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Im Gespräch mit Kreisky

Kreisky ist eine Band aus Österreich. 2009 haben sie ihr zweites Album namens „Meine Schuld, Meine Schuld, Meine Große Schuld“ herausgebracht. Die Platte wurde hochgelobt – und das zurecht. So kam es uns sehr entgegen, dass die Band am 13. Januar mal wieder in Hamburg vorbeischaute, um ein Konzert im Grünen Jäger zu spielen. Wir nutzten die Chance, um mit Franz, Gregor, Martin und Klaus ein paar Worte zum aktuellen Geschehen und neuen Plänen zu wechseln.

Ihr habt ja heute im Grünen Jäger gespielt, was eher ein kleiner Club ist. Ist Österreich standet ihr aber auch schon auf größeren Bühnen. Was mögt ihr denn lieber, kleine oder große Auftritte?

Gregor: Auf großen Bühnen in Deutschland zu spielen ist das Allerschönste!

Das hattet ihr ja nun aber noch nicht so oft…?

Franz: Ab und an. Aber es hat eigentlich alles seinen Charme. Die optimale Größe eines Konzerts sind 300 bis 500 Leute, finde ich persönlich. Große Bühnen sind natürlich angenehm zu spielen, weil man da seinen Raum hat, aber wenn die Stimmung in einem kleinen Laden gut ist, so wie heute im Grünen Jäger, dann ist das auch eine tolle Sache.
Gregor: Für mich ist der Grüne Jäger ein ziemlich besonderes Ding. Schon allein in Hamburg zu spielen ist immer wieder eine tolle Erfahrung, da Hamburg ja schon als eine große Musikstadt angesehen wird. Wir waren hier schon oft Bier trinken und wenn man dann mal hier spielen kann – Super! Hamburg hat außerdem einen sehr großen Friedhof. In Hamburg ist der Friedhof größer als in Wien, aber in Wien gibt es mehr Tote!
Franz: Ab in die Horizontale…

Die Texte auf euren Platten sind ja durchweg negativ. Wo nehmt ihr all diese Gedanken her? Sind das eigene Erfahrungen, die ihr da verarbeitet?

Franz: ‚Negativ‘ würd ich das gar nicht mal nennen.

Aggressiv, angreifend?

Franz: Ja, genau. Und das entsteht aus einer Hilflosigkeit heraus. Man baut sich ja immer seine Theorien auf, zu dem, was man macht. Und meine derzeitige Theorie zu meinen Texten ist, dass das eigentlich sehr positive Texte sind, die aber das Positive weglassen, damit der Hörer sich selbst auch was hinzudenken kann. Es ist ja auch so, dass die Sehnsucht in den Texten immer Thema ist.
Gregor: Wir sind so gesehen eigentlich eine verkappte Romantikband.
Franz: Als wir die Band gegründet haben, war es auch unser Ziel, eine eigene Stimme zu finden und etwas zu erschaffen, was es derzeit in der deutschsprachigen Popmusik noch nicht gibt. Das Grundgefühl in unserer Musik ist eigentlich eine leise Melancholie, die durch laute Diskrepanzen und Disharmonien ergänzt wird und die auf Dingen aufbaut, die wir selbst erlebt haben. Diese Disharmonie speist sich aus einer Sehnsucht nach Klarheit. So gesehen kann man das gar nicht genau sagen, ob wir nun negative, positive, angreifende oder was-auch-immer Texte haben. Denn wenn man will, steckt alles mit drin.

Was es in den Neunzigern in Hamburg gab, diese ganze Hamburger Schule Nummer, scheint sich jetzt so langsam in Österreich aufzubauen. Was haltet ihr davon?

Gregor: Die Antwort auf die Frage ist die, die wahrscheinlich vor 15 Jahren auch die Hamburger Schule Bands gegeben haben. Nämlich, dass es diese ganze Szene eigentlich gar nicht gibt. Man kennt sich und schätzt sich zwar, aber es gibt keinen wirklichen gemeinsamen Nenner.
Franz: Weil man sich auch nicht, oder nur selten, aufeinander bezieht.
Martin: Es passieren noch immer viel zu viele verschiedene Dinge in Österreich, als dass man da nun eine feste Szene ausmachen könnte. Es sind viele verschiedene Projekte, die derzeit – zurecht – Aufmerksamkeit kriegen. Und es ist spannend, das zu verfolgen. Aber ‚Szene‘ ist dafür wahrscheinlich das falsche Wort.
Klaus: Das, was ich feststelle und was vielleicht ein gemeinsamer Nenner ist: Dass Bands und Einzelkünstler, die derzeit aus Österreich Gehör finden, nicht mehr diesem Kopistentum zugerechnet werden können. Das heißt, dass sie nicht an internationalen Vorbildern orientiert sind und dann lediglich den gut gemachten nationalen Nachbau dessen abliefern, sondern wirklich eigene Ideen entwerfen. Und das denke ich, ist ein gutes Zeichen, wenn es nicht nur gut gemachte Kopien gibt, sondern auch originäre Sachen, die geschätzt werden. Aber abgesehen davon gibt es wirklich keine Szene, wo sich alles überschneidet. Das ist vielleicht auch nur Zufall, dass sich die Bands bei uns in Österreich derzeit so ansammeln.
Gregor: Aber Wien ist wirklich ein Sammelbecken! Wenn man in Österreich aufwächst und langsam erwachsen wird, weiß man, dass man unbedingt nach Wien möchte. In Österreich gibt es quasi nur eine Stadt und das ist Wien.

Und was ist mit Salzburg?

Gregor: Salzburg ist keine Stadt!
Klaus: Oh Gott!
Franz: Salzburg ist auf jeden Fall keine Stadt für Rockmusik.
Gregor: Ich bin tatsächlich in Salzburg aufgewachsen und da hat es zu meiner Zeit wirklich nur beschissenen Metal gegeben. Da muss man weg. Und dann muss man so weit weg wie möglich.

Könntet ihr euch eigentlich auch vorstellen, nach Deutschland zu ziehen, oder wollt ihr in Österreich bleiben?

Franz: Wir wollen dort bleiben. In Österreich haben wir den Lebensmittelpunkt gefunden. Wir sind ja auch nicht mehr so jung, als dass wir noch alle Bande abreißen und losziehen wollen. Abgesehen davon ist es auch nicht unsere oberste Priorität, in Deutschland groß rauszukommen, sondern wir wollen einfach Musik machen. Und dann mal sehen, wohin uns das führt.

Franz, du kannst ja ziemlich gut in andere Rollen schlüpfen, wie du mit deinem Projekt Austrofred beweist. Wie ist es für dich, Sänger von Kreisky zu sein? Ist das für dich auch nur ein weitere Rolle, in die du dich begeben kannst, oder bist das wirklich DU dahinter?

Franz: Jeder, der auf eine Bühne steigt, begibt sich in eine Rolle hinein. Ganz egal, ob man sich dazu noch verkleidet, oder ob man reiner Instrumentalist ist. Gleichzeitig ist man aber auch immer man selbst. Diese beiden Bestandteile sind unauflösbar. Es gibt keinen Moment, auch nicht bei Austrofred, wo ich auf die Bühne gehe und von mir denke, dass ich nun ganz wer anders bin. Es gehört immer beides dazu.

In euren Musikvideos sieht man euch gerne Sport treiben. In dem einen spielt ihr Bowling, im nächsten seid ihr schwimmen und im Aktuellen spielt ihr Tischtennis. Ist das ein roter Faden, den ihr absichtlich zieht, oder wie kommt es dazu?

Gregor: Genau genommen sind das ja auch so typische Anti-Sportarten. Kegeln und Tischtennis sind ja mehr Freizeitaktivitäten als wirklicher Sport.
Franz: Wir sind ja in erster Linie eine Musikband. Und wenn man ein Video zu einem Song dreht, versucht man sich darzustellen. Und wenn man sich versucht darzustellen, stößt man auf Probleme. Die Darstellung als Band ist immer mit Klischees verbunden. Man kennt das ja, dieses Kumpelhafte, dieses Zusammengehörigkeitsgefühl. Und wir treiben das Ganze auf die Spitze. Wir überzeichnen dieses Teamhafte dadurch, dass wir Sport machen.
Martin: Beim Video zu „Dow Jones“ ist das ja noch etwas Spezieller, weil es da ja eher um das Drama geht, das sich im Subtext abspielt, als um das Tischtennisspiel an sich. Das Drama, das sich im Text des Songs abspielt, spiegelt sich in unseren Gesichtern in der Mimik wider. Das war dort die Idee. Es hat also alles weniger mit Sport zu tun, als man auf den ersten Blick denkt.
Franz: Was bei dem Song auch ganz besonders ist: Der eigentliche Wortsinn wird stets unterbunden von dem, was gemeint ist. Die Gedanken, die eigentlich gemeint sind, werden dann im Video durch den Subtext der Mimik unterstützt.

Euer letztes Album „Meine Schuld, Meine Schuld, Meine Grosse Schuld“ kam im April 2009 heraus. Ein paar neue Songs existieren anscheinend schon, denn ein neues Stück habt ihr heute bereits gespielt. Wann kann man denn mit einer neuen Platte rechnen?

Franz: Um ehrlich zu sein ist der Song, den wir heute gespielt haben, auch der einzige, der bisher fertig ist. 2012, vielleicht auch 2011 kann man wohl mit was Neuem rechnen. Das kommt drauf an, wie fleißig wir sind und was so aus uns herausrinnt. Was uns so einfällt. Wir setzen uns da nicht unter Druck, etwas herausbringen zu müssen. Wir schreiben nur dann Songs, wenn wir wirklich frische und gute Ansätze haben. Es bringt ja nichts, sich zu wiederholen. Es muss für uns und hoffentlich auch für die Hörer etwas Neues bedeuten. Dann lohnt es sich, etwas aufzunehmen.

Alles klar, das war es mit meinen Fragen. Vielen Dank für eure Zeit!

Franz: Wir haben zu danken!


Rezension zu „Meine Schuld, Meine Schuld, Meine Grosse Schuld“

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