Festivals jenseits des Mainstreams erfreuen sich seit Jahren immer größerer Beliebtheit, sei es das Immergut, das Haldern Pop oder das Orange Blossom Special. In diesem Jahr feiert ein weiteres, kleines feines Festival seine bereits fünfte Auflage: Das Musikschutzgebiet Festival. Etliche ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich Jahr für Jahr dafür, Indie-Kultur ins schöne Homberg (Efze), etwa 20 Kilometer südlich von Kassel gelegen, zu bringen. Wir sprachen mit Hubi, Vereinsvorsitzendem des Musikschutzgebiet e.V., über die Planungen und die Entwicklung des Festivals.
Mit welcher Motivation habt ihr euch vor fünf Jahren entschlossen ein Festival auf dem Land zu veranstalten?
Hubi: Bekanntlich entstehen ja auf Partys mit ein paar Freunden die besten Ideen. So war es auch beim Musikschutzgebiet. Zur späteren Stunde stellten wir uns die Frage: Warum gehen wir so oft auf mittelmäßige Parties mit unterdurchschnittlicher Musik? Warum stellen wir nicht mal selbst was auf die Beine stellen?
Viele Ideen verlaufen dann im Sand, doch uns hat die Idee, ein Festival in unseren heimischen Gefilden zu veranstalten, so angespornt, dass wir es einfach angepackt haben.
Was wolltet ihr damit erreichen?
Die ideelle Leitlinie des MSG lässt sich auf unterschiedliche Ziele konkretisieren: gemeinsam mit Freunden etwas Langfristiges zu schaffen, was einen über Jahre verbindet, auch wenn alle Schaffenden längst in alle Himmelsrichtungen verstreut sind. Dann wollen wir der Jugend Nordhessens mindestens einmal jährlich ein kulturelles Alternativangebot bieten und last but not least wollen wir auch jungen, regionalen Bands die Möglichkeit geben wollen, ihre Klasse unter Beweis zu stellen. Deshalb spielen auch jedes Jahr starke Nachwuchsbands aus der Region auf dem Musikschutzgebiet.
Konntet ihr diese Ziele verwirklichen?
Definitiv! Wir unterstützen weiterhin Regio-Bands mit Bühnenpräsenz: sechs Kombos heizen dem Publikum dieses Jahr ein.
Wir stehen kurz vor dem 5. Festival und das Team hat sich von Jahr zu Jahr erweitert und professionalisiert. Der Gemeinschaftsgeist ist noch genauso stark wie früher – wenn nicht stärker. Das gesamte MSG-Team opfert seit Jahren bereitwillig einen großen Teil seiner Freizeit für das Festival und die gemeinsame Sache. Wir mussten manchen Tiefschlag hinnehmen, aber konnten noch viel öfter bestaunen, was wir da geschaffen haben. Solche Erlebnisse schweißen einen unheimlich zusammen.
Das Festival findet in diesem Jahr zum fünften Mal statt, was war bis jetzt, rückblickend, der beste Augenblick, der beste Auftritt, das beste Erlebnis?
Ein absolutes Highlight ist bereits ein regenfreies und sonnenintensives Wochenende. Aber ganz im Ernst: es gibt so viele kleine und schöne Erlebnisse, die würden durch die Hervorhebung eines einzelnen Erlebnisses unnötig in den Schatten gestellt. Aber, es war schon ein bewegender Moment, als 2004 die ersten Klänge aus der Box dröhnten oder die Band ‚Personenaufzug‘ aus Hamburg 2007 scheinbar erstmals so viel Natur genießen durfte, dass die Band Member am Ende gar nicht mehr nach Hause wollten. Jetzt kann ich mich ja doch kaum zurückhalten… Erlebt Euren eigenen besonderen Moment auf dem Musikschutzgebiet und kommt vom 22. bis 24. Mai auf den Grünhof nach Homberg (Efze).
Auf welche Band freut ihr euch in diesem Jahr besonders?
So differenziert und bunt unser Line-Up ist, genauso unterschiedlich sind die Musikvorlieben im Team. Zu dieser Frage würde wohl jedes Mitglied eine andere Band nennen. Ich feier ungemein die Livepräsenz von The Audience, aber ich bin auch gespannt auf Diego und die Engländer Scanners mit ihrer bildhübschen Frontfrau.
Gibt es Unterschiede in der Organisation des ersten Festivals zum diesjährigen, fünften?
Wer hat den Satz von seinen Eltern noch nicht gehört: man lernt nie aus! Das Schöne ist, dass wir versuchen jedes Mitglied dort wirken zu lassen, wo seine Stärken liegen. In diesem Bereich entwickelt sich ja jeder weiter und hat auch den eigenen Anspruch, es dieses Jahr noch ein bisschen besser zu machen. Wir sind im letzten Jahr dazu übergegangen, Entscheidungen zu dezentralisieren und eigenständig arbeitende Einheiten zu schaffen. Das funktioniert ganz gut. Aber spätestens am Festivalwochenende gibt es doch immer noch genug Chaos.
Wer darf bei der Organisation mitmachen? Wie kann man sich beteiligen?
Wir sind eine offene Community! Jeder, der Lust hat mitzumachen, ist herzlich willkommen. Wer richtig im Team mitmachen möchte, kann sich jederzeit bei uns melden und beim nächsten Teamtreffen mal reinschnuppern.
Nicht zuletzt stehen an jedem Festivalwochenende auch noch eine ganze Menge Helfer und Freunde bereit, um dem Musikschutzgebiet Leben einzuhauchen. Das Festival und sein Team wären nichts ohne die riesige Menge an zusätzlichen Helfern, die sich Jahr für Jahr für unser Festival einsetzen. Ein großes Danke-Schön an dieser Stelle!
Wie funktioniert bei euch die Zusammenarbeit? Gibt es da
Zuständigkeiten oder entscheidet ihr alles gemeinsam?
Die Strategie wird immer im Team ausgearbeitet und diskutiert. Aber im Endeffekt haben wir uns in den letzten Jahren von der Basisdemokratie ein wenig entfernt. Wir tauschen uns aus, aber jede organisatorische Einheit entscheidet schlussendlich eigenverantwortlich. Wenn bspw. der Booker ein super Angebot von einer super Band bekommt, schlägt er auch auf eigene Faust zu, ohne das gesamte Team vorher zu befragen. Denn wir organisieren das Festival ja in unserer Freizeit und da muss man Kompetenzen verteilen, um sich nicht zu sehr mit Detailfragen aufzuhalten.
Was ist das Besondere am MSG?
Das Wir-Gefühl gepaart mit richtig, richtig guter Musik. Viele Musiker freuen sich jedes Jahr über die familiäre Atmosphäre und die Zuschauer schätzen, dass jeder bei Fragen und Problemen ansprechbar ist.
Was hat es mit der Sofaoase auf sich?
Die Sofaoase ist das Schmiermittel der Kommunikation auf dem Musikschutzgebiet und fördert die entspannte Atmosphäre. Auf dem gesamten Festivalgelände sind Sessel und Sofas verteilt, die darauf warten Menschen zusammenzubringen. Ein Manko an großen, kommerziellen Festivals ist oft mangelnder Komfort. Bei uns, erwischt du immer mal einen Platz auf der Couch. Wir haben über die Jahre so viele Sofas auf den Grünhof gebracht, da wird jeder Möbel Discounter neidisch.
Wie stellt ihr euch die Zukunft des MSG vor?
Ich denke, jeder aus dem Team würde mir beipflichten, wenn ich sage, dass dem MSG ein möglichst langes Leben beschert sein soll.
Wir setzen auf organisches Wachstum. Wir sind ein gemeinnütziger Verein und wollen nicht im Hau-Ruck-Verfahren an Größe gewinnen. Wir wollen uns langfristig etablieren und den Festivalbesuchern ein außergewöhnlich warmes Festival bieten, ohne auf erstklassige Musik verzichten zu müssen.
Welche Verantstaltungen organisiert ihr neben dem Festival?
Am Karfreitag organisieren wir in der Galerie Loyal in Kassel mit der HotCheeseCrew ein Mini Festival mit Art Show. Die HotCheeseCrew ist ein Verbund aus Grafikdesigner und Grafitti-Artists, die sensationelle Styles machen. Die Party trägt den Namen ‚BÄÄÄÄÄÄM‘, es steht ein internationales DJ Line-Up aus den USA, Brasilien und Deutschland an den Tellern und junge, motivierte Künstler werden ihre Werke ausstellen.
Besonders hervorzuheben sind noch die Krachgarten-Veranstaltungen des anorak21 e.V. Unbedingt auschecken!
Ansonsten betreten wir mit unserer ehrenamtlichen Tätigkeit auch festivalfremdes Terrain: so bieten wir dieses Jahr jungen Menschen auf dem Festival die Gelegenheit, einen kleines Praktikum beim Filmteam zu absolvieren und durch Praxis und Gespräche mit den Verantwortlichen Einblicke in die Arbeitsweise des Mediengestalters zu bekommen.
Wenn ihr Euer Traum Line-Up buchen könntet, welches wäre das?
Das Line-Up des Musikschutzgebiets 2009! Auschecken auf www.musikschutzgebiet.de
Das Musikschutzgebiet Festival findet vom 22. bis 24. Mai 2009 in Homberg (Efze) auf dem Grünhof statt, Wochenendtickets gibt es zum Preis von 13 Euro (!!!). Mit dabei sind unter anderem:
Scanners, The Audience, Escape Hawaii, Der Tante Renate, Diego, Woog Riots, Elektroboys, Jaya the Cat, Wrongkong und viele weitere!
Das Interview führten Friederike und Sonja
Hier verlosen wir vier Shirts vom Festival!