Hundert Jahre nach Rainer Maria Rilke ziehen Maxïmo Park mit ihrem lange und skeptisch erwartetem dritten Album „Quicken The Heart“ aus, um die Romantik zu retten. Ein ehrenwertes Unterfangen, das sich bereits auf dem Vorgänger erahnen ließ. Auf ihrem güldenen Herzbeschleuniger schreiben die Nordengländer Emotion nun nochmal mindestens zehn Schriftgrößen größer – andere Qualitäten dafür leider kleiner. Verträumte Komplexität statt der zuletzt erprobten Eingängigkeit steht diesmal auf dem Programm.
Here’s a song that finally you can understand
A minor statement to counteract the bland
A list of wraithlike things
That quicken the heart
Aha. So und mit einem Zitat des Dichters Rainer Maria Rilke aus dem Sommer 1909 auf der ersten Seite des Booklets erklären Maxïmo Park unkommentiert dessen Nachfolge und ihren state of the art 2009. Aufgenommen wurde „Quicken The Heart“ in Los Angeles mit Produzent Nick Launay (Yeah Yeah Yeahs, Talking Heads) und das erklärt vielleicht schon die lockere, harmonische Grundhaltung des Langspielers.
Wer sich auf neue Variationen der charmant manisch-tanzbaren Rumpeligkeit vom 2006er Debut „A Certain Trigger“ gefreut und eingestellt hat, wird vermutlich bei den ersten Durchläufen von „Quicken The Heart“ Enttäuschung und Langeweile feststellen. Gibt man der Scheibe aber eine zweite, dritte und vielleicht auch fünfte Chance – wenn es denn überhaupt noch so lange braucht -, lösen sich aus den dahin plätschernden ersten Stücke bald die Umrisse großartiger Geschichten. Untermalt von komplexen Songwriting aus wummernden Bässen, Synthesizern, aufheulenden Gitarren und solide vertracktem Schlagwerk, erzählt mit der charakteristischen leicht britischen Färbung eines gewohnt ausdrucksstarken Paul Smith.
Ehemalige, gegenwärtige und angehende Liebesbeziehungen standen schon immer im Fokus der Maxïmo Park’schen Texte, die sich auch hier wieder zwischen kryptischer Poesie und alltagsnahen Beschreibungen einpendeln. Vom besonderen Aufeinandertreffen unter einer geheimnisvollen Wolke, Parallelwelten, klinischen Sünden, Fensterbänken, Spülbecken und jeder Menge Zwischenmenschlichkeiten – leidenschaftlich besungen. Zwischen den Zeilen jede Menge Verzweiflung und düsteres Verlangen, die sich besonders bei den aufeinander folgenden Stücken „Roller Disco Dreams“, „Tanned“ und „Questing, Not Coasting“ in flehenden Refrains äußern.
Einmal in Ohr und Herz gelassen, wird man besonders diese nicht mehr so schnell los. Obwohl technisch einwandfrei, funktioniert hier vieles erst auf den zweiten Blick. Als große Hymnen kann man sich die Stücke nur schwerlich vorstellen, aber die Detailteufel bespringen den Hörer irgendwann aus dem Hinterhalt – und ehe man sich versieht, hat man Zeilen wie „I don’t mind losing self-respect. I’ve done it before and I’ll do it again“ aus der ersten Single „The Kids Are Sick Again“ oder die Absage an die Arbeitswelt „I’ve answered enough phones for one life and I’ve worn too many ties around my neck“ („Calm“) innbrünstig verinnerlicht.
Schon das Zweitwerk „Our Earthly Pleasures“ war weit entfernt von der rohen Rotzigkeit und hektischen Genialität des Debuts und zeigte die Richtung zur gefühlsnahen Harmonik, die Maxïmo Park 2009 prägen. Einheit und Zusammenspiel der Band wirken auf „Quicken The Heart“ ausgereifter und professioneller als bisher. Man scheint sich gefunden und Stärken ausgebaut zu haben. Hier Anleihen an Joy Devision, The Jam, The Go-Betweens oder The Cure, aber dennoch eindeutig Maxïmo Park. Unverkrampft verschmelzen die vielschichtigen Arrangements und stilistische Hakenschläge wie warme Butter – ohne Rumpeln, aber mit umso mehr Herzschmerz. Und der kickt eben nicht immer und jeden.. aber irgendwann bestimmt, denn „Time is overrated“ („I Haven’t Seen Her In Ages“)
VÖ: 08.05.2009 bei Warp/Rough Trade
Maxïmo Park live 2009:
- 30.05.2009 Stadtpark Open Air Hamburg
- 05.06.2009 Fri-Son CH-Fribourg
- 06.06.2008 Kofmehl CH-Solothurn
- 07.08.2009 Open Flair Eschwege
- 07.08.2009 Taubertal Open Air
- 12.08.2009 Sziget Budapest
- 21.08.2009 Highfield Erfurt