Hatte man noch vor ein paar Jahren den Eindruck, jede zweite Band kommt aus dem schönen Hamburg, so scheint der Trend nun seit einiger Zeit auf Berlin umgelagert worden zu sein. Sind nun erik&me also vielleicht die Band der nächsten Stunde? Kommen nämlich woher? Ja genau – Berlin!
Ja, ja. Der Griff in die Hamburg/Berlin Städte Kiste ist ein eher unkreativer, doch wie sonst Aufmerksamkeit ziehen, für eine Band, die wahrscheinlich zu diesem Zeitpunkt nur die wenigsten kennen. Das das vielen kleinen Bands so geht – geschenkt, erik&me aber haben etwas so Eigenes und Besonderes und gleichermaßen einen Anspruch an sich und ihre Musik, dass hier jedweder Zweifel, es könnte sich um irgendeine weitere Newcomer oder Spaßband handeln im Sturm genommen wird.
Hundertsechzig Zeichen beginnt mit dem Lied seltsam. Was natürlich die perfekte Vorlage liefert, denn für alle, die zum ersten mal erik&me hören, wird nach dem ersten Albumdurchlauf das Wort seltsam eine gute Beschreibung dessen was sie gerade gehört haben sein.
Niemand kann mich hören.
Ich sing nur für mich,
ich sing nur für mich.
Kein Mensch wird mich stören,
es klingt nur für mich,
es klingt nur für mich.
Einfach gesagt: groß angelegter Breitwandpop, spleenig anmutende Texte und eine faszinierende Falsett Stimme. Blöd nur, das einfach gesagt natürlich jenseits von ausreichend ist und je interessanter die Band, desto ferner die Worte, die ausreichen sie zu beschreiben. Man merkt dem Debüt der Vier an, dass es einige Zeit gereift ist (Bandgründung in 2003) – kein unbedachter Ton klingt hier falsch und Dissonanzen muss man woanders suchen.
Die myspace Seite der Band findet die Worte „deutschsprachige Popmusik mit britischen Wurzeln“ und erzählt ebenso von „gefühlvolle[r], melancholisch schwelgende[r] Popmusik“. Glücklicherweise erweist sich dies hier nicht als euphorisch formuliertes Promogewäsch, sondern irgendwie als ziemlich treffend. Die ein oder andere Band mag Musik von der Insel als Wurzel angeben, doch selten klang eine Band so untypisch / un-deutsch wie erik&me und bietet allein daraus resultierend schon eine angenehme Abwechslung zum Einheitswust.
Das schöne daran dann, das es nicht bei dieser einfachen Besonderheit bleibt, sondern dass hier nachhaltig tiefe, oft ins Epochale wandernde Songs erklingen. Gitarre, Schlagzeug, Bass, manchmal auch Piano oder Kontrabaß sorgen hier für definitiv nicht tanzbare, dafür fast schon zeitlos anmutende Melodien. Melancholisch ist das, ja. Und bietet den idealen Teppich für den Gesang Erik Lautenschlägers, der sich oft in ungewohnten Höhen bewegt, und oft von sich selbst, manchmal aber auch von Walen singt.
Das führt dann entweder dazu, dass man es überhört, oder dass man sich hineinziehen lässt – ich empfehle aufs Äußerste, lieber zu letzterem zu tendieren. Nun gut, man verzeihe mir die Schwelgerei, sind ob des speziellen Gesangs sicherlich nicht jedermanns Geschmack, nüchtern betrachtet aber einfach gut, diese erik&me.
und wenn es dann leer ist,
sind wir noch da, sonst nichts mehr.
vielleicht ist alles gar nicht wahr,
und vielleicht bleibt alles, wie es war.
und vielleicht ist es wie du glaubst,
dass das suchen alles braucht.
und am ende da bleibt nur noch staub,
denn die welt ist – mit verlaub – nur aus staub gebaut.
VÖ war der 2.Mai.