Bei allen, die Brendan Benson bisher ausschließlich als unbedeutenden Raconteurs-Sidekick wahrgenommen haben, wird es Zeit für eine endgültige Belehrung. Der dürre Blondschopf steht Duettpartner Jack White in Sachen Songschreiberqualitäten in kaum etwas nach. Wer das immer noch nicht glauben mag, den erwartet mit Bensons neuem Streich „My Old, Familiar Friend“ der schlagkräftige Beweis.
Seit Bensons letztem Album „The Alternative To Love im Jahr 2005 haben zweifellos einige Veränderungen ins Universum des „BB“ Einzug gehalten. Der Schulterschluss mit Jack White und zwei erfolgreiche und ebenso überzeugende Alben mit den Raconteurs hievten den Schweißersohn aus Detroit in einen ihm zuvor unbekannten Rock-Himmel. Doch wer glaubt, es handele sich hierbei lediglich um einen „Gefallen“ des alten Detroiter Kumpels mit der markanten Stimme, liegt sicherlich falsch. Man lausche nur 15 Minuten dem Output Bensons und schon weiß man genau, warum die Raconteurs eben nicht wie Jack und Meg klingen.
„My Old, Familiar Friend“ stolziert mit dieser Botschaft auf der Brust geradewegs in Herz und Beine des geneigen Zuhörers. Man muss dem Album kaum Aufmerksamkeit oder eine intensive Auseinandersetzung widmen, die meisten Songs sind nach dem ersten Hören sowieso unwiderbringlich in den Windungen des Gedächtnisses eingebrannt. Hooks und möglichst lange, süßliche Melodien; kurz Pop, das sind die großen Stärken des Lockenkopfs. Den Arrangements ist es geschuldet, dass einem sofort Größen wie die Fab Four oder die Beach Boys in den Sinn kommen.
Die Arrangements sind größtenteils homogen und huldigen den frühen Zeiten der Rockmusik, vor allem aber der Dekade ab 1970. Hier kommt Produzent Gil Norton (Maximo Park, Foo Fighters) ins Spiel, der für eine harte Hand und Perfektionismus berüchtigt ist, denn das Album wirkt wie aus einem Guss und aller kleinen Kratzer und Kanten bereinigt. Das kann man bewerten wie man will, trotzdem spannt sich vor dem Hörer eine erstaunlich breite Palette unterschiedlicher Songs aus. Da sind echter Power-Pop wie in „A Whole Lot Better“ und schattige Stampfer wie „Feel Like Taking You Home“, das Benson zusammen mit The Dead Weather-Gitarrist und Queens Of The Stone Age-Aushilfskellner Dean Fertita geschrieben hat. Noch düster wird es mit einem Hammond-Blues kurz vor Schluss, passend betitelt mit „Lesson Learned“. „Borrow“ zieht als letztes Schmankerl in punkto Rockbombast noch einmal alle Register.
Vielleicht hätte die ein oder andere reduzierte Ballade dem Album noch mehr Schmiss verpasst, auch wenn das recht widersinnig klingt. Doch scheinbar steht der unvermittelt positive Grundton von „My Old, Familiar Friend“ auch für Veränderungen in Bensons Leben, das nicht immer von Erfolg – sowohl beruflich als auch privat – verwöhnt war. So gesehen war die Liaison mit Jack White das Beste, was ihm hätte passieren können. Dass White in den Danksagungen im Booklet nicht auftaucht ist also nur konsequent, weiß dieser doch garantiert um die unbedingten, eigenen musikalischen Qualitäten seines Freundes.
„My Old, Familiar Friend“ ist am 4. September via Co-op/Universal erschienen.