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Chanson auf Deutsch

Gerade mal zwei Platten hat er am Start, der Junge mit der Gitarre, aber trotzdem hat er schon einen Großteil dessen erlebt, was das Musikbusiness an Erfahrungen bereithält.

Die erste Platte ?Dagegen? entstand bei einem Major-Label, das den Jungen, namentlich Tobias Schacht, mit zwei Videos zu ?Meer sehn? und ?Hallo, worum geht?s, ich bin dagegen? auch ordentlich pushte. Von den Fachjournalisten aus Spex und Intro geschmäht, hatten die Feuilletonisten der Süddeutschen und Frankfurter Allgemeinen Zeitung schnell einen Narren am Jungen und seinen selbstbewussten, frischen Texten gefressen. Die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung nominierte ihn denn auch für den Grand Prix. Tobias nahm die Herausforderung an. Und scheiterte.

Danach wurde es erstmal still. Vielleicht die Ruhe vor dem Sturm. Tobias trennte sich von seiner Plattenfirma, suchte sich eine Band und begann mit den Aufnahmen zu seiner neuen Platte. ?Im Affekt?, so heißt das gute Stück, ist nicht minder genial wie der Erstling. Nur, dass diesmal kein Major pusht. Der Junge spielt in kleinen Klubs vor hundert Leuten. Der Stimmung tut dies keinen Abbruch. Mit großartigen Ansagen zeigt Tobias im Cafe der Münchner Muffathalle echte Entertainer-Qualitäten.

Im Anschluss an zwei Stunden starke Songs und gute Stimmung machen wir es uns im viel zu kleinen Backstageraum ?bequem?. Zeit für ein paar Antworten?

<b>Tobias, wie ist es, nach langen Jahren allein jetzt mit einer Band unterwegs zu sein? </b>
<b>Tobias:</b> Das macht Spaß! Wenn man es jahrelang gewohnt ist, allein auf die Bühne zu gehen, dann ist das schon eine Erleichterung, wenn da jetzt noch zwei Leute mit dir auf der Bühne stehen. Das erleichtert vieles. Ich kann z.B. ganz andere Sachen auf der Gitarre spielen und auch viel mehr solieren, wenn der Bass die Harmonien trägt. Das genieße ich schon. Außerdem: Ich bin jetzt fast dreißig – wenn ich noch mal rocken will, dann doch bitte jetzt!

<b>War nach deiner Grand-Prix-Teilnahme im letzten Jahr deine Karriere in Gefahr? </b>
<b>Tobias:</b> Was heißt Karriere? Ich mache Musik nicht, weil ich Karriere machen will. Die Frage war halt, ob es das letzte sein sollte, was ich mache, oder ob ich doch noch mal was anderes mache und das letzte Wort habe. Natürlich war die Sache in Gefahr, aber es war bald klar, dass ich noch ne neue Platte machen will. Und dann hab ich mich eben von meinem Management getrennt, mein Umfeld gewechselt, mich komplett neu aufgestellt und ein neues Album geschrieben, produziert und aufgenommen.

<b>Die neue Platte ?Im Affekt? ist deutlich vielseitiger geworden als die letzte. Hängt das auch mit der Band zusammen? </b>
<b>Tobias:</b> Ja. Es macht Spaß, wenn man andere Leute dabei hat, die einen auch inspirieren und andere Ideen einbringen. Wir sind ja auch miteinander befreundet und keine Zweckgemeinschaft. Eine richtige Band halt. Die Songs sind aber nach wie vor alle auf der Akustikgitarre entstanden. Ich könnte sie in anderen Versionen auch durchaus wieder allein spielen, was ich bei den Konzerten ja teilweise auch tue.

<b>Deine Musik ging früher mehr in Richtung Liedermachen. Warum ist das auf der neuen Platte zurückgegangen? </b>
<b>Tobias:</b> Die Frage ist: Was ist ein Liedermacher? Rammstein schreiben auch Lieder. Das, was ich mache, kann man vielleicht als Chanson bezeichnen. Wenn sich die Musik an den Text anlehnt. Bei mir ist es oft so, dass ich eine Textidee habe und dann überlege, welche Musik da am besten zu passt. Dass ich also nicht nur Punkrock mache und dazu trotzdem über verschiedene Themen singe. Das ist für mich Liedermachen. Text und Musik so nah wie möglich zusammen zu bringen. Und das hat sich bei mir eigentlich nicht viel geändert.

<b>Wo würdest du dich in der deutschen Musiklandschaft mit all den Hamburger, Berliner und Münchner Bands einordnen? </b>
<b>Tobias:</b> Das ist mir egal. Diese Begrenzungen habe ich mir abgewöhnt. Wenn mich jemand nach meiner Stilistik fragt, dann sage ich, dass ich der Junge mit der Gitarre bin. Und wenn ich ein Jazz-Album machen will, dann mache ich ein Jazz-Album!

<b>Dein Auftreten ist nicht mehr so brav wie bei deiner ersten Platte ?Dagegen?. Ist das jetzt Zufall oder gewollt? </b>
<b>Tobias:</b> Das ist kein Zufall. Bei der ersten Platte wurde mein Image vom Label gestaltet, und bei der zweiten Platte hab ich mein Image selbst gestaltet. Das ist der einzige Unterschied.

<b>Die meisten Reaktionen auf deine Musik sind entweder ?richtig geil? oder ?richtig scheiße?, dazwischen gibt es kaum etwas. Warum? </b>
<b>Tobias:</b> Das ist die Grenze in den Köpfen der Leute. Das ist nicht mein Problem, ich habe diese Grenze nicht. Es gibt an jeder Musik gute und schlechte Seiten. Das sind die Leute, die eben nur ?gut? oder ?scheiße? kennen. Es gibt aber nicht immer nur Gut und Schlecht.

<b>Liegt es vielleicht auch an den selbstbewussten Texten? </b>
<b>Tobias:</b> Das liegt eher daran, ob man es zu einer Szene zuordnen kann, oder nicht. Alle, die Wir Sind Helden geil finden, finden auch Virginia Express und Angelika Jetzt geil, und das ist mir egal. Ich bin ein Einzelgängertyp, dem die eigene Welt genügt.

<b>Bist du mit der Tour bisher zufrieden? </b>
<b>Tobias:</b> Nein. Ich bin nicht zufrieden. Natürlich nicht. Da draußen stehen achtzig Leute, von denen 25 auch noch auf der Gästeliste stehen. Es will halt keiner, weil es eben nicht diese Szene hat. Entweder man ist Nazi oder Punk. Und ich bin halt weder noch.

Tobias wirkt enttäuscht von diesem Abend in München. Obwohl er nur wenige Minuten zuvor ein wahrhaft großartiges Konzert hingelegt hat. Zwei Stunden lang gute Laune, witzige Ansagen und Spielfreude pur. Keiner, der nicht glücklich und gut gelaunt den Heimweg angetreten hätte. Tobias ist trotzdem enttäuscht. Hundert Zuschauer sind zum Leben zu wenig und zum Sterben zu viel. Die Tour ist finanziell ?ein Desaster?, wie Tobias noch auf der Bühne zugibt. Mit einem Grinsen, von dem Backstage allerdings nicht mehr viel übrig ist. Ärger über Musikmagazine, die ihn nicht oder kaum würdigen. Focus, Spiegel, Süddeutsche und FAZ ? sie alle sind von seiner Qualität überzeugt. Die für den Erfolg wichtigen Musikexpress, Intro und Spex lassen ihn jedoch links liegen. ?Der Junge mit der Gitarre ist verbrannte Erde hier in Deutschland?, wirkt Tobias fast schon ein bisschen verzweifelt. ?Da draußen standen heute achtzig Leute. Klar, denen hat es super gefallen. Aber wenn da 1000 Leute gestanden hätten, dann hätte es den 1000 gefallen?, sagt er trotzig. Damit hat er Recht. Vielleicht ist Tobias ? fast 30 hin oder her ? aber auch einfach nur ein bisschen zu ungeduldig. Die achtzig, die da waren, sind nämlich glücklich nach Hause gegangen. Und das wird sich rumsprechen?

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