Es ging ein Seufzer der Erleichtung durch Hamburg, als dieses Konzert bestätigt wurde. Eigentlich war Fever Ray nämlich bereits im Mai für ein Konzert hier gebucht, aber aufgrund der aufwendigen Produktion ihrer Show musste der Abend zunächst abgesagt werden. Ein halbes Jahr später war es nun aber endlich soweit, dass Fever Ray doch ins Kampnagel kam, um ihr Solo-Album live zu präsentieren.
Im Vorfeld sprach ich mit einigen Leuten, da ich viel zu rechtzeitig am Kampnagel ankam. Dabei ergaben sich aber interessante Erkenntnisse, da manche Besucher sogar durch halb Deutschland gereist sind, um diesen Abend miterleben zu können Aber das zurecht, denn diejenigen, die Fever Ray bereits beim MELT! dieses Jahr live sahen, waren sich einig, dass der Auftritt dort schon sehr überwältigend war. Meine Erinnerungen an das MELT! waren bereits ziemlich verschwommen, also betrat ich in freudiger Erwartung das K6, die größte Halle des Kampnagel. Gerade als ich meinen Platz gefunden hatte, betrat Hildur Guðnadóttir die Bühne, um ihr Programm zu präsentieren. Es handelt sich um eine junge Isländerin mit Cello. Da sie schick verkleidet war und das hypnotische Licht bereits die Bühne bestrahlte, passte das gut ins Vorprogramm von Fever Ray. Allerdings waren 40 Minuten ein wenig lang für diese Art von Musik. Denn zeigte man sich während der ersten zwei Lieder noch beeindruckt, wurde ihr Stil schnell ziemlich langweilig.
Aber nach ihrem Auftritt musste auch nicht mehr lang gewartet werden, bis Karin Dreijer Andersson alias Fever Ray und ihre Band die Bühne enterten. Für viele Besucher endete das ein wenig chaotisch, denn sogar eine Zigarettenpause war zu lang. So war in den ersten Minuten des Auftritts massives Tummeln angesagt, da hunderte von Leuten zurück in die Halle stürmten und nach ihren Plätzen suchten. Das zerstörte die Stimmung, die der melodische Anfang vom ersten Song „If I Had A Heart“ üblicherweise mit sich bringt. Aber nachdem dann alle angekommen waren, war man auch bereit, sich auf das Abenteuer Fever Ray einzulassen. Bereits während des Openers merkte man, wie sich Räucherstäbchenduft durch den ganzen Raum verteilte. Fantastische Idee, um das Publikum in eine Fantasiewelt einzuladen. Alle schlenderten leicht benommen durch die Nebelschwaden und spätestens, als die gigantischen Laser das erste Mal zum Einsatz kamen, waren alle gefangen. Die Laser bildeten zu Beginn gemeinsam mit dem Nebel ein einzigartiges Bild. Es war, als ob sich eine Decke über den Raum legt. Wie eine Ölschicht, die sich durch die Luft zieht.
Beim zweiten Song, „Concrete Walls“, wurde dann aber auch deutlich, was die Show sonst noch zu bieten hat. Der Sound im K6 ist nahezu perfekt. Dementsprechend gut ist auch die Bassanlage. Wer auf einem der Stuhlplätze saß, hat die Vibration von der Fuß- bis in die Haarspitze gespürt, selbst aus der Entfernung. Im Takt dazu zuckten während des gesamten Auftritts die Laserstrahlen, wechselten stimmungsvoll ihre Farben und unterstrichen die Stimmung voll und ganz. In der Mitte des Sets setzten dann noch blaue Lichtkegel mit ein. Dazu singt Karin stes durch einen Vocoder, dass es einen nur so schaudern lässt. Man ist hin-und hergezogen zwischen Grusel und Wohligkeit. Ein Tanz mit dem Teufel. Einfach ein sehr beeindruckendes Gesamtbild.
Insgesamt war das Konzert noch umwerfender, als man erwartet hatte. Die Favoriten des Albums, „When I Grow Up“ und „Keep The Streets Empty For Me“ wurden ebenso gespielt wie das irritierend formlose „Coconut“, wobei die Musik angesichts der atemberaubenden Sound-und Lichttechnik fast ein wenig zu kurz kam. Ein Manko hatte der Abend zudem: Man sah wirklich kaum, was sich auf der Bühne abspielte. Es waren alle verkleidet, daher war das schade. Um zeremonielle Stimmung herbeizuführen, wäre es sicherlich auch falsch gewesen, Festtagsbeleuchtung im Saal einzuschalten, aber bis auf wenige Sekunden hat man nicht einmal die Musiker so richtig erspähen dürfen. Aber das beeindruckende Ende des Konzerts machte sowieso alles wieder wett. Ohne Zugabe, sondern mit einem ohrenbetäubendem, tiefen Bass, der bis ins Knochenmark ging, wurde das Publikum verabschiedet, während die Lichter im Saal wieder angingen. Wessen Mund bisher noch nicht offen stand, tat es spätestens jetzt. ‚More, give me more, give me more…‘ – Hoffentlich bald wieder.
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