Bücher über Sex, Drugs und Rock’n’Roll gibt es mittlerweile wie Sand am Meer. Manche sind authentisch, manche besonders romantisch geschrieben. Manche behandeln traurige Kindheiten in Vorstädten, wo man von großen Musikkarrieren träumt. Wieder andere betätigen alle wilden Klischees von Groupies und Aftershow-Parties mit möglichst harten Drogen. Das Buch „Wo die wilden Maden graben“ von Muff Potter Sänger und Gitarrist Nagel ist anders. Hier findet der Leser keine großen Rock’n’Roll-Geschichten, keine kaputten Hotelzimmer oder en masse leichtbekleidete Mädchen. Stattdessen: kleine Punkrockkonzerte, unfreundliche Fans und Backstagepöbeleien.
In erster Linie schreibt Nagel in seinem Debütroman über die Grenzgängigkeit zwischen Alltag und Tour. Die Situation des ewigen Wartens, Monotonie und Bewegung in einem, und über das Gefühl, auf allen Straßen und in allen Clubs der Welt zu Hause zu sein, nur nicht mehr in den eigenen vier Wänden, wo alles nur davon dominiert wird, auf die nächsten Gigs zu warten.
Zwischen dem tristen erdrückenden Alltag, der schon längst zur Ausnahmesituation geworden ist und der Lethargie im Tourbus, beschreibt Nagel die Musik als einzige Fluchtmöglichkeit, und bietet damit in seinem Buch sowohl die Realität als auch die Authentizität, die vielen anderen Büchern dieses Genres fehlt.
„Ich erinnere mich daran, dass man sich von Zeit zu Zeit selbst daran erinnern muss, wofür man überhaupt unterwegs ist. Oder gegenseitig. Um den Trott zu vermeiden. Die Routine. Die Arschlosigkeit. Am Ball bleiben. Hunger. Wut. Leidenschaft. Solange ich Musik mache, werde ich nie vollständig zur Ruhe kommen. Es gibt keinen Punkt, an dem ich mich zurücklehnen und auf meinen Lorbeeren ausruhen darf. Das funktioniert nicht, zumindest nicht bei der Art von Musik, die wir machen. Ich muss mich selbst im Blick behalten. Ich will kein lahmer alter Sack sein.“
Nagel – Wo die wilden Maden graben
Ventil Verlag 2007
ISBN 978-3-931555-80-1