Drei Jahre nach „Geisterfaust“ erscheint ein neues Werk der Mülheimer Minimalisten Bohren & der Club of Gore. Wer diverse Studien kennt, welche die Schädlichkeit von Bässen und extrem tiefen Tönen nachweisen, gehörte wohl nie zu den Fans der vier „Horror-Jazz“-Musiker – denn auch ihre aktuelle Platte „Dolores“ besticht wie gewohnt durch Basswände, schleppende Schlagzeugrhythmen und düsteren Ambient-Flächen. Und trotz der Gewohnheit übertrifft „Dolores“ nochmals vorher Dagewesenes.
Mit Orgel ähnlichen, mystischen Klängen wird der Hörer beim Opener „Staub“ eingestimmt. Nach kurzer Zeit ertönt das warme Rhodes-Piano, zeitlupenartig setzt das Schlagzeug dazu ein. Man fühlt sich sofort zuhause. Das nachfolgende „Karin“ ist die erste Besonderheit: Mit klaren Strukturen und einer gewöhnlichen, nicht aus dem Rahmen fallenden Spieldauer passt dieser „easy-listening“-Song nicht zu dem, was man sonst von Bohren & der Club of Gore erwartet. Aber diese Lockerheit erweitert das Spektrum und bereichtert so das Album ungemein.
Dieser Umstand fällt nicht zum letzen Mal ins Auge: Die zeitlichen Grenzen werden nicht so sehr ausgereizt wie man es erwartet. Lediglich „Schwarze Biene“ durchbricht die Grenze von acht Minuten. Auch trifft man des Öfteren auf lockere Melodien, so dass man bald von Singles sprechen könnte.
„Still am Tresen“ erinnert an die Schummrigkeit von Angelo Badalamentis Filmmusiken wie man sie beispielsweise in „Twin Peaks: Fire Walk With Me“ hören kann. Das Tenor-Saxophon schleppt sich melancholisch voran und die Jazz-Besen streichen über das Schlagzeug. Ich bin sofort in gefangen und benebelt als würde David Lynch die Fäden dieses Musikwerks in den Händen halten.
Auf „Dolores“ mischen Bohren & der Club of Gore die doch recht differenzierten und in sich geschlossenen Stile ihrer letzten Alben. Man findet ebenso die meditativen Ambient-Passagen, die an „Geisterfaust“ erinnern als auch das melancholische Großstadt-Saxophonspiel, das man von „Sunset Mission“ kennt. So wird ein heterogenes neues Kunstwerk geschaffen, das begeistert.
„Dolores“ erschien am 10. Oktober 2008.