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Muff Potter – Gute Aussicht

muffpotter-gute-aussichtManche Bands können einfach nicht ohne. Die haben Hummeln im Hintern, die können sich noch so oft vornehmen, ein Jahr mal Pause zu machen oder es wenigstens etwas ruhiger angehen zu lassen. Eine dieser Bands ist Muff Potter. Nach dem arbeitsreichen Jahr 2007 mit neuer Platte und langer Tour wurde 2008 Bandgeburtstag gefeiert, dann schnell mal noch Die Ärzte supporten und, ach, Ende des Jahres könnte man ja mal Songs machen… schwupps, da war die Platte fertig. Gute Aussicht steht drauf. Drin ist gute Musik.

Ganze fünfzehn Jahre alt sind Muff Potter 2008 geworden. Ein Jahr später gleich ein neues Album, obwohl das letzte doch erst zwei Jahre zurück liegt, und live eingespielt, ein Fast-Novum für die Jungs aus Nordrhein-Westfalen, denn bis auf „Heute wird gewonnen, bitte!“ waren bislang alles Studioproduktionen. Aufgenommen von Torsten Otto, der sich in Zusammenhang mit den Beatsteaks schon längst einen Namen als Engineer gemacht hat, und Nikolai Potthoff, bekannt von früheren Muff Potter-Produktionen.

Auf „Gute Aussicht“ ist die Live-Atmosphäre eindeutig mehr zu spüren als zu hören, so viel Energie steckt hier drin. Obwohl die Platte deutlich roher und härter klingt als die vorige, steht sie dennoch in keinem Vergleich mit den früheren Werken. Besonders textlich gibt es hier einiges rauszuholen: literarische Hochwertigkeiten, Metaphern und Wortspiele, aber noch immer mit ruhiger Hand auf die raue Punkrockwand gesprüht.

Bereits die erste Single „Blitzkredit Pop“ führt aufmerksame Hörer an „Gute Aussicht“ heran, auf dem Album geht es genauso weiter. Vielleicht etwas weniger eingängig und weitaus widerspenstiger, sperriger. Gesellschaftskritisch arbeitet sich Nagel durch einige Brennpunkte der heutigen Zeit. Bei Songs wie „Die Party ist vorbei“ (mit Live-Chor!), „Rave is not rave“ oder „Alles war schön und nichts tat weh“ lässt man sich leicht durch musikalische Fertigkeiten oder gewollte Eintönigkeit vom Inhalt ablenken, der gerade bei diesen 12 Liedern so wichtig zu sein scheint. Ähnlich ist es bei „Eiskunstlauf ohne Ton“, wo es eine ganze Weile dauern kann, bis sich der Zusammenhang erschließt zwischen Titel und Zeilen wie

Es wird Zeit, diesen Ort zu verlassen. Zwei große Augen im Neonlicht der U8.
Sie sagen irgendwas mit „…vermissen…“. Ich sage irgendwas mit „ach Quatsch!“

Natürlich geht es auch ruhiger zu. Die „muffpotterigste Muff Potter-Platte, die es jemals gab!“ (O-Ton Nikolai Potthoff) brennt nicht nur, sondern glüht an einigen Stellen eher unterschwellig. Da gibt es beispielsweise Songs wie „Niemand will den Hund begraben“, wo mit grandiosen Lyrics trist-ländlichen Bildern Leben eingehaucht wird, „Mein Freund, das Wrack“, eine fast tragische Hymne über die Leute, die alles besser wissen, aber sich nicht aufraffen können, etwas zu ändern, oder auch „Wie spät ist es, und warum?“ mit den wundervollen Zeilen:

… und ich will ja auch gar nicht immer nur schimpfen, aber: schlimmer als nichts zu wissen, ist nichts zu wissen und das Gegenteil zu behaupten…

Muff Potter haben hier eine Platte gemacht, die besser eigentlich kaum geht. Eine Platte, die einem sowohl musikalisch wie auch textlich ans Ohr wächst und besser wird, je öfter man sie hört. Unabhängig, ungeschliffen und selbstbewusst. Die Aussichten für die nächsten 15 Jahre sind mehr als gut.

Gute Aussicht (Huck’s Plattenkiste) gibts seit dem 17.04. bei jedem gut sortierten Plattenhändler.

P.S.: Übrigens stellten 2/4 Muff Potter die neuen Stücke einen Tag vor VÖ exklusiv akustisch im Berliner Ramones Museum vor. Bilder dazu findet ihr hier.

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