Seit je her bieten Black Rebel Motorcycle Club der schnelllebigen Musikszene stoisch die Stirn und zogen nie in Erwägung etwaigen Trends um derer Erfolgswillen zu folgen. Letzlich beruhigend, dass gerade ein derartig idealistisches Konzept anscheinend dennoch internationale Beachtung verheißen kann. Im Zuge ihrer Tournee zum aktuellen Tonträger „Beat The Devil’s Tattoo“ gastierte das kalifornische Trio in der hamburger Markthalle.
Durch das geöffnete Roll-Tor gelangen die Besucher bei strahlendem Sonnenschein über eine metallerne Treppe in das großzügige Foyer und schließlich in das abgestufte Auditorium von genannter Lokalität nahe des hansestädtischen Hauptbahnhofes.
Pünktlich um 20.00 Uhr beginnen ZAZA aus Brooklyn ihren Support-Slot, der zumindest bezüglich der Bühnen-Präsenz exezellent in das Vorprogramm der Kalifornier passt, stilistisch jedoch wenig mit dem Kollektiv aus L.A. gemein heit. Dem entsprechend spartanisch werden die Musiker mit Applaus bedacht, obgleich ihre Bemühungen eine ansprechende Atmosphäre zu kreieren unverkennbar sind. Die elektrisch-psychedelisch, von monotonen Rhythmen getragenen Songs wabern bei stehenden Lichteffekten durch die Markthalle. Nahezu nahtlos fügen sich die Songs ineinander, wobei die Band fast komplett auf unterbrechende Ansagen verzichtet. Nach 30 Minuten endet der wenig spektakuläre Auftritt des Trios und hinterlässt den Eindruck, dass die Musik von ZAZA auf Platte wohl besser funktionieren dürfte, als es live der Fall ist.
Während der Umbaupause bezieht der Lichttechniker von Black Rebel Motorcycle Club seinen Posten hinter seinen Pulten und beginnt die Programme selbiger hochzufahren. Müßig zu erwähnen, dass die spirituelle Entfaltung der Musik des Trios mit der Inszenierung der Lichteffekte einher geht. Um dem zur Genüge entsprechen zu können, scheint es, als wäre der Techniker als viertes Bandmitglied involviert. Aber der Reihe nach.
Der recht zügige Umbau endet schließlich mit einem Bo Diddley-Song, welcher gleichermaßen als Overtüre für ein in allen Belangen bombastisches Konzert fungieren soll. In sperrlichem Licht betreten Peter Hayes und Robert Levon Been die Bühne. Zwei Männer, die sich seit nunmehr 12 Jahren wie erwähnt gegen sämtliche Konventionen der Musikbranche zu streuben scheinen und im Zuge dessen ihren eigenen Stil erschaffen haben. Sowohl musikalisch als auch modisch gelingt es kaum einer Band ihren Wurzeln derartig treu zu bleiben. Eine merkliche Änderung vollzog sich dennoch. Anstelle des kürzlich gechassten Nick Jago trommelt nun die ehemalige Raveonettes-Tour-Schlagzeugerin Leah Shapiro, die sich mit ihrer wilden Locken-Mähne, engen Jeans und Lederjacke schon rein äußerlich perfekt in das Trio einfügt.
Musikalisch eröffnen Black Rebel Motorcycle Club mit „War Machine“ von ihrer jüngsten Veröffentlichung „Beat The Devil’s Tattoo“. Im Hintergrund zucken grell die Lichter und lassen Hayes und Been lediglich als Silhouetten am vorderen Bühnenrand erahnen. Mit Hilfe des Lichterspiels gewinnen die Songs eine druckvolle Dynamik und dringen direkt in das emotionale Innenleben des Hörers vor. Ansagen bedarf es indes nicht, vielmehr ist es eine mentale Ebene, auf die das Trio seinen Auftritt zu heben vermag. Bereits zu Beginn greifen die Kalifornier auf ihr breites Portfolio zurück und ernten bei den ersten Klängen von „Ain’t No Easy Way Out“ von „Howl“ begeisterten Applaus aus den reihen des mittlerweile prächtig gefüllten Saals.
Die Stimmung steigt fortan stetig, genau wie die Temperaturen, die spätestens während des „Baby81“ -Doppelpacks, bestehend aus „Berlin“ und „Weapon Of Choice“, ins Extreme abgleiten. Der permanent in Bewegung befindliche Licht-Techniker wechselt sein Hemd und trocknet sich immer wieder das Gesicht mit dem abgelegten Kleidungsstück.
Been spielt gewohnt impulsiv, stemmt seinen Bass gegen seinen Körper, umklammert während seiner Gesangssequenzen des Öfteren das Mikrofon und kneift seine Augen fest zusammen. Hayes wirkt hingegen entspannter und lässt sich zu keiner Sekunde des Konzerts aus der Facon bringen. Sein Gitarrenspiel ist zuverlässig, in gewissen Situation gar wild, was sich in seinem Gesichtsausdruck jedoch selten wiederspiegelt.
Für „Annabel“ wechselt Been ans Klavier, um anschließend einen der wohl nach wie vor bekanntesten Songs des Kollektivs zu intonieren: „Whatever Happened To My Rock ’n‘ Roll“ vom selbstbetitelten Debüt. „One, two, three, whooooo.“ Eine gleichermaßen simple wie wirksame Einleitung, welche die Substanzen der Markthalle in Schwingung versetzt, die Luft ein weiteres Mal entzündet und einen Höhepunkt des Konzerts markiert. Danach ist Schluss. Zumindest eigentlich, denn selbstverständlich kann dies nach einer guten Stunde nicht der Schlusspunkt gewesen sein.
Die Band scheint dies ähnlich zu erachten und lässt sich demnach nicht lange bitten bevor sie auf die Bühne zurückkehrt. Robert Levon Been greift sich kurzerhand sein Mikrofon, um damit im Graben zwischen Bühne und Publikum zu verschwinden. Inbrünstig spielt er eine ausufernde Akustik-Version, der auch eine gerissene Seite keinen Abbruch tun kann. Während Been noch spielt, bringen sich Shapiro und Hayes wieder in Position und erhöhen mit „Half-State“ sukzessive die Schlagzahl, die bei „River Styx“ wieder stampft wie eh und je. Schlussendlich legt diese acht Songs unfassende Zugabe eindrucksvoll Zeugnis über die Fähigkeiten des Trios ab. So forcieren die Musiker gekonnt das Tempo, lassen sich anschließend von der formals erzeugten Welle treiben, um im nächsten Moment wieder mit aller Macht auszubrechen. Auch „Spread Your Love“ ist noch nicht das endgültige Ende dieses erinnerungswürdigen Auftritts.
Mit „666 Conducer“, „Stop“ und „Shadows Keeper“ haben Black Rebel Motorcycle Club noch drei Pfeile im Köcher, die sie hemmungslos und ohne Rücksicht auf Verluste in die hamburger Nacht feuern. Dann ist jedoch endgültig Schluss- nach über zwei Stunden Spielzeit hinterlassen BRMC ein verschwitztes, ausgelaugtes aber zugleich hochgradig zufriedenes Publikum. Wohl niemand der knapp 1 000 Besucher dürfte sein Erscheinen auch nur im Geringsten bereut haben. Ein großartiges Konzert einer authentischen Band.
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Set: 1. War Machine 2. Mama 3. Red Eyes 4. Bad Blood 5. Beat The Devil’s Tattoo 6. Ain’t No Easy Way Out 7. Rifles 8. AYA 9. Berlin 10. Weapon Of Choice 11. Steal A Ride 12. Annabel 13. Whatever Happened To My Rock ’n‘ Roll (Punk Song) – 14. ? (Accoustic Song) 15. Half-State 16. River Styx 17. Shuffle Your Feet 18. Conscience Killer 19. 6 Barel Shotgun 20. Spread Your Love – 21. 666 Conducer 22. Stop 23. Shadow’s Keeper
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Black Rebel Motorcycle Club in Deutschland:
05. Mai. 2010 München- Backstage Werk
21. Aug. 2010 Highfield Festival
22. Aug. 2010 Area4 Festival
Kleine Anmerkung: Letzter Song war „Open Invitation“ mit der coolen Lasershow.
Und Nummer 14 war Visions of Joanna, ein Dylan-Cover, das darf man schon kennen!
Johanna natürlich, ich denke zu viel an Joanna Newsom;-)