Pole* spielen New School Hardcore, wie er Anfang der 90er angesagt war. Nach einigen Jahren haben sie sich aufgelöst, doch jetzt geben sie wieder Vollgas und zeigen sich unbeeindruckt von momentanen Trends. Pole* sind eine der letzten deutschen Bands, die diese Art von Hardcore spielen und definitiv eine der Besten. Live geht die Band gut ab und auf der neuen CD gibt es die Power zu spüren, die Hardcore ausmacht. <BR>Ich habe mich mit drei von fünf Bandmitgliedern über Hardcore, Straight Edge, Sell Out und Musik im allgemeinen unterhalten.
<b> Anlässlich des Boy Sets Fire Konzerts in Kassel (siehe auch live-review) interviewte ich die deutsche Support Band Pole* vor ihrem Auftritt. Die Jungs waren sehr sympathisch und haben auf alle Fragen relativ ausführlich geantwortet. </b> <BR> <BR> <BR>
<b> Am besten stellt ihr euch selber erst mal vor. </b> <BR>
Karsten: Ja ich bin der Karsten und singe bei pole*.<BR>
Martin: Martin, Gitarre <BR>
Dennis: Ich bin Dennis und spiel auch Gitarre. <BR><BR>
<b> Soweit ich weiß wurden POLE* 1995 gegründet. Wer ist von Anfang an noch dabei und wer ist neu im Team? </b> <BR>
Karsten: Ja 1995 stimmt. Von Anfang an dabei sind Patrick am Schlagzeug, der Dennis und Ich. Neu dabei ist der Kromer am Bass als Ersatz für den Thorsten und der Martin an der Gitarre. <BR><BR>
<b>Spielt ihr die komplette Boy Sets Fire Tour als Support, oder nur in Kassel? Wie findet ihr die Musik der Band? Es ist ja nun nicht ganz dieselbe, wie ihr sie spielt, nur der Background ist der selbe. </b> <BR>
Karsten: Wir spielen nur hier in Kassel. <BR>
Dennis: Die Musik von ?Boy Sets Fire? ist ziemlich abwechslungsreich. Die Neue Platte ist, naja mehr so n bißchen, sagen wir, weniger gut. Die Vorletzte war schon ein Knaller. Die war halt super abwechslungsreich, zum Beispiel gleich der Opener mit so einem Hammer. <BR>
Karsten: Ich find es halt irgendwie auch abwechslungsreich. Mit so vielen verschiedenen Stilrichtungen, das ist schon relativ mutig irgendwo. <BR><BR>
<b>Was haltet ihr von dem Wechsel (von BSF) zum Major-Label? Bzw. wenn ihr sagt, dass die neue Platte nicht so gut ist, denkt ihr, dass da Kompromisse waren, die eingegangen werden mussten? </b> <BR>
Karsten: Ich hab die neue Platte noch nicht gehört. <BR>
Dennis: Ich denk ein Major ist immer ne Veränderung, wer würde die Chance nicht nutzen!? <BR>
Martin: Ich denk den Schritt muss man dann auch gehen, was passiert sonst? Irgendwann will man ja auch mal von der Musik leben. <BR>
Karsten: Ja genau. Gerade wenn du davon leben willst und es ein Job für dich ist, musst du ja auch für deine Existenz sorgen. Wenn du so ein Angebot kriegst stellt sich aber immer auch die Frage, was mit deinen Idealen passiert. Gerade so in der Hardcore Szene. Verkaufst du die Ideale und musst Kompromisse machen ist schon nicht ganz unproblematisch, die ganze Major Geschichte. Ich mach die Musik halt auch einfach, weil es mir Bock macht. Wenn ich Tanzmusik machen würde, dann würde ich mit Sicherheit auch mehr Kohle verdienen. Es hat halt seinen Grund, warum ich das nicht mache. Von daher stellt sich einem dann die Frage, was unterschreibt man da bei einem Major. Und ich hätte auch keinen Bock drauf, meine Identität zu verkaufen. <BR>
Bei Victory Records haben die auch eine Super Adresse gehabt, so von den Verkaufszahlen und der Promotion her. Da hab ich aber zu wenig Einblick in die Internen Sachen. Von Aussen ist es immer leicht zusagen, dass ein Major-Label Verrat an der Szene ist. <BR>
Aber ich sag mal, wenn man wirklich Kohle macht, und das machen die Jungs unterm Strich bestimmt, die verdienen mit Sicherheit alle ein Stück weit ihre Kohle, dann sind die drauf angewiesen, dass das Ding sich verkauft und da stellt sich wieder die Frage, was für einen Kontrakt die da unterschrieben haben und was die Konditionen sind. <BR><BR>
<b> Es stellt sich einem ja auch die Frage, in wie weit sich Hardcore mit einem Label wie Sony, die Panzer und Rüstungsgüter unter anderem Namen herstellen, verbinden lässt. Gerade bei politischen Texten. </b> <BR>
Karsten: Absolut. Genau da stellt sich halt wieder die Frage, was mit deiner Identität passiert. Da kann es leicht zur Farce werden, gerade wenn du politische Texte hast. Das kommt mir immer etwas schizophren vor. Ob die Amis das aber immer so klar trennen und ob die das so reflektieren das lass ich mal so dahingestellt, das sehe ich eher kritisch. Das ist halt jedem seine eigene Entscheidung, das ist halt Schwierig. <BR><BR>
<b> Mitte bis Ende der 90er wart ihr ja relativ populär innerhalb der Hardcore Szene. Ihr habt immerhin mit Bands wie Earth Crisis, Snapcase, Grade und Chokehold gespielt. Und eine komplette Schwedentour als Support von Refused. Welche Erfahrungen habt ihr auf diesen Konzerten gesammelt, und wie was sind die Unterschiede zu heutigen Hardcore Shows? </b> <BR>
Dennis: Also ich denke, dass wir es früher viel leichter hatten, denn unsere Musik, das NewSchool Hardcore Ding, angesagt war. Heutzutage spielt jede Band eigentlich nur noch Metal das ist grad super ?in?. Und deswegen ist es schon ein Unterschied hier wieder Fuss zu fassen, denn die Musikszene hat sich total verändert. Wir spielen halt die Musik von früher, was ja nichts schlechtes ist. <BR><BR>
<b>Da gibt?s dann aber vielleicht nicht mehr so viel Konkurrenz, falls man innerhalb der Hardcore Szene von Konkurrenz sprechen kann, oder? </b> <BR>
Karsten: Das ist richtig. Ich könnte es mir aber nicht vorstellen jetzt, wo Metal angesagt ist, in diese Richtung zu gehen. Da geht?s halt wieder um die Identität. In der Szene gibt es eh immer wieder Veränderungen, Old School, New School und dann halt das Metal Ding. Wir sind unserer Sache halt treu geblieben, das war uns wichtig. <BR>
Und wegen der Veränderung noch mal. Früher haben wir halt viel mehr Kontakte gehabt, viel mehr Konzerte gespielt und dadurch Leute kennen gelernt. Alte Leute gehen dann weg und neue Leute kommen, und die kennen wir jetzt halt nicht mehr. Das ist halt so mit der Veränderung in der Szene. Die Credits von früher sind ziemlich aufgebraucht. Wir müssen uns halt viel wieder erarbeiten. <BR>
Und wenn uns dann halt keiner mehr hören will, dann müssen wir uns Gedanken machen und dann einen Strich ziehen und aufhören. <BR><BR>
<b> Nach dieser Hochphase ist es ab Ende der 90er ziemlich ruhig um POLE* geworden. Ihr hattet euch aufgelöst. Wie kam es dazu? </b> <BR>
Dennis: Ein Grund war ich. Ich bin ein halbes Jahr nach Süd-Amerika gegangen, weil mir da sehr wichtig war und ich nichts zu tun gehabt hab. Und in dieser Zeit ist auch unser Basser, der Thorsten ausgestiegen, weil er nach Berlin gezogen ist und somit hat er auch viel von den Kontakten und so mitgenommen, Thorsten hat das komplette Management der Band gemacht. <BR>
Karsten: Es war sehr schwierig einen Ersatz für den Thorsten zu finden, das muss man ganz ehrlich sagen. Wir haben immer mal wieder Aushilfsleute gehabt, die ein paar Konzerte dann mitgespielt haben. Das war schon ein starker Verlust. <BR>
Da kamen dann verschiedene Faktoren zusammen, wir haben uns alle sehr ausgebrannt gefühlt. Dann waren wir so ehrlich und haben gesagt, dass es keinen Sinn mehr macht. <BR> <BR>
<b> Vor eurem Split wart ihr als Straight Edge Band bekannt. Seid ihr alle noch Straight Edge? Wenn nein, warum? </b> <BR>
Karsten: Ja das war unser Label damals. Das kann man schon so sagen. <BR>
Dennis: Der ein oder andere ist noch Straight Edge, aber … <BR>
Martin: NEIN, es ist keiner. Die Sache ist für uns eigentlich gegessen. <BR>
Dennis: Wir wollen nicht wieder so stark in diese Szene rein, wie es jetzt die ganzen Metal Dinger machen, so Vegan SxE Hardcore. Sondern einfach nach der Musik betitelt werden. <BR>
Karsten: Es wäre auch nicht mehr authentisch. Das Straight Edge Ding war damals. Da war es authentisch. Es war mit die Motivation auch von den Texten her. Aus dieser Ecke komme ich halt. Youth of Today, Minor Thread und so, das war mein Label. <BR>
Mittlerweile ist es so, das ich mein Leben in gewisser Weise Straight lebe, aber das nicht als Straight Edge bezeichne. So mit 17, 18 war das so ein Szene Ding, das war unsere Identität. Jetzt sind wir halt viel toleranter. Der ein oder andere ist dann mal wieder SxE für ein viertel Jahr oder so, und dann trinkt er mal wieder was. Und dann kommt man Erklärungsnöte. <BR>
Ich finde es nach wie vor eine gute Geschichte, mit einem klaren Kopf durch die Gegend zu gehen, und eine Orientierung zu haben. <BR>
Viele Leute von früher haben auch so eine Entwicklung durchgemacht und sind jetzt nicht mehr SxE. <BR><BR>
<b> Kennen die Leute euch noch, oder habt ihr das Gefühl, dass ihr wieder komplett von vorne beginnen müsst und alles wieder erarbeitet werden muss? </b><BR>
Karsten: Die Hauptkontakte von früher sind weg. Es ist praktisch wie eine neue Band zu starten. Nur wenige kennen uns noch von früher. <BR><BR>
<b>Ihr seid momentan ja bei Circulation Records unter Vertrag. Wie kam es dazu? Hattet ihr auch Angebote von ?größeren? Indie Labels oder gar einem Major? </b> <BR>
Karsten: Wir haben Promo-mässig was aufgenommen und dann haben wir geguckt was unsere Wunschlabels sind, und welche wir noch von früher kennen. Dann haben wir das verschickt. Es kam aber eine eher dünne Rückmeldung. Manche haben dann zwar gesagt, dass sie was mit uns machen wollen aber erst in einem guten halben Jahr oder so. Und das war uns dann einfach zu spät, weil wir gleich los wollten. Dann haben wir den Kreis erweitert. Zwei, Drei Labels, unter anderem auch Circulation, haben dann Interesse bekundet. Und da war uns der Johannes (Labelchef) dann am sympathischsten, nachdem wir mit ihm telefoniert haben und uns mit ihm getroffen haben. <BR>
Dennis: Naja und mit den Majors war das eher so ein Spass, um zu schauen, was sie zurückschreiben. Roadrunner hat geschrieben, dass sie momentan eher eine Rock?n?Roll Band suchen (Dennis lacht). <BR>
Karsten: Einige Szene Labels haben sich aber gar nicht gemeldet. Roadrunner hat sogar die Promo wieder zurückgeschickt und eine langen Brief geschrieben. Das war irgendwie schon eigenartig, das hätte ich auch nicht gedacht. <BR><BR>
<b> Momentan ist New School Hardcore im Stil der frühen 90er ja nicht so angesagt wie Emo oder Metalcore. Ihr seid euerm Stil, soweit ich das beurteilen kann, treu geblieben. Habt ihr nicht mal damit geliebäugelt einen soften Emo Part oder einen Metalpart einzustreuen, um nicht als konservativ zu gelten bzw. der Stagnation bezichtigt zu werden? </b> <BR>
Karsten: Ein bisschen Metalgitarren und so haben wir schon dabei. Der Dennis und der Patrick kommen ja auch aus dem Death Metal Bereich. Das ist aber definitiv nicht unsere Hauptströmung. Emo Parts waren früher ja auch schon einige drin, sogar mehr als heute. Wir machen das aber nicht, weil es angesagt ist. <BR>
Der Ansatz ist ein anderer. Ich höre in mich rein und mache, worauf ich Lust habe.
Prinzipiell würde ich sagen, machen wir einfach harte Musik. Wir wollen nicht beschränkt werden. Die Einflüsse kommen aber definitiv von den alten SxE Bands. <BR><BR>
<b> Könnt ihr von den Verkäufen leben, oder habt ihr noch eure Jobs? </b> <BR>
Dennis: Die Reviews waren bislang ganz gut. Von den Verkäufen wissen wir noch nichts genaues. <BR>
Karsten: Wir haben alle unsere Jobs. Von der Musik leben zu können ist ein Traum, der sehr weit entfernt und fast nicht erreichbar ist. <BR><BR>
<b> In welche Richtung, denkt ihr, wird sich die Hardcore Szene in der Zukunft entwickeln? </b> <BR>
Dennis: es wäre schön, wenn es mal wieder eine richtige Szene geben würde. Momentan geht es eher darum, wer das coolste Unterarm Tattoo hat und wer die besten Klamotten anhat. Es hat sich alles etwas verlaufen, es gibt nur noch wenige, die mal was auf die Beine stellen. <BR>
Die Szene kann ruhig groß sein, aber der Zusammenhalt muss da sein, sonst geht es nicht. <BR>
Karsten: Leider benutzen einige die Szene um sich zu präsentieren, so mit den Piercings und Tattoos. Es gibt aber auch einige Leute, die wirklich was für die Hardcore Szene tun. Das sind aber meist nicht die Leute, die am lautesten Brüllen, sondern die, die anpacken und sich nicht präsentieren wollen. <BR><BR>
<b> Was sind eure Pläne für die Zukunft? Eine Clubtour? Support Shows? Neue Veröffentlichungen? </b> <BR>
Karsten: Bislang ist noch nichts geplant, weil der Dennis Prüfungsbedingt nicht so viel Zeit hatte. <BR>
Dennis: Johannes strebt noch die USA Geschichte an, da wird es dann eventuell auch unsere Platte geben. Da steht aber auch noch nichts konkretes fest. <BR> <BR>
<b> Vielen Dank für das Interview. </b>