Die Manic Street Preachers veröffentlichen das spannendste und heiß erwartenste Album seit Jahren.“Journal for Plague Lovers“ ist eine Reise in die Vergangenheit der Band aus Cardiff und vielleicht auch ein Stück Vergangenheitsbewältigung. 1995 verschwand Bandmitglied Richey Edwards spurlos, im vergangenen Jahr wurde er offiziell für tot erklärt. „Journal for Plague Lovers“ enthält ausschließlich Texte des extrovertierten Gitarristen.
Wer sich ein bisschen mit den Manics auskennt, dem wird der Stil des Covers gleich bekannt vorkommen. Die Künstlerin Jenny Saville war bereits für das Artwork von „The Holy Bible“ verantwortlich. Und es gibt noch mehr Parallelen zu diesem Album, welches für die Manics langezeit stilprägend war und von der englischen Presse als eins der wichtigsten Alben aller Zeiten bezeichnet wurde.
Richey Edwards war bis 1995 Gitarrist der Band und neben Bassist Nicky Wire hauptsächlich für die Texte verantwortlich und galt außerdem als kreativer Kopf der Band. Am 01. Februar 1995 verschwand Richey Edwards, der oft als depressiv galt und dessen Alkohol- und Drogenprobleme kein Geheimnis waren, spurlos. Sein Auto wurde an einer Brücke gefunden, die in Cardiff berühmt für ihre Selbstmörder ist. Ob das eine geschickte Strategie war, um für immer unterzutauchen oder ob er sich wirklich das Leben nahm, konnte bis heute nicht herausgefunden werden. Im November 2008 wurde er, fast 14 Jahre nach seinem Verschwinden, per Gericht offiziell für tot erklärt und somit alle Spekulationen aus dem Weg geräumt. Die drei verbliebenen Street Preachers sahen es jetzt an der Zeit, Richeys alte Texte aus dem Schrank zu holen und zu verwerten, denn diese seien nach Angaben der Band viel zu gut und wertvoll, um sie nicht zu verwenden.
In der dreiviertel Stunde Musik auf „Journal for Plague Lovers“ hört man den Einfluss von Richey Edwards: Rauer und ungeschliffener als auf den letzten Alben klingen die Manic Street Preachers und man hat den Eindruck, dass das neue Werk perfekt zwischen „The Holy Bible“ und „Everything must go“ gepasst hätte. Fans der Manics kann man meistens in zwei Lager teilen: Die, die lieber die rauen Sachen von Anfang bis Mitte der 90er Jahre mochten, und dann die, die lieber die glattgeschliffenen, poppigen Sachen mögen á la „This is my Truth tell me yours„. Auch wenn die Musik nicht ganz so störrisch ist wie zu Beginn ihrer Karriere kann man das neue Album schon eher darin einsortieren.
James Dean Bradfield ist laut und wirkt seit langem mal wieder richtig aggressiv – im nächsten Moment haucht er dann wieder intime Momente ins Mikrofon wie bei „This Joke Sport Servered„. Klingt „Marlon J.D.“ am Anfang durch das Schlagzeug richtig poppig, überrascht der Track zum Ende durch sein wahnsinniges Gitarrensolo. Das beste Lied singt auf dieser Platte allerdings Bassist Nicky Wire, nämlich „William’s last words„. Ein vertonter Abschiedsbrief in dem es heißt: „Isn’t it lovely when the dawn brings the dew, I’ll be watching over you„. Und wenn Nicky Wire die Textzeile „wish me some luck as you wave goodbye to me, you’re the best friends I ever had“ seines besten Freundes Richey singt, hat das schon etwas von letzten Worten an seine Band.
„Journal for Plague Lovers“ ist kein Tribut-Album an Richey Edwards oder gar eine Glorifizierung, sondern die Manic Street Preachers aus dem Jahr 2009, die mit viel Feingefühl die Überbleibsel ihrer Vergangenheit eingearbeitet haben. Lange haben die Manics nicht mehr so gut und innovativ geklungen. Rockige Gitarren und Überraschungen machen das neue Werk zu spannender Musik, die man auch nach dem fünften Mal noch gerne hört und die einen richtig begeistern kann.
Manic Street Preachers – „Journal for Plague Lovers“ ist am 15. Mai 2009 über Sony Music erschienen.