Gut gelaunt, nicht zuletzt aufgrund des sonnigen Wetters, aber vor allem dem heute Abend statt findenden Neimo Konzert entgegen fiebernd, treffen wir in der Prinzenbar ein. Zweifelsohne ist dieser Club einer der wohl schönsten, die dem Konzertbesucher in der Hansestadt geboten werden. Barocke Skulpturen hängen an den Wänden, ein Kronleuchter spendet schimmerndes Licht und verwinkelte Anhöhen gestatten Rückzugsmöglichkeiten. Der ideale Rahmen also, um den Klängen der momentan interessantesten französischen Indie-Formation zu lauschen.

Den Auftakt bestreitet jedoch das ebenfalls französische Trio Naive New Beaters. Mit brennenden Wunderkerzen auf ihren schillernden, geblümten Hemden, die wohl jede Tanzkapelle vor Neid erblassen lassen würde, präsentiert die Band ihren Stilmix aus Hip-Hop, Electro und ein wenig Pop. Stets um gute Stimmung bemüht verlangt Sänger David Boring anschließend an nahezu jeden Song nach „Basketball Checks“ aus dem Publikum. Nachdem auch wir brav abgeklatscht haben, enden die für unseren Geschmack zu langen 45 Minuten der skurrilen Pariser.

Während der Umbaupause erinnern wir uns an das letzte Gastspiel Neimos in Hamburg im November vergangenen Jahres im Grünen Jäger, einen Steinwurf von der heutigen Spielstätte entfernt. Damals traten die vier Musiker im Vorprogramm von den kanadischen The Coast vor gerade einmal 30 Zuhören auf.

Kurios ist auch, dass die Pariser Kombo in ihrer Heimat an der eigenen Sprache und den Konventionen der französischen Radiostationen scheiterte. Dort dürfen nämlich nur vereinzelt englischsprachige Stücke gespielt werden. Neimo fielen schlicht durch das Raster und gingen den Umweg über das europäische Umland. Vielleicht finden sich auch aufgrund dessen eindeutig mehr Menschen im Auditorium ein, als es im letzten Herbst der Fall war. Schätzungsweise 80, überwiegend weibliche Zuschauer sind es.

Um 22:15 Uhr betritt dann endlich besagtes Quartett die Bühne und rechtfertigt bereits mit seinem druckvollen Beginn unser heutiges Erscheinen in der Prinzenbar. Dem ersten Song „Can You Call Me“ folgt direkt „Echoing Pixels“. Ohnehin werden im Verlauf des Abends verstärkt die Songs des aktuellen Albums „Moderne Incidental“ vorgetragen.

Sänger Bruno Dallesandro erweist sich einmal mehr als charmanter und zu gleich leicht überheblicher Gastgeber, der sich geschmeidig durch das Programm seiner Band bewegt. Dieser Mann besticht sowohl durch seine Stimme als auch durch seine gestenreiche Bühnenpräsenz. In Lederjacke, weit geöffnetem Hemd, Röhrenjeans und spitzen, weißen Schuhen gewandet erweist sich der Mode-Lad sowieso treffsicher, was die Wahl seiner Garderobe anbelangt. Seine Mitstreiter fügen sich zumeist zurückhaltend in das harmonische Gefüge der Formation. Paradiesvogel Camille Troillard spielt seine Gitarre meist mit auf den Boden gerichteten Blick, Keyboarder Matthieu Jolly fällt nicht weiter auf und Schlagzeuger Vincent Girault sticht zwar vereinzelt durch alberne Mätzchen hervor, treibt die Songs aber dennoch äußerst taktsicher voran.

Und so genießen wir einen keineswegs routiniert-gelangweilten, sondern leidenschaftlichen Auftritt, der spätestens dann intim wird, als Sänger Bruno unser auf einer Empore befindliches Stehtischen erklimmt und singend mit uns, respektive vielmehr mit meiner weiblichen Begleitung kokettiert. Dabei wird jedoch auch anhand seines Atems deutlich, dass der Frontman an diesem Abend wohl kein Kraftfahrzeug mehr führen sollte. Sei es wie es sei, dieser Mann hat Charisma.

Der Funke will indes bei den übrigen Konzertbesuchern nicht so wirklich überspringen und so verstreichen die Songs unversehens, genau wie das gesamte Konzert. Schließlich kündigt Dallesandro „Johnny Five“ an, mit dem die Band ihr Set beschließen wird. Dem nun doch herzlichen Applaus und vereinzelten „Encore une fois!“-Rufen folgen zunächst einige französische Satzfragmente des verschmitz lächelnden Bruno und daraufhin zwei weitere Songs, die im Gegensatz zum vorherigen Zustand, das Publikum sofort in Bewegung versetzen.

Um 23:05 Uhr ist dann endgültig Schluss und wir freuen uns, um einige französische Vokabeln reicher, bereits auf das nächste Neimo Gastspiel in Hamburg.

—

Zur Foto Gallerie des Abends kommt ihr hier.

—

Neimo weiterhin auf Tour.

17. Apr. 09 München – Atomic Café

18. Apr. 09 Neunkirchen – Stummsche Reithalle

19. Apr. 09 Köln – Studio 672

22. Aug. 09 Erfurt – Highfield Festival