In den Genuss der „Shin Megami Tensei“-Serie kamen deutsche Spieler bis dato durch Auskopplungen wie „Lucifer’s Call“ oder „Digital Devil Saga“ – Allesamt Spiele, die mit einem ungewöhnlich dichtgeflochtenen Handlungsstrang überzeugen konnten. Da die Resonanz so positiv ausfiel, kommt mit „Persona 3“ nun auch der erste Ableger der in Japan längst gefeierten Persona-Reihe hierzulande (auf englischer Sprache) für die PS2 auf den Markt.
Ein Trailer zu „Shin Megami Tensei – Persona 3“:
Zu Beginn ein paar einleitende Worte zur Story des Games: Ihr spielt einen jungen Mann, der nach einiger Zeit in seine Heimatstadt zurückkehrt, um dort wieder zur Schule zu gehen. Ihr kommt in einer Art Jugendherberge unter, wo ihr mit ein paar anderen Schülern wohnen könnt. Besonders wichtig ist dabei ein Mädchen, das die gleiche Vergangenheit wie ihr teilt und auch die Eltern verloren hat. Tagsüber läuft auch alles so, wie es bei einem normalen Jugendlichen der Fall ist: Früh aufstehen, zur Schule gehen, nachmittags was unternehmen, abends schlafen gehen. Allerdings wird des Nachts alles anders. Eurem Protagonisten wird bewusst, dass irgendwas nicht stimmt, ihn plagen merkwürdige Träume. Nach und nach wird ihm mehr bewusst, in was für einer Situation er sich befindet und wird schlussendlich von zwei seiner Klassenkameraden, die dasselbe wie er erleben, in das Geheimnis eingeweiht: Einige Auserwählte Menschen, sogenannte SEES (Specialized Extracurricular Execution Squad), sind die einzigen, die die „Dark Hour“ miterleben. Diese Stunde ist die 25. des Tages, die ein normaler Mensch nicht mitbekommt, da er entweder schläft; oder wenn er nicht schläft in diesem Zeitraum in einen Sarg gesperrt wird, wo sein Gedächtnis für die Zeit einfriert. Als Mitglieder der SEES ist es nun die Aufgabe von eurem Schützling und seinen Freunden, die Welt von den „Shadows“ zu befreien. Das sind böse Geister, die in der Dark Hour über die Welt jagen und ihr Schlechtes bringen. Man nennt euch deswegen Auserwählte, weil ihr die einzigen Menschen seid, denen es ist möglich ist, sich bei Nacht mit Hilfe ihrer „Persona“ zu verteidigen. Persona sind Dämonen, die ihr heraufbeschwören könnt, indem ihr euch einen Kopfschuss versetzt. Soviel zunächst. Klingt alles sehr dramatisch und skurril, aber dieser merkwürdige Touch zeichnete die „Shin Megami Tensei“-Serie bisher immer aus und sorgt für eine dichte Atmosphäre und einzigartige Spielweise.
Euer Leben tagsüber, als Schüler, bestreitet ihr trotz der seltsamen Geschehnisse bei Nacht aber ganz normal weiter. Ihr geht in den Unterricht, legt Prüfungen ab, esst zu Mittag und kümmert euch um soziale Kontakte. Aber dies ist nicht umsonst! Alle Handlungen, die am Tag unternommen werden, haben Auswirkungen auf euren Status und bringen bei Nacht entweder positive oder negative Folge mit sich. Wenn ihr im Unterricht eine Frage richtet beantwortet, steigt euer Charme an, da ihr von der Klasse bewundert werdet und wenn ihr einem Kumpel im Alltag helft, kann man mit einem Anstieg der Social Links rechnen. Aber nicht nur euer Charakter gewinnt dazu, sondern auch eure Persona, die ihr im Laufe der Zeit kreieren und in euer Team integrieren könnt. Alltägliche Diskussionen und jegliche Handlungen sind der Punkt, der dem Spiel das Attribut „Simulation“ verleiht. Bei jeder Äußerung des Protagonisten könnt ihr zwischen verschiedenen Antworten wählen, die eure Beziehungen zu anderen Charakteren und somit auch euer Nachtleben beeinflussen. Man kann sich wirklich gut in die Figur hineinversetzen, manchmal fühlt man sich ein wenig wie bei Sims. Tolles Prinzip, sowas in ein RPG mit einfließen zu lassen.
In den Nächten zieht ihr dann im Tartarus Tower in die Schlacht gegen das Böse. Der Tartarus Tower mit seinen 250 Stockwerken ist kein anderes Gebäude als eure Schule, das sich zu der Dark Hour in eine riesige Welt voller Shadows verwandelt. Je nachdem, wieviel Zeit ihr in Tartarus verbringt, hat das auch Einfluss auf euren Schützling. Wer die ganze Nacht kämpft und keinen Schlaf findet, ist in der Schule natürlich übermüdet und kassiert schlechtere Noten ein. Wenn man es sehr übertreibt, können die Charaktere sogar krank werden. So ist es empfohlen, ab und an auch mal einen Abend zu Hause zu bleiben und als Ausgleich für die Schule zu lernen oder einfach Schlaf nachzuholen. Das Kampfsystem ist fantastisch aufgebaut. Ihr könnt zwar stets nur direkten Einfluss auf euren Hauptcharakter nehmen, aber die anderen Mitglieder eures Trupps könnt ihr im Vorfeld durch Strategieeinstellungen in eurem Sinn beeinflussen. Und für NPC-Verhältnisse läuft das Ganze wirklich gut! Im späteren Verlauf gibt es dann auch noch die Möglichkeit, weitere Strategien hinzu zu gewinnen, so dass ein Charakter besonders oft Heilzauber anwendet oder Ähnliches. Für den Protagonisten gilt es zwischen verschiedenen Tätigkeiten zu wählen: Skill, Attack, Wait, Escape, Persona, Tactics und Item. Auf zwei Anzeigen müsst ihr während des Kampfs immer ein Auge haben: Die Hit Points (HP), also euer Leben und die Spirit Points (SP), also eure Energie. Kaum versieht man sich, bringt ein Absinken das unverhoffte Ende.
Was lässt sich zusätzlich noch erwähnen? Wie bei jedem Rollenspiel muss man hier mit einer Menge Zwischenszenen leben können, Unterhaltungen und Videosequenzen. Aber speziell die animierten Parts sind sehr nett anzusehen und in einwandfreiem Anime-Design gehalten. Auch die Sprachausgabe kann man nicht bemängeln. Lupenreines Englisch tönt da aus den Boxen, den Lesefaulen wird also jede Konversation sogar noch vorgelesen. Im Gegensatz zu den meisten deutschen Synchronsprechern bringen die Amerikaner die Emotionen wirklich überzeugend rüber. So ist es dahingehend also sogar positiv anzurechnen, dass das Spiel nie auf Deutsch erschien. Der Soundtrack vom Spiel ist wahnsinnig detailverliebt und aufwändig produziert. Der amerikanischen Special Version des Spiels liegt sogar eine passende CD mit den Songs dabei. Aber manchmal wirkt der Soundtrack auch etwas deplaziert und störend. Im Kampf hat man mit japanischem HipHop zu leben. Ja, sogar mit Gesang. Das wirkt desöfteren ziemlich ablenkend und nervend.
Alles in allem ist „Shin Megami Tensei – Persona 3“ ein wirklich überzeugendes Rollenspiel, das mit seinen ca. 100 Stunden Umfang definitiv für Abwechslung sorgen kann. Sowohl Story als auch Gameplay wissen auf nahezu voller Linie zu überzeugen. Lediglich die Grafik lässt In-Game ein wenig zu wünschen übrig, aber darüber kann man hinwegsehen. Das Spiel kann sich locker mit Genregrößen wie Final Fantasy messen und erinnert an Nischenhelden wie Star Ocean. Wenn die Aufmerksamkeit weiterhin so groß bleibt, kann man eventuell auch bei uns auf den vierten Teil der großartigen Persona-Serie hoffen!
VÖ: „Persona 3“ ist seit dem 29.02.2008 bei THQ erhältlich.