Wenn eine Band ihre Diskographie aus Meilensteinen des avantgardistischen Indierocks gebaut hat, würde man natürlich am liebsten sehen, wie diese immer weiter Richtung Himmel sprießt. Ändert sich die Bausubstanz, bleibt das Fundament zwar unerschüttert, doch könnte es schwierig werden, Interessenten für die oberen Stockwerke zu finden. dEUS enthüllen nach drei Jahren mit „Vantage Point“ ihre neueste Etage, die ein bisschen Zeit fordert, sich mit ihr anzufreunden.
Vorweg sei gesagt, dass Musiker wie dEUS gar keine schlechten Platten aufnehmen können. Ist man jedoch von „In a Bar under the Sea“ oder „The Ideal Crash“ verwöhnt und geprägt, wird es schwierig die Veränderung die bereits das letzte Album „Pocket Revolution“ kennzeichnete, nicht als Rückschritt zu werten. Löst man sich von allen Erwartungen, ist da doch ein ganz nettes Rockalbum mit Potenzial zur Dauerbeschallung rausgekommen.
Der Teufel steckt zwar nicht mehr so sehr im Detail, doch kann man der aktuellen Besetzung der Antwerpener Band rund um Kopf und Sänger Tom Barman alles andere als stilistische Eintönigkeit vorwerfen. „Vantage Point“ legt viel Wert auf einen dichten Sound, groovt und funkt mal im Stile der Fun Loving Criminals wie im Opener „When she comes down“ oder „Is a Robot“, lässt den treibenden Bass Alan Gevaerts wummern und Barmans Gesang mit Sprechgesang im Duett spielen. Gleich drei Duette verleihen dem Album auch die besondere Würze. Im ruhigen, warmen „Eternal Woman“ buchstabiert Lies Lorquet von der belgischen Band Mintzkov, deren Stimme bereits auf „Pocket Revolution“ zu hören war, hauchend den ersten Teil des Titels. Dazwischen verkündet Barman:
Maybe I’m made for roaming
Or floating around in shackled dreams
It’s not about where you’re going
But where you feel you already should have been
In „Slow“ kiekst The Knife-Sängerin Karin Dreijer Andersson gelegentlich zwischen den tiefen bassige Chören hervor und im epischen Stück über Schönheit „The Vanishing Of Maria Schneider“ kann man Guy Garvey von Elbow hören.
Ein Höhepunkt auf „Vantage Point“ ist zweifellos „The Architect“, tanzbar und funkig, durchzogen von einem Summen, das mich jedes Mal an den Vibrationsalarm meines Mobiltelefons erinnert, quietschenden Gitarren und wieder diesen sehr cool daher kommenden Sprechgesang-Einschüben. Dazu werden dieses Jahr mit Sicherheit noch einige Oberkörper im Takt zucken. Auf eine andere Weise eingängig ist die wunderbare besinnliche Hymne „Smokers Reflect“:
You’re lighting one more cigarette
The last one of the pack
Reflecting on your life a bit
Oh you should be doing this
With somebody you love
Scanning purple sunrise
Before you crawl to bed
And hearing Leonard Cohen sigh
Is as deep as it will get
Die meisten Tracks treiben gefällig daher, wachsen aber teilweise mit jedem Hören. Während man noch die Expirimentierfreude früherer Alben vermisst, schleichen sich die in sich geschlossenen Songs mit ihren eindringlichen Chorgesängen und treibenden Melodien doch so langsam in die Gehörgänge und wollen bleiben.
VÖ: 21.04.2008