Der Himmel wird schwarz, eine nicht enden wollende Nacht bricht herein. Zwischen den dunklen Wolken sieht man die Sterne erlischen. Wie aus dem Jenseits ertönt dazu der Soundtrack, der auf dieses Szenario zugeschnitten ist: Fever Ray. Karin Freijer Andersson ist als eine Hälfte des Geschwisterduos The Knife bereits ein bekannter Name. Und „Fever Ray“ ist ihr berauschendes Debütalbum als Solokünstlerin.
Es ist nicht so, dass es The Knife fortan nicht mehr gäbe, die Band macht nur Pause. Doch Karin kann nicht vom Musizieren ablassen. Trotz einer zweiten Schwangerschaft ist die Schwedin ihrem Songwriting treu geblieben und nun ist es endlich soweit, das neue Material an die Öffentlichkeit zu bringen.
Charakterisch für die Musik ist eine blecherne Schwere, die die minimalistische Elektroniklandschaft nahezu zu erdrücken droht. Es wird das Gefühl ausgelöst, dass einem der Atem knapp wird, wären da nicht die bedacht eingesetzten Synthesizer, die wie Rufe nach Freiheit in den Nachthimmel schlagen. Durch das ganze Album zieht sich ein Gefühl von Schlaflosigkeit und hypnotischem Wachzustand. Ein Gefühl von der Unruhe, die einen heimsucht. Ein Gefühl von Sühne, von Trauer und von doch irgendwo nicht sterben wollender Hoffnung. Die Einsamkeit in der Einöde. Zwischendrin verlorene Gitarrenriffs, die an der Fassade kratzen und die man da doch eigentlich gar nicht haben möchte. Dann wieder betäubender Beat – Das passt.
Dass man es mit einer Hälfte von The Knife zu tun hat, wird spätestens beim Gesang deutlich. Karin hat wie üblich die Regler so weit hinunter gedreht und verfremdet, dass der Hörer es im Großteil der Songs kaum mehr erkennen kann, dass man es mit einer Frau zu tun hat. Es klingt, als ob einem Akku die Energie ausgeht – Und trotzdem, oder genau deswegen, übt diese Art von Gesang eine ganz besondere Magie aus. Man kennt und liebt das seit „Silent Shout“ von The Knife und kann sich nur darüber freuen, dass dieses Stilmittel auch beim Soloprojekt noch weiter Verwendung findet. Die Sehnsucht heischenden Texte erledigen den Rest, um das Mysterium Fever Ray zur Vollkommenheit zu bringen.
„This will never end, ‚cause I want more.
More, give me more, give me more.
If I had a heart, I could love you.
If I had a voice, I would sing.
After the night, when I wake up,
I’ll see what tomorrow brings…“
Wer The Knife mag, der wird Fever Ray lieben. Nahezu jeder Aspekt, der an der Band interessant ist, wird bei diesem Soloprojekt auf die Spitze getrieben und zur Perfektion gebracht. Wer seinen Verstand frei machen kann für Apokalypse in Zeitlupe, der ist mit Fever Ray wahnsinnig gut beraten. Kopf ausschalten, Delirium. Es ist alles ein Produkt deines Geistes. There’s nothing to be afraid of…
VÖ: „Fever Ray“ erschien am 27.03.2009 auf Coop.
Eins der besten Alben diesen Jahres.
„Wer The Knife mag, der wird Fever Ray lieben.“ Nicht unbedingt. Aber wer Björk noch düsterer will ist hiermit gut bedient.