Biffy Clyro gehören zu den Bands, die bis vor kurzem noch fast niemand kannte. Mit ihrem vierten Album Puzzle erreichten sie Platz 2 in den UK Charts und in naher Zukunft werden sie im Vorprogramm von Muse zur Eröffnung des neuen Wembley Stadions sowie für die Altmeister von The Who spielen. Von 0 auf 100 mit einem Album? Zu Recht oder ein weiterer englischer Hype?
Puzzle gehören bei Kindern immer zu meinen Lieblingsspielzeugen. Alle Teile zu einem ganzen zusammenfügen, um das gesamte Bild betrachten zu können. Aber was, wenn genau ein Teil fehlt, um das Bild zu komplettieren? Auf dem Cover von Biffy Clyros CD Puzzle sieht man einen in sich gekehrten Mann, der aus Puzzleteilen besteht. In der Herzgegend fehlt genau ein Stück, das auf dem Boden liegt. Was uns die Glasgower Band damit sagen will, ist Interpretationssache, vielleicht, dass man erst dann ein erfülltes Leben hat, wenn man alle Teile zusammengetragen hat und dabei keins fehlen darf. Musikalisch haben die Schotten hier alle Komponenten gefunden: Puzzle ist eine großartige Platte, die in einem ganz unterschiedliche Stimmungen erzeugen kann.
Der Opener „Living is a Problem because Everything dies“ beginnt anmutig und geht dann richtig los.
Don’t want to waste no more time,
time’s what we don’t have.
Everywhere I look someone dies
wonder when it’s my turn
„Who’s got a match“ ist eine Spaß-Nummer, bei der man den Refrain nur schwer wieder aus dem Ohr bekommt. „A whole Child ago“ erinnert an die frühen Jimmy eat World. Die Songs gehen stark nach vorne und bauen auf einander auf. Kleine zerbrechliche Melodien wechseln sich mit großen instrumentalen Brettern ab, Chöre und Bläser kommen zum Einsatz.
Eine ganz andere Stimmung erzeugen Biffy Clyro mit Songs wie „As Dust Dances„. Traurig, melancholisch und nachdenklich, zum Ende erzeugt baut sich dann wieder gewaltig Druck auf. „Dieser Song hat sich seit dem ersten Mal spielen kaum verändert. Vor fünf Jahren hätten wir ihn vielleicht so gar nicht spielen wollen. Wir waren so ruhelos, dass wir uns damit kaum wohl gefühlt hätten“, erklärt Sänger Simon Neil.
Und dann ist da noch Machines.
„Crazy as it sounds
you won’t feel as low as you feel right now
At least that’s what I’ve been told by everyone“
Es geht um den Tod von Simons Mutter und wie er versucht damit klar zu kommen. „Der Song beschreibt, wie Deine Seele arbeitet, wenn Du einen schweren Verlust für Dein Leben erlitten hast“, so Simon. Aber in Machines geht es auch um Hoffnungen, sich nicht dem Tod hin zu geben, sondern weiter zu leben.
Biffy Clyro haben hier eine große Platte geschaffen, die es in viele persönliche Jahrescharts schaffen wird. Mich erinnert sie ein bisschen an Aereogrammes „My heart has a wish that would not go“, meiner ersten großen Überraschung des Jahres. Es ist weniger Post Rock, mehr Progessive, aber die Stimmungen und Farben, die das Album erzeugt, sind ähnlich. Hier geht es ebenfalls durch alle Hochs und Tiefs. Bleibt nur zu Hoffen, dass der große Erfolg von Biffy Clyro länger hält, als der Neugewonnene von den ebenfalls aus Glasgow stammenden Aereogramme, die in den nächsten Wochen ihre letzten Konzerte spielen.
VÖ: 01.06.07