimischen Studio in Tucson aufgenommen werden sich Calexico bei diesem Album wieder klar ihren Wurzeln bewusst. Ebenso sieht man jedoch auch die Entwicklung, was beispielsweise die Texte angeht.
„Red Blooms“ – ein weiterer Song, der beweist, dass Calexico kreativ immerzu rastlos bleiben. Über trocken rollende Drums und die gespenstischen Arrangements der Band flüstert Burns Stimme eine Geschichte von “ blackened frostbitten nights.. statues cloaked in white… and shadows drinking antifreeze beneath the underpass“ . Natürlich sind die Thematiken von Menschen, die auf der Strecke geblieben sind, von Armut, für Fans der Band keine Neuigkeiten. Der Song jedoch erzählt von einem Ort “ crossed out on city maps“ und irgendwann wird klar, dass sich der Drehbuchautor bis ins weit entfernte Moskau verirrt hat. Es ist nur einer dieser Moment die beweisen, dass Calexico magisch und erfinderisch wie eh und je bleiben.
Und auch wer sich das Album anhört, ohne auf die komplexe Geschichte seiner Texte zu achten, wird garantiert seine Freude an den Arrangements haben. Ein Album, das auf jeden Fall angehört werden sollte.