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Im Gespräch mit Tobbe und Beitz von Matula

Gerade haben Matula ihr zweites Album „Blinker“ veröffentlicht, ein guter Grund sich mal mit den Jungs zusammen zu setzen und ein paar Fragen zu stellen. Dieses hat unser ehemaliger Chefredakteur Martin Schramm in Berlin mit Tobbe und Beitz getan, aber lest selbst.

Mit dem Schreiben für Mainstage habe ich vor rund drei Jahren aus Zeitmangel aufgehört. In meiner recht kurzen Musikjournalistengeschichte führte ich genau zwei eigenständige Interviews:
Eines mit Boysetsfire-Frontmann Nathan Gray (jetzt The Casting Out) – nach dem Interview merkte ich, dass das Mikrofon meines mp3-Players verstopft war – die Aufnahme gab nichts her.
Das andere Interview führte ich mit Matula, 2007 währends des Antifee-Festivals in Göttingen. Ein entspanntes Gespräch an einem warmen Tag auf einer Wiese, routiniert aufgezeichnet vom nicht verstopften Mobiltelefon. Dieses fragte mich nach dem Gespräch, ob ich die Audioaufnahme speichern möchte – geistesgegenwärtig drückte ich „nein„.

Ich hatte also noch eine offene Rechnung mit den guten Jungs von Matula. Deshalb beschloss ich, vorerst einmal, erneut ein Interview mit ihnen zu führen. Der Auftritt am 05. Juni im Berliner Magnet zum neuen Album „Blinker“ war ein guter Anlass dafür.

Seien wir ehrlich: Die Band ist nicht euer Hauptverdienst. Was motiviert euch, nach all den Jahren trotzdem noch in einem Bus durch Deutschland zu fahren und bei Freunden auf der Couch zu schlafen?
Tobbe: Gerade dieses Wiedersehen von alten Freunden. Das kurze Entfliehen aus dem Alltag, neue Orte und neue Leute kennenlernen. Und vielleicht auch… irgendwie ein Zeichen setzen.

Ihr habt zum neuen Album „Blinker“ bisher eine kleine Tour gespielt. Was waren bleibende Eindrücke?
Tobbe: Die Leute sind jünger als wir. Vor ein paar Tagen bei unserem Auftritt standen da überall so 18-jährige Abiturienten rum. Da haben wir dann langsam gemerkt, dass wir älter werden. Sonst ist bisher nicht viel passiert – es war einfach gut, das neue Material live spielen zu können. Am 18. Juni wird es ein kleines Albumrelease in Hamburg geben, auf das wir sehr gespannt sind.

Gehen wir ein wenig auf das Album ein. Wer ist Fridtjof Nansen, nach dem ein Song benannt ist?
Beitz: Fridtjof Nansen war so eine Art Tausendsassa. Der ist zum Beispiel auf Skiern durch ganz Grönland gefahren, wurden dann später Politiker und bekam in den 1920ern sogar den Friedensnobelpreis. Ich hab Abends mal zufällig ne Biografie über ihn gesehen. Ich fand ihn und seinen Namen einfach ziemlich cool und beschloss, ihn irgendwie in nen Song einzubauen.

„Dann ist es Hammerbrook, dann bist du selber schuld“ heißt es im Song über den gleichnamigen Hamburger Stadtteil. Was hat die Schuld mit der Gegend zu tun?
Beitz: Ich wohne selbst in Hammerbrook. Es ist einfach eine Gegend, in der vor allem Firmen angesiedelt sind. Tagsüber ist da einiges los, abends läuft kein Arsch durch die Straßen. Ich gehe da manchmal spazieren und denke mir einfach, was das für ne Scheißgegend doch ist. (Die folgende Minute wird der Bassist ausgelacht und darüber diskutiert, wie un-punk Spazierengehen ist.)

Die Texte wirken im Vergleich zum 2007er-Vorgänger Kuddel geschlossener, nicht mehr wie Gedankenfetzen.
Beitz: Ja, ist mir auch aufgefallen. Ich denke einfach, dass das der musikalische Fortschritt ist, den ich beim Songschreiben in den letzten Jahren gemacht habe.

Wo auf dem Vorgänger noch ein Instrumentalstück zu finden war und die Gitarren phasenweise sehr präsent war, sind sie nun klarer und auch zurückhaltender. Ist das auch Fortschritt?
Tobbe: Kann man so sagen. Auch an den Instrumenten haben wir uns verbessert. Und gemerkt, dass wir da nicht immer noch ein Gitarrenlick reinschmeißen brauchen – ökonomisches Songwriting, wenn man so will.

Wie kommt es, dass ihr euch größtenteils auf dich, Tobbe, als Sänger reduziert habt?
Tobbe: Moment, auf manchen Stücken sind wir schon noch mehrstimmig! Das war nicht mal wirklich ein bewusster Schritt – wir hatten einfach nich mehr genug Zeit. Auf einmal hatten wir nur noch einen Tag im Studio und mussten noch einige Gesangsparts aufnehmen, da hat es schlicht nicht für alles gereicht. Gefällt uns aber trotzdem so.

Steht ihr denn noch zum Kuddel?
Beitz: JA!
Tobbe: NEIN!
Beitz ergänzend: Also ich höre sie schon noch gelegentlich. Aber manches würden wir wohl so nicht mehr schreiben. Bei den aktuellen Liveauftritten wollen wir schon deutlich mehr von „Blinker“ spielen.

Habt ihr einen eigenen Favoriten auf dem Album?
Tobbe: Jeder hat wahrscheinlich seinen eigenen. Gerade, wenn man das Material dann live spielt, kommt vielleicht für den einen oder den anderen eine Präferenz auf. Aber wir mögen natürlich alle 10 Songs (kurze Pause)… obwohl Hammerbrook doch schon ein Song ist, wie wir ihn bisher nicht hatten.

Noch ein paar Fragen abseits der Band. Kurz und knapp: Wer wird Fußballweltmeister?
Beitz: Ich habe den Geheimtipp „Brasilien“ (wird wegen dieser Formulierung ausgelacht). Nein, wirklich, alle sagen immer Spanien, aber Brasilien hat dieses Jahr keine auf der Rechnung. Wartet’s nur ab. (Anm. d. Red: Das Interview wurde rund eine Woche vor WM-Beginn geführt.)

Ihr dürft euch nun selbst die Frage aussuchen: Warum ist Lady Gaga das Beste/Schlimmste, was unsere aktuelle Musikszene zu bieten hat?
Beitz: Ich wähle „schlechteste“. Rein musikalisch ist das doch einfach nur durchschnittlicher Dancepop. Das ist doch nicht mal neu, hat Madonna vor 20 Jahren auch gemacht. Vermaktungstechnisch gesehen kann man natürlich nicht abstreiten, dass sie etwas verkehrt macht.

Die letzte Frage: Welche Frage soll der nächste Künstler beantworten, den ich interviewe?
(Alle überlegen. Auf einmal springt Beitz auf) Ich hab was! Welcher Tetrisstein ist dein liebster?
(Die Band selbst diskutiert heftig und verbleibt irgendwo zwischen dem T und dem Stab, wobei hingegen der Block äußerst unbeliebt ist).

Vielen Dank für das Gespräch und viel Spaß bei eurem Auftritt!

Ich war froh, endlich eine verwertbare Audioaufnahme zu haben. Im Laufe der folgenden Nacht habe ich mein Telefon verloren.

Martin Schramm unter freundlicher Assistenz von Henrik Sontag

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