Während wir von Mainstage letztes Jahr zusammen mit einer übersichtlichen Menge unabhängiger Magazine das Debüt dieser Band in den Himmel lobten und eine Grundlage legten, muss man damit rechnen, dass genau diese Stützpfeiler beim neuen Album „The Colour Of Snow“ unter der überschäumenden Masse an Newsmeldungen von MTV und dem Wechsel zu Universal zusammenzubrechen droht oder zumindest an Bedeutung verliert. Die Rede ist von Polarkreis 18.
„The snow is black of lies, you have to believe it.“
Und wer einem Werbedeal mit Stefan Raab zusagt und die Singleauskopplung „Allein Allein“ als Hintergrundmusik zum aktuellen „TV Total Turmspringen“ durchgehen lässt, dem kann man einen gewissen Hang zum Narzissmus wohl auch nicht absprechen. Autsch. Auch befremdend: Allerorten wird die Band als „Newcomer des Jahres“ abgestempelt, die Single schoss auf Platz 8 der Charts. Dass die Jungs von Polarkreis 18 bereits seit ihrer Jugend zusammen Musik machen und eines der besten Alben des vergangenen Jahres herausbrachten, braucht man anscheinend nicht zu erwähnen. Sowas bringt ein Majorwechsel wohl mit sich. Ich will hier nicht den erhobenen Indie – Zeigefinger herausholen, sondern lediglich die Fakten auf den Tisch legen. Diesen Weg hätte man von Polarkreis 18 einfach nicht erwartet.
Nichts desto trotz, wenn es geht, bitte den Kopf freimachen von all dem und der Musik in ihrer reinen Form lauschen. Und das, was man da geboten bekommt, ist glücklicherweise das, was man von der Band gewohnt ist und sie aus dem Einheitsbrei heraushebt. Fernab von stereotypischer deutscher Musik wandeln sie auf Pfaden elektronischer Popmusik, Klassik, Rock und minimalistischen Aspekten, die über einen kurzen Umweg durch den Kopf direkt ins Herz gehen. Es ist also nicht verwunderlich, dass ein Lied den Namen „Untitled Picture“ trägt. Die Musik schafft es bei diesem Song auch ohne Worte die Bilder und Emotionen herbei zu zaubern, die beim Hörer ankommen sollen. Noch verstärkter als beim Vorgänger wird in der großen Instrumentenkiste gewühlt, diesmal wirkt das gesamte Filmorchester Babelsberg auf dem Album mit. Wenn schon, denn schon. Im Gegensatz dazu gibt es aber auch wieder eine handvoll ruhiger Momente auf dem Album. „River Loves The Ocean“ als bestes Beispiel. Der Song ist unübertrieben ein kleines Meisterwerk. Welches Lied sonst hat es bisher geschafft, einen so unbefangen in eine Fantasiewelt aus zerbrechlicher Kälte und mysteriöser Wärme zu katapultieren? Die Nymphengesänge tun den Rest, um 5 Minuten des Alltags ganz einfach auszulöschen.
Was diese Musik zusätzlich so besonders macht ist die Stimme von Sänger Felix. Derart androgyn und mit einer Kopfstimme, um die ihn so manche Frau mit Sicherheit beneidet. Besonders in den ruhigen Songs sticht der samtene Gesang hervor. Vergleiche kann man hier nicht ziehen, einfach einzigartig. Auch der wilde Sprachenmix passt perfekt. Die Musik bedarf keiner direkten Sprache, da ist es egal, ob nun gerade deutsch oder englisch gesungen wird, oder ob eine ganz eigene Fantasiesprache gebastelt wird. Es kommt alles vor. Aber wenn man dann doch mal genauer hinhört, dann unterstreichen die Texte durchaus das Bild, das die Musik erschafft:
„The tourists are on a train, so far away.
I will never be silent, I’m always among.
I will travel and travel and never come home.
Can’t get on the fast train, can’t find a way out.
I hope for the last train,
I hope for no doubt.“
Alles in allem lässt sich hier trotz des Promotion – Chaos also doch ein positiver Schlussstrich ziehen. Polarkreis 18 sind neben The Notwist noch immer die internationalste Band unseres Landes und letzten Endes haben sie eben auch eine ganze Menge Aufmerksamkeit verdient. Ob so ein radikaler Weg allerdings der Richtige ist, wird sich mit dem nächsten Album zeigen.
VÖ: „The Colour Of Snow“ erschien am 17.10.2008 auf Universal.
Tokio Hotel sind ja wohl die internationalste Band unseres Landes.
Vom Klang her? Ich glaube nicht ;)!
Vom Erfolg her mischen die vorn mit, klar.
@international: Was ist mit Scorpions, Nena, Rammstein, etc.?
Ich frag mich eher, was internationaler Klang sein soll.
Nicht typisch „deutsch“ eben. Danny… Chill mal ;).
notwist!!!1111111einself
Einfach nur langweilig, das ist das Prädikat!