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Milburn – Well Well Well

Verehrter Leser, nehmen sie sich ein wenig Zeit, um sich Folgendes vorzustellen: Großbritannien. England. Sheffield. Vier Musiker, zwischen 18 und 20 Jahren. Gitarre, Gitarre, Gesang, Gesang, Bass, Schlagzeug. Laut, wild, progressiv. Nun. Sollten Sie jetzt nicht an die Herren der Arctic Monkeys denken, gebe ich Ihnen bei nächstmöglicher Gelegenheit ein alkoholisches Getränk Ihrer Wahl aus. Dass Sheffield auch heute noch mehr zumindest potentiell hochwertige Musik aus der Indie-Ecke zu bieten hat, versuchen Milburn mit ihrem Debut, das den Namen „Well Well Well“ trägt, zu beweisen.

Es muss wohl schon einen guten Grund geben, wenn man sich nach dem Erhalt eines Einser-Abiturs persönlich gegen einen begehrten Studienplatz an der Uni in Cambridge entscheidet. Joe Carnall, seines Zeichens Frontmann von Milburn, sah diesen Grund genau in eben dieser jungen Band. Eine Entscheidung, über die sich so mancher Liebhaber junger, direkter, tanzfreudiger und britischer Independent-Musik freuen wird.

Die Eröffnung bietet der Titeltrack des Albums, Well Well Well. Ein Lied, das direkt die Vermutung erzeugt, dass es bewusst an den Anfang der Platte gesetzt wurde. Schnell versucht es, klarzustellen, dass es sich hier nicht um eine Gruppe junger Briten handelt, die womöglich nur Nutzen aus ihrer engen Freundschaft mit den Arctic Monkeys ziehen und lediglich ein wenig Ruhm abgreifen möchten. Im Gegenteil. Well Well Well hinterlässt den Eindruck, dass es den vier Jungs Ernst ist. Während Joe Carnall mit seinen Worten damit beginnt, heftig Kritik an fremdem Verhalten auszuüben, beweist auch die Verwendung der Instrumente, dass übliche Schemata gerade populärer britischer Rockmusik nicht eingehalten werden müssen, um tanzfreudige Musik zu machen. So singt der 18-jährige Cambridge-Ablehner Sätze wie „I don’t want apologies, I’d guarantee you’d do it all again!”, während deutliche Ska-Einflüsse auf den von Gitarre und Schlagzeug erzeugten Schalwellen mitschwingen.

Mit ebenso scharfer verbaler Kritik, aber weitaus rockigeren Gitarren folgt gleich im Anschluss eine noch deutlichere Einladung, die einen zu einem ganz besonderen Tanz auffordert: Hier geht es nicht nur darum, sich schnell zu bewegen, nein, hier geht es darum, die ganze Wut rauszuschütteln und sich dabei nicht falsch sondern ganz und gar verstanden zu fühlen. Auch Joe Carnall hat sich in seiner Kritik ein weiteres Mal nicht zurückgehalten, nur greift er sich dieses Mal ein typisches „Kompensationsverhalten“ falscher Poser, welches er treffend beschreibt: „Acting oh so original when he’s simply following the trends“. Man ist geneigt, ihm zuzustimmen!

Doch genau an diesem Punkt beginnt gleichermaßen, ein kleiner Zweifel seine Kreise zu ziehen: Der als „Send In The Boys“ betitelte dritte Track des Albums erzählt von einem Geiseldrama und verweist in der Verwendung der Instrumenten sowie in der gesamten Songstruktur dermaßen auf die bereits erwähnte Nachbarband, dass leider der Eindruck eines Authentizitätsmangels in den Vordergrund gedrückt wird. Und auch die folgenden Songs bieten keinerlei aufregende Abwechslung, die man sich von einer Band wünscht, die sich in ihrem ersten Eindruck als jung, kreativ, wild und typisch britisch präsentiert.

Mit „Well Well Well“ veröffentlichen Milburn also ein Album, das einerseits zeigt, dass das, was die Arctic Monkeys angefangen haben, noch nicht ausgeschöpft ist und dass in diesem Bereich noch einiges möglich ist, doch wird ihnen genau das spätestens nach der Hälfte der Platte zum Problem, da man aufgrund der mangelnden Variationen der Songs das Gefühl nicht loswird, dass es genau darum ging: Ein in die Zeit passendes Erfolgsalbum zu veröffentlichen. Schade. Mit etwas mehr Vielfalt wäre es ein wirklich gutes Album geworden. So bringt es zwar ein paar ohrwurmfreudige und auch clubtaugliche Songs hervor, bleibt aber leider trotzdem an der Durchschnittslatte hängen

Alle weiteren Informationen zu Milburn gibt es auf deren Homepage oder auf der MySpace-Seite.

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