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Days In Grief: auf dem Weg nach ganz oben

Schon mit ihrem letzten Album „Portraits of Beauty“ spielte die junge Kölner Band ganz ganz großes Tennis im Punktspiel Emo gegen Metal gegen Punkrock gegen Hardcore. Das neue Werk „Behind the Curtain of a modern Tomorrow“ setzt noch einen drauf, wirkt reifer und ausgefeilter. Wir sprachen mit den Jungs über das neue Album, den Wechsel zu Eat The Beat Music, Musik und nicht zuletzt auch über Politik.

Es ist erst ein Jahr vergangen seit ihr euer Debüt Album rausgebracht habt, nun folgt schon euer Zweitling „behind the curtain of a modern tomorrow“, was ja durchaus nicht selbstverständlich ist, in einer Szene in der man auch gerne mal zwei oder drei Jahre auf neuen Output einer Band wartet. Wann habt ihr damit begonnen neue Songs zu schreiben und wann wurden sie aufgenommen?
Flo:Da sich das Erscheinungsdatum von ?Portrait Of Beauty? durch den Wechsel von Poisonfree Records zu Eat The Beat Music um einiges verzögert hatte, hatten wir mehr zeit zum Songwriting als es den Anschein macht. So hatten wir zum Release schon drei oder vier neue Songs stehen. Bis Februar 2005 haben wir dann noch fleißig weitergeschrieben.
Direkt darauf folgte schließlich die Pre-Production und im März gings dann ins Studio.

Wie habt ihr im Studio gearbeitet, waren alle Songs schon vor den Aufnahmen komplett fertig geschrieben und arrangiert oder habt ihr noch viel nachträglich mit eurem Produzenten Siggi Bemm daran gefeilt?
Flo:Alle Songs standen eigentlich. Siggi hat uns einfach noch ein bischen beim Fein-Tuning geholfen. Wenn er noch ne Idee zu nem Stück hatte, wurde sie ausprobiert. Ein paar davon haben wir dann auch umgesetzt, andere aber wieder verworfen.

Die Vocal-Production und zusätzliche Vocals wurden von Jeff Collier übernommen. Wie seid ihr auf ihn gekommen und warum habt ihr euch entschieden mit einem Vocal-Coach zu arbeiten und ihn dann auch Teile der Songs einsingen zu lassen?
Blaschke: Uns war klar dass wir, da wir zwei Sänger mit sehr unterschiedlichen Stimmen haben, beim Gesang noch einiges raus holen konnten. Jeff wurde uns von unseren Verlag Radar empfohlen. Er ist ?native speaker? wie man so schön sagt, und konnte uns auch bei kleinen grammatikalischen Fehlern und Aussprache aus der Patsche helfen. Zudem hat er viel Erfahrung mit Gesangsaufnahmen, ist selber Sänger und war sehr engagiert, auch was die Arrangements der Instrumente angeht. Die Parts die er eingesungen hat sind dritte Stimmen in 3 Songs, die eher daraus entstanden sind, dass er eine Idee hatte um die Stellen noch fülliger zu machen und uns gefragt hat ob er da mal was ausprobieren könnte. Wir haben dann beim Mix alle Parts von ihm drin gelassen, weil sie einfach gut waren.

Die Songtitel sind teilweise sehr politisch anmutend, ich vermute mal, ohne die Texte zu kennen, dass diese auch, zumindest in Teilen, politisch ausgefallen sind. Warum habt ihr das „heiße Eisen“ Politik angepackt, immerhin ist man dadurch leichter angreifbar, weil so etwas sehr schnell plakativ oder auch naiv klingen kann? Was steht hinter Titeln wie „Unite – Oppose – Create“, „Political Correctness“, „Economy Tyranny“ oder auch „Jihad“?
Jörg: Als naiv oder plakativ lassen sich politische Aussagen wohl nur bezeichnen, wenn sie auf plumper Meinungsmache, Polemik und Populismus basieren. Jede andere Auseinandersetzung mit politischem Gedankengut ist unserer Meinung nach immer sinnvoll und konstruktiv. Auch wenn es hier und da Menschen gibt, die glauben, dass eine politische Meinung nur in einer wissenschaftlich dogmatischen Form einen Wesensgehalt habe, missachten diese völlig den gesellschaftlichen Wert der Meinungskundgabe und des Ideenaustauschs. Je mehr Menschen sich eine politische Meinung bilden und diese auch äußern, desto größer ist der Druck für den Staat, seine Politik dem gesellschaftlichen Konsens anzupassen. Deshalb kann politische Meinungskundgabe in fast jeglicher Form nur unterstützt werden und sollte sich nicht hinter der Angst vor vermeintlicher Plakativität oder Naivität verstecken. Das gilt auch in der Musik.

Das Artwork ist an alte Sowjet Zeiten angelehnt, unter anderem mit einem Flugzeugflügel mit CCCP-Aufdruck und russischen Schriftzeichen. Wessen Idee war das und warum habt ihr euch dafür entschieden, nur aus optischen Gründen oder hat das ganze auch einen anderen Hintergrund?
Jörg: Die Idee stammt von unserem Grafiker, der das Cover des Albums entworfen hat. Eigentlich wollten wir sie rausnehmen, aber er bat uns, die Schriftzeichen stehen zu lassen, weil sie Teil seiner graphischen Vorstellung waren. Wir haben ihm dann die Freiheit gelassen und sie drauf gelassen.

Durch den Roadrunner Vertrieb eures Labels „Eat the Beat“ wird eure Platte sicherlich häufiger in der Presse stattfinden als noch beim letzten Mal, habt ihr schon Unterschiede zum Vorjahr bemerkt?
Flo: Ja auf jeden fall. Gerade jetzt wo’s um Reviews, Interviews oder Berichte geht, ist schon eine deutliche Steigerung gegenüber dem Vorjahr festzustellen was uns natürlich freut. Desweiteren ist die Promotion besser und mehr geworden. Das ist schon ganz cool.

Vor Release eures Albums hattet ihr bereits zwei Songs im Internet zum Download gestellt, was durchaus ungewöhnlich ist, da die meisten Bands darauf bedacht sind erstens nicht zuviel vom aktuellen Material preis zu geben und zweitens den Überraschungseffekt des Albumsounds und der Songs bis zum eigentlichen Release Termin aufzuheben. Den Weg den ihr eingeschlagen habt finde ich auf jeden Fall wesentlich sympathischer und halte ihn auch für den besseren, da die Leute schon ungefähr wissen was sie auf der Platte erwarten wird und sich dadurch entweder noch mehr freuen oder eben feststellen, dass es nicht ihren Geschmack trifft. War es eure Entscheidung diese zwei Songs Online zu stellen oder war das eine Entscheidung des Labels?
Blaschke: Das war eine gemeinsame Entscheidung von uns und ETB. Wir finden einfach, dass jeder, der uns nicht kennt erstmal die Möglichkeit haben sollte, kostenlos rauszufinden ob ihm unsere Musik gefällt. ETB stellen bei allen Veröffentlichungen kostenlose MP3s auf ihre Seite und ich halte das für eine gute Sache. Schade ist nur, wenn dann Leute unser komplettes Album auf Tauschbörsen veröffentlichen.

<b>Nach Supportshows für u.a. POISON THE WELL und THE OFFSPRING seid ihr ordentlich auf deutschen Bühnen rumgekommen und habt vor unterschiedlichstem Publikum gespielt, zum Beispiel auch auf der Schwarzer Krauser Nachtzeche Tour, habt ihr bei dem wechselnden Publikum Unterschiede oder auch Gemeinsamkeiten feststellen können? Ich kann mir gut vorstellen, dass POISON THE WELL Konzertgänger anders auf eure Musik reagieren als THE OFFSPRING Konzertgänger. </b>
Flo: Ja es gibt schon deutliche Unterschiede. Bei Offspring zum Beispiel war einfach sehr viel junges Publikum am Start. Die sind ja dann doch meistens noch was unbefangener und verrückter. Die grölen, schreien und pogen, und das noch über vier Stunden. Viele Leute in unserem Alter stehen dann oft mit verschrenkten Armen vor der Bühne, was nicht heißt, dass es ihnen nicht gefällt (zumindest nicht in allen Fällen :-).
Oft ist auch einfach auf Punkrock-Konzerten eine lockerere Atmosphäre als jetzt zum Beispiel auf einem Metalcore-Konzert. Das soll jedoch keine Wertung sein. Jedes Konzert hat auf seine Weise seinen Reiz.
Die Nachtzeche Tour war nochmal eine ganz andere Geschichte. Der Eintritt war frei und viele Leute kannten uns nicht oder waren wegen der Party da. Das war schon ganz lustig vor so einem gemischten Publikum zu spielen.

Spielt ihr zum aktuellen Album einer Headliner Tour oder werdet ihr weiterhin hauptsächlich als Support für etablierte Ami-Acts auftreten? Würde sich eine Headliner Tour durch Deutschland für DAYS IN GRIEF lohnen?
Blaschke: Wir haben für das neue Album 2 Wochen als Headliner getourt und es hat wunderbar funktioniert. Wir spielen natürlich keine Hallen und haben auch schonmal Shows bei denen nur 20 Leute vor der Bühne stehen, aber das ist ja klar, besonders da wir es immer schaffen, genau in den beiden heissesten Wochen des Sommers zu touren…
Supportshows für grössere Bands kommen eher selten und auch meist kurzfristig, sodass es bisher nie möglich war eine Support-Tour zu spielen, da man ja länger vorher planen muss, Urlaub zu nehmen.

FIRE IN THE ATTIC haben vor ein paar Wochen ihr Debüt Album veröffentlicht und sind mit ihrer Band seit etwa derselben Zeit wie ihr auf deutschen Bühnen aktiv. Wenn man nach den zwei momentan beliebtesten deutschen (im weitesten Sinne) Emocore Bands fragt bekommt man als Antwort häufig DAYS IN GRIEF und eben FIRE IN THE ATTIC. Seht ihr in FITA eine Art Konkurrenz oder ist es mehr die freundschaftliche Ebene auf der man sich Szeneintern begegnet, häufig habt ihr noch nicht zusammengespielt, oder? Wie gefällt euch deren aktuelle Platte?
Blaschke: Fire In The Attic sind gute Kumpels von uns, wir kennen Richard und Dennis ja noch aus Zeiten von Summer?s Last Regret. Es ist sehr beachtlich, was die Jungs in der kurzen Zeit auf die Beine gestellt haben, mit dem neuen Album haben sie ihre EP auch nochmal übertroffen, auch wenn Decision&Action immernoch mein Lieblingsong von FITA ist…es ist immer wieder lustig zu lesen, dass unsere beiden Bands als die neue deutsche Hardcore-Hoffnung gehandelt werden, wenn ich so dran denke wie das alles angefangen hat.
Aber die Supportshow für Boysetfire werden wir ihnen wohl nicht verzeihen können :-)
Eine andere Band mit der man euch, und das ist musikalisch schon um einiges naheliegender, vergleicht sind die amerikanischen Metal-Emo-Hardcore Superstars von THRICE. Wie seht ihr die Nähe eurer Musik zu der Musik der Genrebrüder? So ganz scheinen euch die Vergleiche ja nicht zu stören, sonst hättet ihr auf dem aktuellen Album sicher auf die ein oder andere Iron Maiden meets Metalcore Gitarrenlinie verzichtet, oder?
Flo: Den Thrice-Vergleich finden wir nicht schlimm. Wir finden alle, dass es eine sehr geile Band ist, versuchen sie aber keineswegs sie zu kopieren oder abzukupfern. Wie sich die Frage schon fast selbst beantwortet, hab ich einfach früher viel Maiden, Amorphis oder In Flames gehört, die ja auch alle sehr melodiebehaftet sind. Dann kam der Punkrock und daraus ergibt sich die Musik die wir jetzt machen. Nur weil es eine Band gibt, die gleiche Stilrichtungen verwenden, werden wir uns ja nicht um 180 Grad drehen. Ich glaube sonst müßten sich 90% der momentan bestehenden Bands auflösen.

Ihr habt euren vom Debüt bekannten Sound noch um einiges verfeinert, habt euch mehr auf eure Stärken konzentriert und eine dickere Produktion bekommen. Wie stellt ihr euch den weiteren Weg von DAYS IN GRIEF vor, werdet ihr auf den nächsten Veröffentlichungen den selben Weg einschlagen, oder werdet ihr auch mal Experimente wagen und über den (auch von den Fans) eng gesteckten musikalischen Beckenrand hinausschauen?
Flo:Einen musikalischen Beckenrand gibt es bei uns im Proberaum eigentlich gar nicht. Wir gehen rein, schreiben Lieder und es kommt halt eben dabei raus, was rauskommt. Wir stellen uns nicht in den Proberaum und sagen jetzt lass doch mal ein Ska-Core Lied machen.
Insofern sind wir selbst gespannt was da mit dem nächsten Album auf uns zukommt.
Blaschke: Wir sind alle sehr ehrgeizig was unser Songwriting angeht, und auch nicht leicht zufrieden zu stellen. Von daher bin ich mir sicher, dass wir in nächster Zeit auch das eine oder andere Experiment wagen werden, um unsere Grenzen auszuloten. Wir stehen ja noch am Anfang, und wir würden schnell den Spass verlieren, wenn wir uns in unserer Musik selbst so einschränken würden.

Was steht in naher und etwas fernerer Zukunft bei euch an? Ich vermute mal, dass ihr vorerst viel Live spielen werdet, sind eventuell auch einige größere Support Sachen geplant? Aufgrund eures Vertriebs könnte man ja mutmaßen, dass da unter Umständen auch die ein oder andere dickere Tour supportet werden könnte…
Blaschke: Für dieses Jahr sind die Konzerte fast gelaufen, weil Jörg Jura-Examen macht und wir deswegen ab Oktober nicht mehr spielen können. Im nächsten Jahr müssen wir es auch erst einmal ruhig angehen lassen, werden aber versuchen im Frühjahr eine Tour zu spielen.
Ob das jetzt eine Support-Tour wird, oder wir alleine rumreisen steht aber noch in den Sternen.

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