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Preis für Popkultur erstmalig in Berlin vergeben

Als ich vor etwa einem Jahr von der Idee, dass es einen Preis für Popkultur geben sollte, der unabhängig von Verkaufszahlen sein würde, war ich sofort begeistert. Endlich ein Musikpreis, bei dem nicht die Anzahl der verkauften Tonträger entscheidet, sondern Gehör und Herz von Menschen, die für oder von der Musik leben, die Teil der Branche sind oder waren oder die für Popkultur brennen und diese Leidenschaft mit anderen teilen.

Der Preis für Popkultur soll anders sein. Nahezu jedes popkulturelle Schaffen, das in einem bestimmten Zeitraum stattfindet, hat die Chance ins Rampenlicht gerückt zu werden. Musik, jenseits des Mainstream, Ideen, Bühnenprojekte und Kampagnen, in denen die Popmusik einen großen Anteil ausmacht, schwimmende Festivals, enthusiastische Artikel und Gespräche über Popmusik, die im Nachtprogramm völlig zu Unrecht zu wenig Beachtung finden. All das bedarf Öffentlichkeit und Förderung. All das kann dieser Preis.

Am 9.9. wurde der Preis für Popkultur zum ersten Mal in Berlin im Tempodrom vergeben. Der Termin, Freitag vor dem Lollapalooza-Festival, war clever gewählt – es waren sowieso viele Musiker und Popkulturschaffende in der Stadt.

Das Tempodrom zu füllen ist schon eine Herausforderung und ich war etwas erstaunt, ja fast schockiert, dass die Premiere bereits so professionell aufgezogen wurde und in einer so großen Halle stattfand. Hätte für das erste Mal nicht eine kleinere Location gereicht, an die man sich nach 10 Jahren gerne schmunzelnd zurück erinnert?

Aber das Tempodrom war gut gefüllt mit Mitgliedern des Vereins, den nominierten Künstlern, Gästen und tatsächlich auch zahlenden Fans. Ein Lob schon einmal an dieser Stelle an diejenigen Künstler, die sich nach der Verleihung des Preises so liebevoll Zeit für ihre Fans genommen haben. Das kommt-gerade bei so großen Veranstaltungen- nicht besonders oft vor und wird mit steigendem Bekanntheitsgrad des Preises vermutlich abnehmen.

Der Entertainer und Musiker Bernd Begemann führte durch den Abend, was für Nicht-Szene-Kenner, denen seine spezielle Art nicht vertraut ist, sicher nicht ganz einfach war. Das zahlende Publikum war hörbar etwas verwirrt. Ansonsten verlief die Verleihung so, wie Verleihungen klassischerweise verlaufen: Nominierte werden vorgestellt, Laudatoren ( hier z.B. Felix Brummer (Kraftklub), Sven Regener (Element Of Crime), Daniel Miller (Gründer Mute Records)) treten hervor und sprechen warme Worte, der magische Umschlag wird unter notarieller Aufsicht geöffnet und der Gewinner freut sich, auch wenn man den Preis noch nicht richtig einordnen kann. Man kennt das. Und doch war hier der Adrenalinsprudel des Unbekannten, der Aufbruch in neue Sphären, zu spüren.

Ich hatte wirklich das Gefühl, jedem der musikbegeisterten Anwesenden war klar, dass hier etwas Besonderes entsteht. Es war die Magie des ersten Males. Dazu gehört auch, dass mal etwas schief läuft und man darüber hinweg sieht, denn die Leidenschaft für die Sache zählt und die fühlte man im Tempodrom bis unter die Zacken der Zirkuskrone. Alle hatten etwas gemeinsam: den Wunsch nach Gelingen.

Isolation Berlin eröffneten den Abend mit einem 20 minütigen Set. Bild: Alexandra David
Isolation Berlin eröffneten den Abend mit einem 20 minütigen Set. Bild: Alexandra David

Hinzu kamen wunderbare Künstler auf der Bühne: Isolation Berlin (mit dem passenden Eröffnungssong „Produkt“), Bosse mit Unterstützung des Berliner Kneipenchors, Casper, Boy und Drangsal. Wenn man es noch schafft, diesen barocken Flauschevorhang auf der Bühne, der so gar nicht passen wollte, auszutauschen, wäre das Rahmenprogramm perfekt.

Im Anschluß gab es, wie es sich für eine ordentliche Verleihung gehört, eine Aftershow-Party, bei der bestimmt dem ein oder anderen Initiator Felsbrocken vom der Pumpe gebröckelt sind, die sogleich mit hopfenhaltigen Kaltgetränken weggespült wurden. Der Abend war gut. Die Idee des Preises für Popkultur ist genial.

Möge er auch in Zukunft ein Sprungbrett für die Helden unseres Musiklebens sein.

Die Gewinner des „Preis für Popkultur“ 2016

Lieblingsalbum
Moderat – III

Lieblingsband
Moderat

Lieblings-Solokünstlerin (2 Sieger, da punktgleich)
Mine
Peaches

Lieblings-Solokünstler
Bosse

Lieblingslied
Casper feat. Bilxa Bargeld, Dagobert & Sizarr – Lang Lebe Der Tod

Beeindruckendste Live-Show
Deichkind

Hoffnungsvollste Newcomer
Drangsal

Lieblingsvideo
Beginner feat. Gzuz & Gentleman – Ahnma

Schönste Geschichte
Jan Böhmermann – Schmähkritik

Spannendste Idee / Kampagne
Plus 1 – Refugees Welcome

Gelebte Popkultur
Golden Pudel Club – Hamburg

Text und Bild: Alexandra David

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