Startseite » A Summer’s Tale-Festival | 01.- 04.08.2019 | Luhmühlen

A Summer´s Tale Festival, Foto: Alex David

A Summer’s Tale-Festival | 01.- 04.08.2019 | Luhmühlen

Anfang August fand nun schon zum fünften Mal das A Summer’s Tale Festival statt. Da der Besuch, so wie auch beim Kosmonaut-Festival, für uns eine Premiere war,vorab ein paar Worte zur Logistik. Das Festival findet vor den Toren von Lüneburg statt. Es gibt einen Shuttle-Bus vom Bahnhof Lüneburg, der leider viel zu selten fährt, mitunter stundenweise gar nicht. So ist man in dieser Zeit aufs Auto oder Taxis angewiesen. Das stellt, insbesondere für das jüngere Publikum, wirklich ein Hindernis dar. Das Gelände des Summer’s Tale Festivals ist weitläufig und ein guter Mix aus freien Flächen vor der Bühne und schattigen Plätzen im Wald. Das lilafarbene Heidekraut säumt idyllisch die Wege, die Zeltplätze sind äußerst komfortabel, sauber, dass Publikum gutbürgerlich und gebildet. Im Programm findet man Weinverkostungen, Strickworkshops, Kunstausstellungen, Lesungen, das Kneipenquiz, ein vielfältiges Kinderprogramm, Yoga… kurz ein Paradies für alle Ü30. Gegen Abend wird es dann so märchenhaft, wie der Name es suggeriert. Hunderte von bunten Lampions beleuchten Wege und Plätze, das warme Licht der Buden mit Handwerkskunst lockt zum Bummeln und Stöbern ein. Das gastronomische Angebot ist exzellent, für Kinder gibt es Portionen zum halben Preis. Auch das musikalische Programm ist sorgsam ausgewählt, von der Multi-Instrumentalistin Trixie Whitley, dem ruhigen, besinnlichen Singer/Songwriter Tom Klose oder dem mit  Akustik-Gitarren verzaubernden Meadow, bis hin zu Headlinern wie Elbow, Suede und Maximo Park.

Hier kommen meine ganz persönlichen Highlights:

Am frühen Samstagabend spielt Faber auf der großen Konzertbühne. Die ersten drei Reihen vor der Bühne sind mit Fans belagert, die bereits ungeduldig ihre Zehen in den feinen Sand graben. Viele der Besucher kennen ihn allerdings noch gar nicht, der Altersdurchschnitt ist zu hoch und wird nur durch die mitgebrachten Kinder gedrückt. Aber die Leute sind neugierig und offen. Fabers Lieder, getränkt mit gefühlsintensiven Melodien aus Folk, Chanson und Indie-und Balkanpop, finden bei jedem, der schon mal eine Nadel auf eine Schallplatte gesetzt hat, schnell Resonanz. Und das sind hier viele!

Hinzu kommen Fabers Texte, die außergewöhnlich präzise und nie banal sind. Er wirft wie kein anderer deutschsprachiger Künstler ein Spotlight in die Abgründe unserer Gesellschaft, die in Wohlstand und Ignoranz zu ertrinken droht und den Rest der Welt mitreißt. Er schafft es, dass die Leute zuhören. Und so stehen sie hier- aufmerksam, zweifelnd, berührt und vielleicht auch ertappt. Seine Bühnenansagen sind zurückhaltend. Er ist beeindruckt von der besonderen Aufmerksamkeit des Publikums. Nur einmal entdeckt er das Team von Viva Con Aqua mit ihren Fähnchen und „Hugs for Cups“-Schildern im Publikum und empfiehlt sogleich, seinen Becherpfand dort zu spenden, man bekomme ja auch eine Umarmung dafür. Jemand ruft hoffnungsvoll: “Von dir?“ und Faber kann sich ein amüsiertes Lachen nicht verkneifen. Mit Liedern, die das Tempo anziehen und den Beat in die Hüften katapultiert, bringt er und seine Band die Leute bis ihn die letzten Reihen zum Tanzen.

Ernst wird es dann wieder am Schluss. Zur zweiten Zugabe kommt Faber allein mit seiner Gitarre auf die Bühne. Er spielt „Das Boot ist voll“, die erste Single seines neuen Albums (VÖ 01.11.). Darin thematisiert er die bedrohlichen Tendenzen unserer Zeit und die fehlende Solidarität mit Menschen, die um ihr Überleben kämpfen. Er singt es mit neuen Refrain, was den Leuten egal ist, denn sie kennen die frühere Version nicht. Sie verstehen sein Anliegen und sind berührt. Die Festivalgänger, die Faber hier zum ersten Mal gesehen haben, werden ihn so schnell nicht vergessen.

Faber, Foto: Alex David

Auf der kleineren Waldbühne, da wo die Bäume so dicht stehen, dass man Hängematte und Lampion-Ketten dazwischen spannen kann spielt Mine. Die Leute breiten Decken unter den Baumwipfeln aus, doch es wird innerhalb kürzester Zeit so voll, dass man dann doch stehen muss. Mine ist trotz stetig wachsender Fangemeinde immer noch so etwas wie ein Geheim-Tipp. Als sie das Publikum fragt, wer keine Ahnung hat, wer sie ist, heben fast die Hälfte die Hände.“Dann muss ich mich heute wohl besonders anstrengen!“ meint sie vergnügt. Ihre Songs sind oft autobiographisch und sehr persönlich. Sie teilt Erfahrungen und erzählt, wie nützlich es ist mit anderen Leuten über Gedanken und Eigenschaften zu reden, die einen anhaften wie Klebstoff (das ist auch der Titel ihres aktuellen Albums) und die man loswerden möchte, weil man es doch eigentlich besser weiß. Obwohl die Lieder einen oft melancholischen Klang haben, ist Mine eine ganz lebenslustige Frau, die das Publikum gut unterhalten kann. So spielt sie als Ankündigung zu den Songs immer wieder  Aufnahmen vor, wie sie als kleines Mädchen die ersten musikalischen Versuche gestartet hat und dann eine kindliche Stimmein so etwas sagt wie: “Jetzt kommen zwei neue Lieder. Die hab ich ganz alleine auswendig gelernt!“ Ein paar Lieder sind seitdem wohl hinzugekommen. Schön, dass sie ihre kindliche Begeisterung für die Musik nicht verloren hat.

 

Ein wenig neugierig war ich auch auf Dermot Kennedy, war doch das Summer´s Tale das einzige Festival, dass er in Deutschland überhaupt spielen sollte. Kurzfristig kam es zu einer Absage und nichts war näherliegender, als sich in der Umgebung nach einen Ersatz umzuschauen. Bekanntlich ist Hamburg nicht weit, da müssen Kettcar praktisch nur aus der Koje fallen und schon sind sie zum wiederholtem Male auf dem Summer’s Tale. So ist das Konzert am Freitagnachmittag ein Heimspiel und sehr gut besucht. Und obwohl ich mit den neuen Sachen nicht ganz so viel anfangen kann, ist es doch schön mal wieder vertraute Gesichter zu sehen. Songs wie „Landungsbrücken raus“ lassen Bilder von flirrenden Rücklichtern im Regen von Hamburg aufleuchten und sind nach wie vor großartig anzuhören und mitzuwippen. Wenn sich bei „Der Tag wird kommen“, dem Song gegen Homophobie im Fußball, Hunderte Hände in die Luft strecken und mitgehen, ist das genauso beeindruckend anzusehen, wie die Sonne, die dem Abend ihren romantischen Flow mit auf die Reise gibt.

A Summer’s Tale Festival am Abend, Foto: Alex David

Über einen Künstler, abseits der Musik, habe ich mich beim Durchblättern des Programmheftes besonders gefreut, obwohl er nichts anderes macht, als Strichmännchen zu malen. Unglaublich, aber wahr: Krieg und Freitag war da! Seine Zeichnungen sind so berührend und wahr, dass sie mittlerweile nicht nur meinen Alltag erhellen, sondern auch den von Zehntausenden anderen Comiclesern. Völlig zurecht hat er dieses Jahr den Grimme-Preis in der Kategorie Kunst und Unterhaltung gewonnen- nicht zuletzt durch die Unterstützung seiner dankbaren Fans. Hier beim Festival gibt so etwas wie eine Comic-Lesung, die erstaunlich gut funktioniert, da seine Zeichnungen an eine Leinwand neben der Bühne projiziert werden. Großartig!

Mehr Infos zu allen Künstlern und zum Festival bekommt ihr hier: A Summer’s Tale Festival

Und natürlich kommt jetzt am Ende noch ein paar bewegte Bilder:

Wir freuen uns über deinen Kommentar: