Im Februar feierte „Maschinenwinter“ in der Leipziger Skala Premiere. „Maschinenwinter„, eine 2008 erschiene, essayistische Streitschrift, aus der Feder von Dietmar Dath, wurde von Regisseur Martin Laberenz in der Nebenspielstätte des Leipziger Theaters inszeniert. Diese krude Mischung aus Schience-Fiction und kapitalismuskritischer Streitschrift war mein erster Kontakt mit dem Journalist und Autor Dath.
Einen Monat später, am 27. März, erschien Dietmar Daths erstes Hörbuch: „Im erwachten Garten„. Die Neugier war anhand dessen, was ich auf der Theaterbühne schauspielerisch umgesetzt sah, geweckt. Das neue Werk des Popliteraten ist jedoch kein Hörbuch im klassischen Sinne. Es ist nicht die Vertonung eines zuvor veröffentlichten Romans. Der Text liegt an sich nur in Form des Hörbuchs vor und ist speziell für diese Form konzipiert. Zugleich ist der Text an sich nur eine Hälfte, wenn nicht gar nur ein Teil des Werks. Ein anderer, gewichtiger Teil ist der musikalische – und eben dieser macht die Besonderheit dieses M u s i k b u c h s aus.
Die Musik stammt vom Karlsruher Kammerflimmer Kollektief, das für Daths Text eine eigene Musik komponierte. Die zum Sextett angewachsene Band setzte den Text musikalisch in Szene – inszenierte ihn quasi. Eine Trias aus Schrift, Sprache und Ton/Klang findet der Hörer so vor. Immer wieder wird es ruhig um diese Sprache – bis dann sich schließlich die Ambient-Klänge des Kammerflimmer Kollektief verdichten und eigene Songstrukturen entfalten und immer wieder Zäsuren im Text f l u s s markieren. (Die auch notwendig sind, um nicht gänzlich überschwemmt zu werden.) Das zeigt jedoch: Hier findet keine Symbiose zwischen Wort und Musik statt. Kontinuierlich wird versucht, Daths Erzählung zu unterstreichen, letztlich bleibt diese Beziehung aber genauso heterogen wie der Schreibstil des Autors.
Dath als Sprecher selbst zeigt sich beinahe schüchtern, isoliert sich beim Vortrag so quasi vom (musikalischen) Geschehen, das sich immer wieder um die Stimme herum entfaltet. Er öffnet die Tür zu einer Welt aus Wissenschaftsprosa und surrealer Träumei. Im Mittelpunkt steht die Programmierin Lisa, die mit sich selbst und mit anderen spielt. Sie wird begleitet von allerlei verschrobenen Tieren/Wesen/Pflanzen: Suri Pfote, Adam Mandel, Isou Weißfeder – f a b e l hafte Metaphern für Menschen unserer Umwelt. Eine Welt aus Ringelrobben und Fischfrauen.
„Im erwachten Garten“ ist ein Buch über die Liebe in allen sinnlichen Facetten. Treffenderweise schreibt Andreas Platthaus im Vorwort: „So fühlt, schmeckt, riecht, hört und sieht sich Liebe an.“ Das diese fantastische (Parallel)Welt letztlich ziemlich nahe am Kitsch schlittert, dürfte nicht weiter erwähnenswert bleiben. Dath legt eine ziemlich heterogene Mischung aus technologisch, wissenschaftlich angehauchtem Science-Fiction-Wortschatz, einschlägigem Surrealismus und romantischen Kuschelbildern vor. Dieses „Bild des Erwachens“ dürfte nicht jedermanns Geschmack treffen. „Im erwachten Garten“ bleibt aber für Freunde von Ambient-Noise-Musik und kruder Prosa, die weniger Wert auf story telling als auf Bilder legt, ein wahrer (Geheim)Tipp.
„Im erwachten Garten“ erschien am 27. März 2009 im Verbrecher Verlag Berlin.