Was tun Bands, um einen Konzertabend zu etwas Besonderem zu machen? Die einen engagieren noch bessere Supportacts, investieren in ausgefallene Lichtshows oder setzen auf extravagante Outfits. Die anderen sind einfach authentisch. SLUT zählen definitiv zu letztgenannter Kategorie. Ein weiteres Mal haben sie es auf diese Art und Weise geschafft, große Emotionen freizusetzen und das Publikum für sich zu gewinnen.
Auf einen Supportact wurde gänzlich verzichtet, schließlich sei man nur für drei Termine unterwegs, um „neues Material zu testen“. Dies waren zumindest die Worte Chris Neuburgers, mit denen er auf eher britische statt bayrische Art ein Understatement der Extraklasse hinlegte. Da dachte man doch tatsächlich für einen Moment lang, man sei auf einem Promoähnlichen Event gelandet, auf dem man als Versuchsobjekt dienen darf. Falsch gedacht.
Doch tatsächlich begann die Show mit mehreren Songs des für den Sommer angesetzten nächsten Albums, das den Namen „Say Yes To Everything“ tragen soll. Ein Titel, der nach mehr Optimismus aussieht, als es die Vorgängeralben taten. Hinzu kommt, dass die Arbeitstitel der neuen Songs mit „Better Living“ und „Something to make you happy“ ebenso nach guter Laune klingen. Doch, wie so oft bei dieser außergewöhnlichen Band, lohnte sich ein genaueres Hinsehen bzw. –hören. Tatsächlich entpuppte sich zumindest das erstgenannte der neuen Stücke als stark gesellschaftskritisch. Musikalisch befanden sich die meisten der Neulinge in großer Kunst zwischen Radiohead und Muse, luden die Instrumente um Chris’ hohe Stimme doch einerseits zum Augenschließen und andererseits zum Bewegen ein.
Bereits nach dem ersten Viertel des Auftritts war das Gefühl des Versuchsobjektdaseins völlig verschwunden, die Vorstellungsphase der neuen Stücke wurde erfolgreich beendet. Wer nun denkt, die Ingolstädter hätten zur Freude des Publikums noch eine Hand voll alter Stücke gespielt, um sich dann zu verabschieden, liegt – glücklicherweise – falsch. So gab es bis zur ersten obligatorischen Pause mit u.a. „Easy To Love“, „Neverending“ oder „Why Pourquoi?“ zwar die üblichen energiegeladenen „Hits“, doch blieben schon hier die Überraschungen nicht aus. Auf einen Wunsch, der vor dem Konzert per E-Mail bei der Band einging, gab es das ruhige, melancholische „Something To Die For“ und sogar das dramatische „Medea“ enthielt man dem Publikum nicht vor.
Wer sich auf Stücke der Dreigroschenoper freute, musste sich bis zur Zugabe gedulden und bekam auch dann nur die „Ballade von Mackie Messer“. Geärgert hat sich aber zweifelsfrei niemand. Wie auch? Mit „The Day It Rained Forever“ überraschten die Jungs ein weiteres Mal, bevor sie sich nach „Hope“ endgültig verabschiedeten. Zumindest planmäßig. Das Publikum zeigte sich mit diesem Entschluss jedoch ganz und gar nicht einverstanden und zeigte dies mit nicht enden wollendem Geklatsche, das letztendlich belohnt wurde. Ein letztes Mal begaben sich die sympathischen Bayern an ihre Instrumente, um den Laden mit „Cloudy Day“ zum Abschied nahezu zu zerfetzen. Zumindest emotional. Während den einen Tränen übers Gesicht liefen, schlossen andere zumindest die Augen und versanken in Gedanken.
Nach knappen zwei Stunden ärgerte sich wohl niemand mehr über den Verzicht auf einen Support. Wieder einmal haben es SLUT geschafft, den Abend zu etwas Einzigartigem zu machen. Ohne große Worte und ohne große Show, aber mit voller Authentizität.
always silent, never loud,
never able to be proud…