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Efterklang | 11.03.11 | Centraltheater, Leipzig

Was ist das für eine Band, die mal eben im Handumdrehen an einem Freitagabend das Leipziger Centraltheater restlos ausverkauft? Antwort: Efterklang! Auf dem ersten Konzert der Deutschlandtour zum Album „Magic Chairs“ erweist sich der Titel als überzeugend maßstabsgetreu: Pure Magie! Eine Aufführung, eine dramaturgisch perfekte Inszenierung von einem Musikkonzert, mit dem Centraltheater als atmosphärisch perfektem Nährboden.

Es ist unruhig im Centraltheater, das Klingeln der Glocken bittet die Besucher ihre Plätze einzunehmen und innerhalb kürzester Zeit füllt sich der Zuschauerraum bis auf den letzten Platz. Der Geruch von Bierseligkeit und Erwartungshaltung schwebt ähnlich dem imposanten Kronleuchter über den Köpfen der Zuschauer. Eine riesige Leinwand verdeckt die Bühne, doch bevor viele sich darüber wundern können, fängt auch schon das Konzert, äh Verzeihung, der Film, an: „An Island“ von Vincent Moon.

Der halbstündige Dokufilm über Efterklang ist dem Konzert vorangestellt. Dieser beleuchtet ähnlich dem bekannten „Heima“-Film von Sigur Rós die Heimat der Bandgründer, die auf der dänischen Insel Alsen, gar nicht weit entfernt der deutschen Grenze, aufgewachsen sind. Vor allem auf die Soundästhetik kommt es dem Film an; nicht verwunderlich, doch die klassenzimmerähnliche Unruhe im Saal macht das genaue Zuhören schwierig. In schroffen Bildern werden die Mitglieder beim Musizieren im Wald, auf einem fahrenden Pickup oder in der heimischen Scheune gezeigt. Ein kunstvoller Film, dessen inhaltlicher Anspruch aber oberflächlich bleibt und der eher zu synästhetischen Freuden einzuladen vermag.

Nach einer kurzen Pause betreten dann sieben Menschlein – so kommt es einem entfernungstechnisch von der Empore vor – die Bühne und die Aufführung beginnt. Die dominierenden Stücke von „Magic Chairs“ gerieren die erste Hälfte des Konzerts zur Geradlinigeren, nicht umsonst ist das aktuelle Album für die Verhältnisse von Efterklang ungewohnt zugänglich. Dennoch, auch live wird man heute Abend gewahr, dass die Musik der Dänen einen gewissen persönlichen Zugang einfordert. Es ist Musik, die man beim fünften Hören noch abtut, aber beim fünfzigsten Hören vergöttert.

Trotzdem, alleine die famose Soundkulisse wäre das Eintrittsgeld wert. Jeder Ton findet glasklar seinen Weg ins Ohr, die Lautstärke ist perfekt und keins der Instrumente ist über- oder unterrepräsentiert. Genau dies ist – und live ganz genau so – eine unheimliche Stärke von Efterklang. Kein bestimmtes der sieben plus X Instrumente macht die Musik der Band aus, aber trotzdem sind alle Instrumente stets unglaublich präsent. Efterklang sind also mehr virtuoses Orchester denn Rockband – solche Ausdrucksformen braucht Independent-Musik heute.

Die zweite Hälfte des Konzerts gerät fiebriger, undeutlicher und unwirklicher – Stücke von den ersten beiden Alben „Tripper“ und „Parades“ stehen im Vordergrund. Eigentlich ist das Tonmaterial für die letzten Atemzüge seltsam durchwachter Nächte. Musik, zu der Dinge geschehen, zu der Ersponnenes plötzlich Realität wird und aus der Dunkelheit langsam auf einen zuschwebt. Heute Abend wird diese Musik allerdings richtig laut, leichte Noise-Einsprengsel heben den Puls zwischen traumartigen Sequenzen merklich und langsam läuft alles auf das unvermeidliche Ende zu.

Nach drei Zugaben und konformistischen Dankesreden („It’s been awesome, guys“) verlassen Efterklang endgültig die Bühne des Centraltheaters, nur um drei Minuten später am Merchandising-Stand wieder aufzutauchen. CDs und LPs werden Sänger Caspar Clausen geradezu aus der Hand gerissen – „Magic Chairs“ bedeutet für die Band zweifellos einen Sprung in Sachen Aufmerksamkeit. Und so richtig scheint der Sänger den Erfolg des heutigen Konzerts und den schieren Anblick des riesigen, ausverkauften Theaters auch noch nicht zu glauben. Auf die zahlreichen persönlichen Dankesbekundungen stammelt der Schlacks in herrlich verschluckendem dänischen Akzent: „Yeah, … , it’s been fantastic“.

Trailer zum Film „An Island“:

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