Wenn man seine Musiksammlung via Computer durchforstet und auf der Suche nach dem neuen Album von Ja, Panik ist, genügt es, die Worte „Ja“ und „Angst“ einzugeben. Und genau genommen würden diese beiden Worte auch schon genügen, um das nunmehr dritte Album „The Angst And The Money“ auf den Punkt zu bringen – Das Zugeständnis der eigenen Ängste und das Auseinandersetzen mit ebendiesen. Aber spezifizieren wir das Ganze doch noch ein bisschen…
Zunächst ist es erwähnenswert, dass Ja, Panik sich mit ihrem dritten Album von der Heimproduktion verabschieden und schnurstracks ins Studio von niemand geringerem als Moses Schneider (Tocotronic, Turbostaat, Beatsteaks) stolperten. Die fünfköpfige Band hat bei den Albumaufnahmen die Liebe zu Berlin entdeckt, Österreich verlassen und ist in unsere Hauptstadt gezogen. Ihre Spuren haben sie aber hinterlassen in ihrem Heimatland. In den vergangenen Jahren wurden Ja, Panik immer öfter als Retter der dortigen Musikszene gefeiert und in den vergangenen Jahren behandelten auch deutsche Musikliebhaber das Quintett zunehmend wie Propheten.
Doch wo liegt sie verborgen, die Magie dieser Band? Eigentlich machen sie das, was schon hunderte… – ach, tausende – von Bands vor ihnen versucht haben: Rockmusik mit Gitarre, Bass, Schlagzeug, Klavier und deutschsprachigen Texten. Und doch schaffen Ja, Panik so viel mehr als nur das. Gerade jetzt, wo die Musik nicht mehr nach WG-Produktion, sondern Moses Schneider-esque größer, räumlicher und direkter klingt, kann man sich dem überspringenden Flair nicht mehr entziehen. Ja, Panik experimentieren nun mehr, speziell mit Schlagzeug und Gitarre. Die Gitarren jaulen nun häufiger, bringen Songs wie „1000 Times“ oder „Ja, Es Stimmt“ mit Flanger-Effekten dem Noise-Sound nah. Dem Schlagzeug wird mehr Beachtung geschenkt als noch zuvor, es paart sich häufig punktgenau mit dem Gesang und schafft es, dass man unweigerlich mit dem Kopf nickt und mit dem Fuß zuckt, wenn man das Album hört. Denn vor allem schaffen Ja, Panik es noch immer, ohrwurmreife Hits zu schreiben, die im Kopf hängen bleiben. Selbst der ruhigste Track „Blue Eyes“ – eine wahre Ballade – bringt einen unterschwelligen, packenden Rhythmus mit sich.
Die Musik ist die eine Sache, die den Glanz der Band ausmacht, aber den Großteil schaffen die Lyrics. Sänger und Texter Andreas Spechtl ist einer der besten deutschsprachigen Texter, die es je gegeben hat. Er packt Banalitäten seines Erlebten am Kern und bringt sie mal gesungen, mal geschrien, mal geflüstert so auf einen Nenner, dass sich der aufmerksame Hörer schlichtweg darin wiederfinden muss. Nicht immer verwendet er eindeutige Parolen wie „Ach verdammt. Alles hin. Alles Geld. Alles Angst.“ – Gerne wird es auch ein wenig kryptischer. Aber wer sich damit auseinandersetzt, wird eine Formulierungskunst und Erfindungsgabe aufdecken, die es heutzutage nur noch selten gibt. Wie auf den letzten Alben wird dabei auch gerne mal Deutsch und Englisch durcheinander geworfen, ohne dabei künstlich zu wirken. Stellenweise finden sich sogar französische Textfetzen wieder. Es reicht eine Sprache eben nicht aus, um all das in Worte zu verpacken…
„Von hier nimmst du jetzt besser brav Reißaus. Danke für alles, für den tosenden Applaus.
Du mit deinen Quecksilberaugen, mit deinem Mund aus Rauch. Ja, es stimmt,
ich käm nicht hierher, wenn du für mich wirklich gestorben wärst.
Und ich bin ungeschickt, like a rich man’s child.
Ja, es stimmt, like a rich man’s child.
Chérie, je suis perdue…“
Ja, Panik ist eine der bedeutendsten Bands unserer Zeit und bekommt nun allmählich endlich die Aufmerksamkeit, die sie verdient. Das Fazit zum dritten Streich… Bringen wir es doch einfach mit einem passenden Zitat der Platte zum Ende: „Ich komme nun also doch endlich zu dem Schluss, dass ein gesunder Mensch wie ich ganz einfach schrecklich Angst haben muss.“ Ja. Panik treibt dich.
VÖ: Am 05.09.2009 bei Staatsakt.
Schöne Rezension! Macht mir lust aufs Album, obwohl mich die Band vorher so rein gar nicht interessierte- du schreibst immer besser und besser! :) Liebste Grüße!
grandiose platte!