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James Dean Bradfield – The Great Western

jdb cover

Vor zwei Jahren verkündeten die Manic Street Preachers offiziell eine „Pause“. Wer dachte, dies hätte tatsächlich zur Folge, dass auch deren Magie für eine weile völlig unversprüht bleiben würde, wird eben diesen Gedanken schleunigst revidieren müssen. Während Drummer Sean Moore ein Soloprojekt in Form einer Familiengründung gelingt, bleibt Frontmann James Dean Bradfield bei dem, was ihm laut eigener Aussage schon direkt nach Beginn der Manics-Pause so sehr gefehlt habe: Der Musik!

Mit seinem Solodebut, das den historisch belegten Namen „The Great Western“ erhielt, veröffentlicht James Dean Bradfield ein Werk, das weit mehr über dessen Persönlichkeit verrät, als es die vergangenen Manics-Platten taten, da, abgesehen von der Coverversion von Jacques Brels „To See A Friend In Tears“ sowie dem von Nicholas Wire (ebenfalls Manic Street Preachers) geschriebenen „Bad Boys And Painkillers“ alle Lieder selbst geschrieben wurden.

Die Eröffnung des Albums erfolgt gleich durch das erste Highlight, namentlich „That’s No Way To Tell A Lie“, das zeigt, dass James nach all den Jahren nie den Bezug zu politischen Ereignissen verloren hat. So ist der Text eine deutliche Kritik an dem fehlerhaften Verhalten der Religionsorganisationen hinsichtlich der Ausbreitung des AIDS-Virus in Afrika. Bereits bei dem Opener des Albums macht die Liebe zum Detail auf sich aufmerksam, die sich durch das komplette Werk zieht: Anstatt sich mit eingängigen Tönen zu begnügen, wird das Stück mithilfe von im Hintergrund wirkendem Händeklatschen und weiteren Kleinigkeiten verfeinert („Shalalala…“).

Auch Bradfields Herzlichkeit hinterlässt ihre deutlichen Spuren: „An English Gentleman“ zollt dem vor vielen Jahren verstorbenen Freund, Verleger und Mentor der Manics, Philip Hall, Tribut. „But you gave us more than we needed friend – And we’re so happy to be at the door of an English gentleman” erklärt James’ Stimme enthusiastisch, während die Deutlichkeit dieser Aussage durch die Backgroundvocals betont wird.

Nun wird einem folgende Frage kommen: Ist das Ding komplett? Wirkt es? Oder fehlt etwa doch etwas? „Well…“

Es wäre gelogen, zu sagen, es sei ein Album, dessen Wirkung beim ersten Hören einschlägt. Und ebenso falsch wäre es, zu sagen, die Magie der vergangenen Zeiten der Manic Street Preachers fände hier einen vollständigen Fortlauf. Die Melancholie, die in einigen Texten steckt, verfehlt, auch aufgrund der Verwendung einzelner Instrumente sowie der bereits erwähnten Details, leider teilweise ihre Wirkung. Die Tiefe, die in diesem Werk steckt, schafft es nicht immer, sich ihren Weg mit den Schallwellen in die Ohren des Hörers zu bahnen.

Und dennoch gelingt es James Dean Bradfield, mit „The Great Western“ ein Album zu veröffentlichen, das, ganz unabhängig vom Kontext vergangener Zeiten, zeigt, wie schön es sein kann, sich der Musik hinzugeben und diese auf sich Wirken zu lassen. Man muss sich Zeit nehmen. Tut man das, wird man auch spüren, was dahinter steckt. Legt man die Platte jedoch nach dem ersten Reinhören aufgrund nicht direkt ankommender Euphorie wieder weg, verpasst man etwas sehr Wertvolles.

Weitere Infos findet ihr auf der offiziellen Homepage Bradfields.

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