Startseite » Im Gespräch mit Russell von Editors

Im Gespräch mit Russell von Editors

Als Editors vor einer Woche ihre Show auf die Bühne des Kölner Palladiums brachten, gab es für das Publikum kein Halten mehr. Bevor sie aber mit einem mehr als beeindruckenden Auftritt sämtliche Gemütsbewegungen aus den Anwesenden heraus kitzelten, trafen wir ihren Bassisten zum Gespräch. Russell Leetch über die Unzufriedenheit eigener Musikvideos, Pläne für Neujahr und Emporio Armani.

Wie geht’s dir?
Mir geht’s ziemlich gut, ja, nicht schlecht auf jeden Fall.

Wie ist es bisher wieder auf Tour zu sein?
Es war toll. Wir waren gestern Abend in Tilburg (Niederlande, Anm. d. Red.), haben ein paar Shows in Holland gespielt und waren auch in Brüssel. Vorher waren wir in UK auf Tour. Wir haben also in vielen Städten Halt gemacht. Der Abend sollte gut verlaufen. Es wird voll, heiß und schweißtreibend, aber das ist gut!

Jetzt ist das Album draußen und offensichtlich ziemlich anders. Wie ist es für euch, einen Mix aus den drei LPs live zu spielen?

Es bedeutet sehr viel Spaß für uns. Je mehr Alben man aufgenommen hat, desto mehr Material hat man, um damit rumspielen zu können. Wir spielen jeden Abend ungefähr 1Stunde und 40Minuten. Das ist das längste Set, das wir je gespielt haben. Das sind 20Songs, ziemlich viele davon sind vom neuen Album, werden aber durch Lieder von den ersten beiden Platten aufgelockert. Das läuft gut!
Ist es irgendwie komisch, einen Mix aus all diesen verschiedenen Styles zu spielen?
Nicht wirklich. Es vermischt sich alles zu einem Ganzen. Es klingt gut und zusammenhängend. Auch wenn dieses Album wirklich anders klingt, so ist es immer noch laut und immer noch eine Band, die es spielt.

Noch eine Frage zum Album. Seid ihr es schon Leid von allen Seiten durch Klischees als depressiv und düster bezeichnet zu werden? Was denkst du über Leute, die so von euch reden?
Ich denke nicht wirklich darüber nach. All meine Lieblingsbands haben zumeist eh eine etwas dunklere Seite an sich. Ich weiß sowieso nicht, was glückliche Musik sein soll. Ich verstehe nicht, wie sie uns gerne hätten. Als Menschen sind wir ziemlich glücklich und freundlich zu anderen.
Ihr seht euch also nicht als „depressiv“ an?
Nein. Es sollte ja eh nur um die Musik gehen.

Hast du schon eine Veränderung im Publikum gemerkt, jetzt, da das neue Album draußen ist?
Ich glaube, das dauert eine Weile, bis die Leute wissen, ob sie es mögen oder nicht. Wenn es Leute gibt, die das letzte Album mochten, weil dort so viele Gitarren vertreten waren, dann könnte ich mir vorstellen, dass sie dieses nicht mögen und vielleicht kein Fan der Editors bleiben werden. Ich weiß nicht. Ich denke aber, dass wir beim letzten Album doch ein wenig zu dessiniert mit Gitarren gearbeitet haben. Dieses kommt da stilmäßig dem ersten doch näher.

Habt ihr euch unter Druck gesetzt gefühlt oder hattet ihr etwas Angst, dass die Resonanz auf das aktuelle Album nicht die beste sein könnte?

Nicht wirklich. Ich denke, wenn wir etwas sehr Ähnliches gemacht hätten, dann wäre das einfach langweilig gewesen. Und dann hätten uns die Leute vorgeworfen, dass wir das Gleiche nochmal gemacht haben. Wir wollen auch nicht das Gleiche wiederholen. Wenn es nichts Anderes oder Neues für uns wäre, dann würden wir keine Musik machen.
Das würde keinen Spaß machen.
Ja, genau.

Etwas komplett Anderes. Ihr müsst mit all den Presseterminen ziemlich beschäftigt sein. Was magst du bzw. hasst du an dieser Aufgabe?
Wir müssen es einfach tun. Wir sagen nicht, dass wir das nicht machen wollen. Das zu tun, wäre nicht sehr schlau von einer Band, weil du ja willst, dass die Leute auf diese Art auf dich aufmerksam werden, indem andere dadurch gute Musik hervorheben. Allgemein gesehen, machen wir aber keine Interviews, um in Magazinen zu erscheinen. Die Redakteure, die über dich schreiben, sind die Guten.
Siehst du das einfach als Teil deines Jobs?
Ja, es bedeutet mehr Arbeit. Es ist nichts, was wir uns aus Spaß ausgesucht haben. Es ist immer eine komische Sache, weil du nicht weißt, mit wem du sprichst und du weißt nicht, wie sie dich befragen werden oder was ihre Absicht sein könnte.
Wenn du in der Position wärst, Editors bei einem Interview eine Frage zu stellen, gäbe es etwas, was die auf dem Herzen liegt?
Nein, darüber habe ich noch nie nachgedacht. Ich will das auch irgendwie nicht. (lacht)
Gibt es irgendwas, das nie gefragt wurde und du für erwähnenswert hälst?
Nee, nicht wirklich. (lacht)

Wenn du die Chance hättest, eine Kollaboration mit einer Girl Band zu machen, welche Band würdest du dir aussuchen?
Bat For Lashes oder Björk.
Gute Wahl!

Du lebst in New York, richtig? Wie stellt ihr es an zu proben?
Wir proben nicht wie eine Band, die noch kein Album veröffentlicht hat. Es ist anders, denn wenn wir eine Sammlung von Songs haben, dann gehen wir in ein Rehearsal Studio. Wir wollen keinen Proberaum haben, in dem wir uns dreimal die Woche treffen, nur weil man üben muss. Wir ziehen es vor, das blockartig abzuhalten.
Macht ihr das dann in England? London?
Jap, genau.
Seid ihr denn dann alle frequent flyers bei einer Airline, ihr müsst ja sicher viel reisen?
Ja, das sind wir alle.
Darf ich fragen welche? Ist es eine britische?
Es kommt darauf an. Wir fliegen ziemlich viel mit Virgin (Atlantic, Anm. d. Red.)

Wenn du mit einer Band Karrieren tauschen könntest, welche würdest du wählen?
Das würde ich nicht machen, das wäre total unlogisch für mich. Ich weiß nicht, ich wollte nicht irgendjemand anderes sein, das muss man schon selbst machen. Ich wollte nicht in einer anderen Band sein.
Nicht mal für einen Tag, um zu sehen, wie es bei anderen abläuft?
Nein, das wäre nur komisch. Wisst ihr, das ganze Prinzip einer Band ist, sich weiter zu entwickeln und der Sinn hinter einer Band ist, Leute zu treffen, mit der man in einer Band sein will. Das nur für einen Tag zu machen, wäre bescheuert.

Welcher Firma würdet ihr nie einen Song für ihre Werbung schreiben oder ihr nie erlauben, einen eurer Songs für diesen Zweck zu nutzen?
Wir haben bisher noch niemanden einen unserer Songs nutzen lassen, ihr müsst mir eine vorschlagen, die gut wäre.
Ihr seid aber zum Beispiel auf dem Twilight OST vertreten, richtig?
Ja, aber das ist ja ein Film. Wir waren schon bei mehreren Filmen und TV-Produktionen vertreten, aber wir haben nie einen Song für ein Produkt hergegeben. In der Zwischenzeit, wird das wohl auch so bleiben. Wir wollen nicht die Musik für Right Guard (Marke eines Deodorants, Anm. d. Red.) oder Emporio Armani sein.
Das haben doch Interpol gemacht, oder?
Ja, die haben das Angebot nach uns bekommen.
(Allgemeines Gelächter bricht aus.)
Das ist ja interessant!

Wie sieht es mit der Zukunft aus? Was habt ihr geplant?
Wir werden noch eine Weile touren. Wir sind in den letzten vier Jahren viel auf Tour gewesen und ich denke, wir werden eher gucken, dass wir mehr Zeit im Studio verbringen und mehr Songs veröffentlichen und ein Album zusammen stellen. Wir wollen ziemlich schnell wieder ein Album aufnehmen, anstatt zwei Jahre zu warten, weil wir so viel touren müssen.

Plant ihr wieder ein Video so wie mit „Bones“ zu machen?
Oh, das war nicht so gut, wie wir uns erhofft hatten. Wir konnten es nicht veröffentlichen, weil es ziemlich scheiße war. Ich habe es nicht bearbeitet, es war einfach nur ein Typ, der das alles zusammen geschnitten hat. Ich denke, wenn wir so etwas machen wollten, dann würden wir es von jemandem außerhalb der Band filmen lassen. Also, wenn wir ein Roadmovie machen wollten.
Und generell gefragt, macht es euch Spaß eure Ideen beim Videodreh mit einzubringen oder seid ihr da nicht so mit einbezogen?
Das ist eine schwierige Frage, weil wir nie bei den Videos Regie führen. Wir können also keine Kontrolle darüber haben. Wir lassen das den Regisseur machen, denn im Endeffekt wird es seine Kunst sein. Wir gucken uns die vorherigen Arbeiten an, bevor wir uns für einen Regisseur entscheiden und sehen, ob das mit ihm was Gutes werden könnte. Es ist wirklich schwierig, einen Regisseur zu bekommen, weil manche wirklich so beschäftigt sind, dass es manchmal nicht zu Stande kommen kann. Wenn er erst im April einen Termin für dich findet, die Single aber im Januar raus kommen soll, kann das nicht funktionieren. Das ist also ziemlich kompliziert und es kostet auch viel Geld.
Gibt es Videos von euch, mit denen du nicht richtig zufrieden bist?
Oh, ich mag einen Haufen unserer Videos nicht! Ich hasse viele unserer Videos!
Wirklich? Welche denn?
Die erste Version von „Bullets„, warum wir dann auch die zweite gedreht haben. Okay, machen wir es so rum. Die einzigen Videos, die ich wirklich mag sind „Smokers“ und „Munich“ und die zweite Version von „Bullets“.
Und warum? Gibt es einen speziellen Grund?
Ich mag den Stil, ihre Gerissenheit und sie erzählen eine Geschichte. Und die anderen sind einfach etwas, was ich mir nicht nochmal ansehen wollte. Das ist nicht die Art, wie ich präsentiert werden möchte.
Aber könnt ihr keinen Einfluss darauf haben? Und einfach sagen, dass sie das ein oder andere nicht machen sollen?
Nein, nicht wirklich. Man kann natürlich sagen, dass man diesen oder jenen Teil nicht mag, aber wenn dir das gesamte Video nicht gefällt, dir also der Anfang nicht passt, kann nichts Gutes dabei raus kommen.
Habt ihr denn vor einem Videodreh keine Diskussion mit dem Regisseur?
Oh doch, das schon. Aber letztendlich liegt es doch in den Händen der Macher. Wir sagen, was unangenehm für uns wäre, aber wir legen viel Vertrauen in ihre Meinung. Ich mag auch das „The End Has A Start“– Video mit den tanzenden Mädchen,. Ich mag also vier, das ist nicht so schlecht!

In einem Interview hat Chris mal von eurem Facebook-Account gesprochen.
Die Fanpage?
Nein, das offizielle.
Ach, ja. Da bin ich auch noch nie drauf gewesen.
Kannst du noch einen Überblick behalten, über all das, was sich im Hintergrund abspielt? Was andere Leute in deinem Namen alles anstellen?
Ich weiß nicht. Ich passe einfach nicht auf, das ergibt auch keinen Sinn.
Liest du deine Blogs?
Nein. Aber ich lese ein paar Blogs. Zum Beispiel The Brooklyn Vegan, eine amerikanische Seite. Die beschäftigt sich hauptsächlich damit, was in New York musikmäßig abgeht. Früher bin ich noch mehreres durchgegangen, aber es gibt so viele Meinungen da draußen. Wenn du dir über sowas Sorgen machst, kann dir das wohl starke Kopfschmerzen bereiten.

Letzte Frage. Was macht ihr an Silvester?
Da spielen wir sogar eine Show.
Oh, echt?
Ja, in Tasmanien. (Australien, Anm. d. Red.)
Oh, cool!
Ja, wir spielen auf dem Falls Festival. Und ich glaube, Grizzly Bear, Yeah Yeah Yeahs und wir treten auf. Das sollte gut werden. Darauf freu ich mich. Und in der Woche von Weihnachten mach ich Urlaub in Neuseeland.
Schön!

Vielen Dank, Russell!
Danke euch! Habt noch einen tollen Tag!

Das Interview wurde gemeinsam von Alex und Marleen geführt.

Wir freuen uns über deinen Kommentar: