Ziemlich gewagt, sein Debütalbum ganz salopp „I Created Disco“ zu nennen. Calvin Harris ist sicherlich nicht der Einzige und nachweisbarerweise nicht der Erste, der sich an tanzbarer elektronischer Musik versucht, das ist bekannt. Aber sagen wir mal so: Wüsste man es nicht besser, könnte man ihm den Slogan glatt abkaufen.
„Sparking at my neon rocks, pulling out inside pink socks.“
Wer mit pinken Socken und dem Wort „Disco“ nun aber New Rave-Sachen, schnelle Rhythmen, fetzende Synthesizer und gehetzte Männerstimmen assoziiert, den muss man eines Besseren belehren: Calvin Harris ist anders. Das hier ist 4-to-the-floor, gespickt mit einigen jazzigen Patterns, Gitarren, die Indie-Gefühle vermitteln und der gesunden Portion an dronigem Laptop-Gefrickel und Synthesizer-Hooklines.
Die Musik ist eine Art Hommage an die Achtziger, allerdings mit neuzeitlichen Melodien und Lyrics versehen. Dass die 80er ja eigentlich passé – und sowieso schon viel zu häufig thematisiert – sind, das ist dem 24-jährigen Schotten Calvin auch bewusst. So nennt er ein Lied humorvoll „Acceptable In the 80s“ und singt im Jahre 2008 davon, dass das hier in den 80ern ja noch als okay durchgegangen wäre. Äußerst witzig, der Humor und die Ironie müssen auf dieser Platte sowieso groß geschrieben werden.
Was das Album weiterhin ausmacht, ist der Gesang. Die Stimme wird stellenweise so ge-echot, dass die sich dem Beat anpasst, dann wieder elektronisch verzerrt oder direkt vom Computer gesprochen, wie zum Beispiel beim Lied „This Is The Industry“ der Fall. Calvins Stimme ist sehr facettenreich und wird durch all diese Möglichkeiten der Nachbearbeitung eben noch facettenreicher, so dass es wirklich Spaß macht, hier zuzuhören. Die Texte dazu muss man von zwei Seiten sehen: Einerseits klug und witzig, Dance-Stimmung verbreitend, anderseits nachdenklich. Letzteres zum Beispiel im Lied „Disco Heat“ der Fall:
„Inside me is a flame that burned brighter every time you came.
Gets in the way, when I’m alone with you,
but dissappears if I’m with someone new.“
Calvin hat beide Varianten des Textens aber durchaus gut auf dem Kasten, auch wenn man ihm nun nicht Goldmedaille für revolutionäre Lyrics verleihen kann. Aber das muss ja auch nicht, das hier ist ja immer noch Disco, wenn auch mit mehr Stil als auf dem Gebiet größtenteils üblich.
Kurzum: Wenn ich mich nicht, wie es journalistisch ja nur lobenswert ist, ausgiebig mit der Diskographie dieses Herren beschäftigt hätte: Ich hätte niemals gedacht, dass das hier ein Debütalbum ist. So voller Raffinesse, als würde Calvin sein ganzes Leben nichts anderes gemacht haben, als Platten rauszubringen. Großartiges Zeug. Und was macht man mit großartigem Zeug? Sir Harris Rat folgen:
„We’re merrymaking all the stuff that we’ve been taking!“
VÖ: „I Created Disco“ ist seit dem 18.04.2008 auf Ministry Of Sound erhältlich.